Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Gessner, Christian Friedrich]: Der so nöthig als nützlichen Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 3. Leipzig, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. II. Ob ein Däne
omnium ingeniose monstrauit. Daß die Buch-
druckerkunst schon 1440. zu Mayntz erfunden worden,
bezeugen ja die glaubwürdigsten Schriftsteller. Jch
will aber setzen, wir wissen dieses nicht. Jch gehe in
Bibliothecken und lasse mir die ältesten Bücher wei-
sen, so bekomme ich Bücher zu sehen, so 1459. 1460.
1462. zu Mayntz gedruckt sind. Zu Straßburg hat
man schon 1466. und in eben diesem Jahr zu Aug-
spurg; zu Rom 1467 zu Oxford 1468. zu Venedig
1469. gedruckt. Und nun bekomme ich auch ein Buch
von Jenson zu Venedig 1470 gedruckt. Wie kan
man nun auf die Gedancken gerathen Jenson hat die
Buchdruckerkunst erfunden, da an so vielen Orten
ja so gar in Venedig vor ihm ist gedruckt worden.
Und was noch das meiste ist, alle übrige Geschicht-
schreiber, welche die Sache erzehlen, die schweigen
von ihm, oder nennen ihn nur einen berühmten
Buchdrucker zu Venedig. Gleichwohl berichtet
doch Omnibonus, wendet Herr Wadskiär ein,
Jenson wäre der Erfinder der Buchdrucker-
kunst. Da ich nun die Worte also übersetzte:
Jenson war ein bewundernswürdiger Erfin-
der der Buchöruckerey, da er auf eine künstli-
che Art zu erst gewiesen, wie mann recht nett
und sauber drucken könne, als wenn es in Edel-
stein gestochen wäre.
Spricht der Herr Gegner,
diese Erklärung, oder vielmehr Ubersetzung scheint
gezwungen zu seyn. Es ist doch gut, daß selbige nur
scheint, in der That aber nicht ist. Wenn sie ihm
aber ja nicht recht scheinet, warum hat er denn kei-
ne bessere gegeben? Beschuldigen und tadeln ist keine
Kunst, aber erweisen und besser machen. Absonder-
lich ist meinem Herrn Gegner zuwider, daß ich Jen-

son

Cap. II. Ob ein Daͤne
omnium ingenioſe monſtrauit. Daß die Buch-
druckerkunſt ſchon 1440. zu Mayntz erfunden worden,
bezeugen ja die glaubwuͤrdigſten Schriftſteller. Jch
will aber ſetzen, wir wiſſen dieſes nicht. Jch gehe in
Bibliothecken und laſſe mir die aͤlteſten Buͤcher wei-
ſen, ſo bekomme ich Buͤcher zu ſehen, ſo 1459. 1460.
1462. zu Mayntz gedruckt ſind. Zu Straßburg hat
man ſchon 1466. und in eben dieſem Jahr zu Aug-
ſpurg; zu Rom 1467 zu Oxford 1468. zu Venedig
1469. gedruckt. Und nun bekomme ich auch ein Buch
von Jenſon zu Venedig 1470 gedruckt. Wie kan
man nun auf die Gedancken gerathen Jenſon hat die
Buchdruckerkunſt erfunden, da an ſo vielen Orten
ja ſo gar in Venedig vor ihm iſt gedruckt worden.
Und was noch das meiſte iſt, alle uͤbrige Geſchicht-
ſchreiber, welche die Sache erzehlen, die ſchweigen
von ihm, oder nennen ihn nur einen beruͤhmten
Buchdrucker zu Venedig. Gleichwohl berichtet
doch Omnibonus, wendet Herr Wadſkiaͤr ein,
Jenſon waͤre der Erfinder der Buchdrucker-
kunſt. Da ich nun die Worte alſo uͤberſetzte:
Jenſon war ein bewundernswuͤrdiger Erfin-
der der Buchoͤruckerey, da er auf eine kuͤnſtli-
che Art zu erſt gewieſen, wie mann recht nett
und ſauber drucken koͤnne, als wenn es in Edel-
ſtein geſtochen waͤre.
Spricht der Herr Gegner,
dieſe Erklaͤrung, oder vielmehr Uberſetzung ſcheint
gezwungen zu ſeyn. Es iſt doch gut, daß ſelbige nur
ſcheint, in der That aber nicht iſt. Wenn ſie ihm
aber ja nicht recht ſcheinet, warum hat er denn kei-
ne beſſere gegeben? Beſchuldigen und tadeln iſt keine
Kunſt, aber erweiſen und beſſer machen. Abſonder-
lich iſt meinem Herrn Gegner zuwider, daß ich Jen-

ſon
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <floatingText>
              <body>
                <div n="1">
                  <p><pb facs="#f0146" n="110"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. <hi rendition="#aq">II.</hi> Ob ein Da&#x0364;ne</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">omnium ingenio&#x017F;e mon&#x017F;trauit.</hi> Daß die Buch-<lb/>
druckerkun&#x017F;t &#x017F;chon 1440. zu Mayntz erfunden worden,<lb/>
bezeugen ja die glaubwu&#x0364;rdig&#x017F;ten Schrift&#x017F;teller. Jch<lb/>
will aber &#x017F;etzen, wir wi&#x017F;&#x017F;en die&#x017F;es nicht. Jch gehe in<lb/>
Bibliothecken und la&#x017F;&#x017F;e mir die a&#x0364;lte&#x017F;ten Bu&#x0364;cher wei-<lb/>
&#x017F;en, &#x017F;o bekomme ich Bu&#x0364;cher zu &#x017F;ehen, &#x017F;o 1459. 1460.<lb/>
1462. zu Mayntz gedruckt &#x017F;ind. Zu Straßburg hat<lb/>
man &#x017F;chon 1466. und in eben die&#x017F;em Jahr zu Aug-<lb/>
&#x017F;purg; zu Rom 1467 zu Oxford 1468. zu Venedig<lb/>
1469. gedruckt. Und nun bekomme ich auch ein Buch<lb/>
von Jen&#x017F;on zu Venedig 1470 gedruckt. Wie kan<lb/>
man nun auf die Gedancken gerathen <hi rendition="#fr">Jen&#x017F;on</hi> hat die<lb/>
Buchdruckerkun&#x017F;t erfunden, da an &#x017F;o vielen Orten<lb/>
ja &#x017F;o gar in Venedig <hi rendition="#fr">vor ihm</hi> i&#x017F;t gedruckt worden.<lb/>
Und was noch das mei&#x017F;te i&#x017F;t, alle u&#x0364;brige Ge&#x017F;chicht-<lb/>
&#x017F;chreiber, welche die Sache erzehlen, die &#x017F;chweigen<lb/>
von ihm, oder nennen ihn nur einen beru&#x0364;hmten<lb/>
Buchdrucker zu Venedig. Gleichwohl berichtet<lb/>
doch <hi rendition="#fr">Omnibonus,</hi> wendet Herr <hi rendition="#fr">Wad&#x017F;kia&#x0364;r</hi> ein,<lb/><hi rendition="#fr">Jen&#x017F;on</hi> wa&#x0364;re der Erfinder der Buchdrucker-<lb/>
kun&#x017F;t. Da ich nun die Worte al&#x017F;o u&#x0364;ber&#x017F;etzte:<lb/><hi rendition="#fr">Jen&#x017F;on war ein bewundernswu&#x0364;rdiger Erfin-<lb/>
der der Bucho&#x0364;ruckerey, da er auf eine ku&#x0364;n&#x017F;tli-<lb/>
che Art zu er&#x017F;t gewie&#x017F;en, wie mann recht nett<lb/>
und &#x017F;auber drucken ko&#x0364;nne, als wenn es in Edel-<lb/>
&#x017F;tein ge&#x017F;tochen wa&#x0364;re.</hi> Spricht der Herr Gegner,<lb/>
die&#x017F;e Erkla&#x0364;rung, oder vielmehr Uber&#x017F;etzung &#x017F;cheint<lb/>
gezwungen zu &#x017F;eyn. Es i&#x017F;t doch gut, daß &#x017F;elbige nur<lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;cheint,</hi> in der That aber nicht i&#x017F;t. Wenn &#x017F;ie ihm<lb/>
aber ja nicht recht <hi rendition="#fr">&#x017F;cheinet,</hi> warum hat er denn kei-<lb/>
ne be&#x017F;&#x017F;ere gegeben? Be&#x017F;chuldigen und tadeln i&#x017F;t keine<lb/>
Kun&#x017F;t, aber erwei&#x017F;en und be&#x017F;&#x017F;er machen. Ab&#x017F;onder-<lb/>
lich i&#x017F;t meinem Herrn Gegner zuwider, daß ich <hi rendition="#fr">Jen-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">&#x017F;on</hi></fw><lb/></p>
                </div>
              </body>
            </floatingText>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0146] Cap. II. Ob ein Daͤne omnium ingenioſe monſtrauit. Daß die Buch- druckerkunſt ſchon 1440. zu Mayntz erfunden worden, bezeugen ja die glaubwuͤrdigſten Schriftſteller. Jch will aber ſetzen, wir wiſſen dieſes nicht. Jch gehe in Bibliothecken und laſſe mir die aͤlteſten Buͤcher wei- ſen, ſo bekomme ich Buͤcher zu ſehen, ſo 1459. 1460. 1462. zu Mayntz gedruckt ſind. Zu Straßburg hat man ſchon 1466. und in eben dieſem Jahr zu Aug- ſpurg; zu Rom 1467 zu Oxford 1468. zu Venedig 1469. gedruckt. Und nun bekomme ich auch ein Buch von Jenſon zu Venedig 1470 gedruckt. Wie kan man nun auf die Gedancken gerathen Jenſon hat die Buchdruckerkunſt erfunden, da an ſo vielen Orten ja ſo gar in Venedig vor ihm iſt gedruckt worden. Und was noch das meiſte iſt, alle uͤbrige Geſchicht- ſchreiber, welche die Sache erzehlen, die ſchweigen von ihm, oder nennen ihn nur einen beruͤhmten Buchdrucker zu Venedig. Gleichwohl berichtet doch Omnibonus, wendet Herr Wadſkiaͤr ein, Jenſon waͤre der Erfinder der Buchdrucker- kunſt. Da ich nun die Worte alſo uͤberſetzte: Jenſon war ein bewundernswuͤrdiger Erfin- der der Buchoͤruckerey, da er auf eine kuͤnſtli- che Art zu erſt gewieſen, wie mann recht nett und ſauber drucken koͤnne, als wenn es in Edel- ſtein geſtochen waͤre. Spricht der Herr Gegner, dieſe Erklaͤrung, oder vielmehr Uberſetzung ſcheint gezwungen zu ſeyn. Es iſt doch gut, daß ſelbige nur ſcheint, in der That aber nicht iſt. Wenn ſie ihm aber ja nicht recht ſcheinet, warum hat er denn kei- ne beſſere gegeben? Beſchuldigen und tadeln iſt keine Kunſt, aber erweiſen und beſſer machen. Abſonder- lich iſt meinem Herrn Gegner zuwider, daß ich Jen- ſon

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst03_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst03_1741/146
Zitationshilfe: [Gessner, Christian Friedrich]: Der so nöthig als nützlichen Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 3. Leipzig, 1741, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst03_1741/146>, abgerufen am 21.11.2024.