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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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König in Pohlen zu seyn. Weil aber der Cardinal diesen raisons
nicht goutiren wollen, so habe er sich ausgebeten, daß die beyden
jüngsten Printzen, als Grafen von Nidda praesentiret werden
möchten. Nachmittags fuhren wir zum Graf [unleserliches Material]Tessin, Comte
de Belisle
und Comte de Chabane vergeblich, den Marquis
de Montbrun
aber, nebst seiner Gemahlin trafen wir
zu Hause an, und nahmen mit dem erstern wegen fer-
nerer uns zu verschaffender Connoissancen Abrede. Bey spä-
tem Abend hatten wir noch vom Printzen von Schwartzburg
und Herrn von Hertenberg Zuspruch, da denn der erstere in
einem Discours über die Jülich= und Bergische Successions Sache seine
Wißenschaft in der Historie und im Jure publico gantz geschickt darzu-
legen wuste.

Den 30. December

Gegen Mittag fuhren wir zwar zum Cardinal Polignac
und dem Fürsten von Lichteinstein: es war aber jener
noch kranck, und dieser nicht zu Hause. Nach der Tafel
besuchten wir den Printzen von Schwartzburg, und sodann
ferner nebst ihm die Prinzen von Darmstadt. Der Reise-
Prediger
dieser letztern klagte, daß er wegen des Mangels
der frantzösischen Sprache, von der Reise nicht recht profitiren
könne, item daß es ihm beschwerlich gewesen, sich auf der
Reise in cognito zu halten. Der gegenwärtige Darmstädti-
sche Minister Herr v. Böhmer meinte, der Preußische Marsch
nach Schlesien möchte wohl mit der Ertz-Hertzogin concer-
tiret seyn, weil man ihr zwey Monath vorher davon Nach-
richt gegeben, sie aber doch keine Gegen-Anstalt gemacht, da
sie sich doch vor der Preußischen Macht weit mehr, als vor
der Bayerischen viel geringeren zu fürchten hätte.
Die Ursache dieses geheimen Concerts aber könnte diese
seyn, daß die Ertz-Hertzogin das Ansehen nicht haben wolle,
die pragmatische Sanction selbst zu durchlöchern, und also
lieber unter dem Schein einer gewaltsamen Occupation
von Schlesien etwas wegzugeben gedencke, um Preußen
gegen andere Competenten auf der Seite zu haben. Von dem
hiesigen Hofe vermuthete er; daß derselbe zwar die Bayerische
Praetension in ihrer gantzen Etendue keinesweges secundiren
wohl aber dem Bayerischen Hause zu etwas behülflich seyn
dürfte. Den Überrest des Tages passirten wir bey Monsieur

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König in Pohlen zu seyn. Weil aber der Cardinal diesen raisons
nicht goutiren wollen, so habe er sich ausgebeten, daß die beyden
jüngsten Printzen, als Grafen von Nidda praesentiret werden
möchten. Nachmittags fuhren wir zum Graf [unleserliches Material]Tessin, Comte
de Belisle
und Comte de Chabane vergeblich, den Marquis
de Montbrun
aber, nebst seiner Gemahlin trafen wir
zu Hause an, und nahmen mit dem erstern wegen fer-
nerer uns zu verschaffender Connoissancen Abrede. Bey spä-
tem Abend hatten wir noch vom Printzen von Schwartzburg
und Herrn von Hertenberg Zuspruch, da denn der erstere in
einem Discours über die Jülich= und Bergische Successions Sache seine
Wißenschaft in der Historie und im Jure publico gantz geschickt darzu-
legen wuste.

Den 30. December

Gegen Mittag fuhren wir zwar zum Cardinal Polignac
und dem Fürsten von Lichteinstein: es war aber jener
noch kranck, und dieser nicht zu Hause. Nach der Tafel
besuchten wir den Printzen von Schwartzburg, und sodann
ferner nebst ihm die Prinzen von Darmstadt. Der Reise-
Prediger
dieser letztern klagte, daß er wegen des Mangels
der frantzösischen Sprache, von der Reise nicht recht profitiren
könne, item daß es ihm beschwerlich gewesen, sich auf der
Reise in cognito zu halten. Der gegenwärtige Darmstädti-
sche Minister Herr v. Böhmer meinte, der Preußische Marsch
nach Schlesien möchte wohl mit der Ertz-Hertzogin concer-
tiret seyn, weil man ihr zwey Monath vorher davon Nach-
richt gegeben, sie aber doch keine Gegen-Anstalt gemacht, da
sie sich doch vor der Preußischen Macht weit mehr, als vor
der Bayerischen viel geringeren zu fürchten hätte.
Die Ursache dieses geheimen Concerts aber könnte diese
seyn, daß die Ertz-Hertzogin das Ansehen nicht haben wolle,
die pragmatische Sanction selbst zu durchlöchern, und also
lieber unter dem Schein einer gewaltsamen Occupation
von Schlesien etwas wegzugeben gedencke, um Preußen
gegen andere Competenten auf der Seite zu haben. Von dem
hiesigen Hofe vermuthete er; daß derselbe zwar die Bayerische
Praetension in ihrer gantzen Etendue keinesweges secundiren
wohl aber dem Bayerischen Hause zu etwas behülflich seyn
dürfte. Den Überrest des Tages passirten wir bey Monsieur

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[0104] 47 König in Pohlen zu seyn. Weil aber der Cardinal diese raisons nicht goutiren wollen, so habe er sich ausgebeten, daß die beyden jüngsten Printzen, als Grafen von Nidda praesentiret werden möchten. Nachmittags fuhren wir zum Graf Tessin, Comte de Belisle und Comte de Chabane vergeblich, den Marquis de Montbrun aber, nebst seiner Gemahlin trafen wir zu Hause an, und nahmen mit dem erstern wegen fer- nerer uns zu verschaffender Connoissancen Abrede. Bey spä- tem Abend hatten wir noch vom Printzen von Schwartzburg und H. von Hertenberg Zuspruch, da denn der erstere in einem Discours über die Jülich= und Bergische Successions Sache seine Wißenschaft in der Historie und im Jure publico gantz geschickt darzu- legen wuste. Den 30. Decembr: Gegen Mittag fuhren wir zwar zum Cardinal Polignac und dem Fürsten von Lichteinstein: es war aber jener noch kranck, und dieser nicht zu Hause. Nach der Tafel besuchten wir den Printzen von Schwartzburg, und sodann ferner nebst ihm die Prinzen von Darmstadt. Der Reise- Prediger dieser letztern klagte, daß er wegen des Mangels der frantzösischen Sprache, von der Reise nicht recht profitiren könne, item daß es ihm beschwerlich gewesen, sich auf der Reise in cognito zu halten. Der gegenwärtige Darmstädti- sche Minister Hl: v. Böhmer meinte, der Preußische Marsch nach Schlesien möchte wohl mit der Ertz-Hertzogin concer- tiret seyn, weil man ihr zwey Monath vorher davon Nach- richt gegeben, sie aber doch keine Gegen-Anstalt gemacht, da sie sich doch vor der Preußischen Macht weit mehr, als vor der Bayerischen viel geringern zu fürchten hätte. Die Ursache dieses geheimen Concerts aber könnte diese seyn, daß die Ertz-Hertzogin das Ansehen nicht haben wolle, die pragmatische Sanction selbst zu durchlöchern, und also lieber unter dem Schein einer gewaltsamen Occupation von Schlesien etwas wegzugeben gedencke, um Preußen gegen andere Competenten auf der Seite zu haben. Von dem hiesigen Hofe vermuthete er; daß derselbe zwar die Bayerische Praetension in ihrer gantzen Etendue keinesweges secundiren wohl aber dem Bayerischen Hause zu etwas behülflich seyn dürfte. Den Überrest des Tages passirten wir bey Mr.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/104>, abgerufen am 28.11.2024.