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[Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756.

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Wir binden dich nicht los, sprachen sie, du sin-
gest uns denn ein Lied. Was soll ich euch sin-
gen, ihr Hirten? sprach der Faun, von dem zer-
brochenen Krug will ich singen, da sezet euch
im Gras um mich her.

Und die Hirten sezten sich ins Gras um ihn her,
und er hub an.

Er ist zerbrochen, er ist zerbrochen, der schön-
ste Krug, da liegen die Scherben umher!

Schön war mein Krug, meiner Höle schönste
Zierde, und gieng ein Wald-Gott vorüber, denn
rief ich: Komm, trink' und siehe den schönsten
Krug. Zeus selbst hat bey dem frohesten Fest
nicht einen schönern Krug.

Er ist zerbrochen, ach! er ist zerbrochen! der
schönste Krug! Da liegen die Scherben umher.

Wenn bey mir die Brüder sich sammelten, dann
sassen wir rings um den Krug! Wir tranken, und
jeder der trank, sang die darauf gegrabene Ge-
schichte, die seinen Lippen die nächste war. Izt

D

Wir binden dich nicht los, ſprachen ſie, du ſin-
geſt uns denn ein Lied. Was ſoll ich euch ſin-
gen, ihr Hirten? ſprach der Faun, von dem zer-
brochenen Krug will ich ſingen, da ſezet euch
im Gras um mich her.

Und die Hirten ſezten ſich ins Gras um ihn her,
und er hub an.

Er iſt zerbrochen, er iſt zerbrochen, der ſchön-
ſte Krug, da liegen die Scherben umher!

Schön war mein Krug, meiner Höle ſchönſte
Zierde, und gieng ein Wald-Gott vorüber, denn
rief ich: Komm, trink’ und ſiehe den ſchönſten
Krug. Zeus ſelbſt hat bey dem froheſten Feſt
nicht einen ſchönern Krug.

Er iſt zerbrochen, ach! er iſt zerbrochen! der
ſchönſte Krug! Da liegen die Scherben umher.

Wenn bey mir die Brüder ſich ſammelten, dann
ſaſſen wir rings um den Krug! Wir tranken, und
jeder der trank, ſang die darauf gegrabene Ge-
ſchichte, die ſeinen Lippen die nächſte war. Izt

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[49/0054] Wir binden dich nicht los, ſprachen ſie, du ſin- geſt uns denn ein Lied. Was ſoll ich euch ſin- gen, ihr Hirten? ſprach der Faun, von dem zer- brochenen Krug will ich ſingen, da ſezet euch im Gras um mich her. Und die Hirten ſezten ſich ins Gras um ihn her, und er hub an. Er iſt zerbrochen, er iſt zerbrochen, der ſchön- ſte Krug, da liegen die Scherben umher! Schön war mein Krug, meiner Höle ſchönſte Zierde, und gieng ein Wald-Gott vorüber, denn rief ich: Komm, trink’ und ſiehe den ſchönſten Krug. Zeus ſelbſt hat bey dem froheſten Feſt nicht einen ſchönern Krug. Er iſt zerbrochen, ach! er iſt zerbrochen! der ſchönſte Krug! Da liegen die Scherben umher. Wenn bey mir die Brüder ſich ſammelten, dann ſaſſen wir rings um den Krug! Wir tranken, und jeder der trank, ſang die darauf gegrabene Ge- ſchichte, die ſeinen Lippen die nächſte war. Izt D

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Zitationshilfe: [Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756/54>, abgerufen am 21.11.2024.