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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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den Augen sehen konten, so wurde das sonst gewöhnliche Exerci-
tium, noch weiter etwas vorgenommen, sondern das Lager abgebrochen;
und der Rückmarsch nach der Stadt Compagnien-Weise sofort angetreten.
Nachdem wir uns eben dahin in unser Quartier zurück begeben,
und vom Stabe gesäubert, fuhren wir sofort, weil es bereits
5 Uhr war, zu dem Comte de Chabannes zur Mahlzeit. Die übrigen
Tisch-Gäste warend er Comte de Brionne, welcher aus dem Lothringi-
schen Hause, 6 Jahre alt, des Duc de Grammont Schwieger-Sohn, und
unter der Garde zwar nur Gentilhomme de drapeau ist, gleich-
wol aber auf die Oberstallmeister-Stelle seines Oncle, des prince
Charles de Loraine
, die Anwartschaft hat; ferner zwey aide
majors, und endlich 6 Sous-aide-Majors, von welchen sämtlichen
Majors der Comte de Chabannes chef ist. Der Comte de Brionne
ist ein modestes und sehr obligeantes Herr[unleserliches Material]chen, und nötigte sich
mit Illustrissimo sehr um die Ober-Stelle, ließ sich auch disfals bloß
allein durch dero Verwandschaft mit dem Comte de Chabannes
zu frieden sprechen. Die übrigen Officires waren nicht weniger
höflich und wohlgezogen, so, daß weder über der Mahlzeit, welche
in 3 Abhüben und dem Confect bestund, noch sonst etwas unor-
dentliches oder wildes vorgieng. Die meisten Discourse waren
von Kriegs-Handwerck, und insbesondre von Schlesischen Sachen,
da denn dem König in Preußen zwar das gebührende eloge
gegeben, iedoch auch von der Oesterreichischen Parthey so gesprochen
wurde, daß es den Comte de Brionne nicht desobligiren konte.
Von dem Absterben des Marquis d' Antin, welcher der frantzösischen
Escadre in America commandiret hat, und vor kurtzen mit
derselben zu Brest wieder ankommen ist, erfuhren wir,
daß das Gerücht falsch sey, als ob er mit einem See-Officier
ein Duel gehabt, und die bey dieser Gelegenheit empfangene
blessuren seinen Todt verursachet. Vielmehr versicherte man
zuverläßig, daß er an einem Bruch oder andern alten Leibes-
Schaden gestorben, weil er seinen gewöhnlichen Chirurgum nicht
bey sich gehabt, und sich also keinen andern anvertrauete, sondern
an sich selbst eine operation machen wollen, die aber mißlun
gen, und eine let[unleserliches Material]hale inflammation verursachet. Sonst verlau-
tete, daß er wegen seiner See-Expedition bey Hofe nicht zum
Besten angesehen worden, überhaupt auch ein schlechter See-Mann
gewesen, und den Vice-Admirals-Posten im 30sten Jahr seines
Alters bloß durch faveur emportiret habe, dahero auch über sein
Absterben Niemand, als die Engelländer betrübt seyn würden,
weil sie von ihm nichts zu fürchten gehabt, ein tüchtiger Successor
aber ihnen mehr zu schaffen machen könte; Gegen 9 Uhr ging alles aus
einander, und wurden wir gleichfals aufs freundlichste und höflichste dimitiret.

den Augen sehen konten, so wurde das sonst gewöhnliche Exerci-
tium, noch weiter etwas vorgenommen, sondern das Lager abgebrochen;
und der Rückmarsch nach der Stadt Compagnien-Weise sofort angetreten.
Nachdem wir uns eben dahin in unser Quartier zurück begeben,
und vom Stabe gesäubert, fuhren wir sofort, weil es bereits
5 Uhr war, zu dem Comte de Chabannes zur Mahlzeit. Die übrigen
Tisch-Gäste warend er Comte de Brionne, welcher aus dem Lothringi-
schen Hause, 6 Jahre alt, des Duc de Grammont Schwieger-Sohn, und
unter der Garde zwar nur Gentilhomme de drapeau ist, gleich-
wol aber auf die Oberstallmeister-Stelle seines Oncle, des prince
Charles de Loraine
, die Anwartschaft hat; ferner zwey aide
majors, und endlich 6 Sous-aide-Majors, von welchen sämtlichen
Majors der Comte de Chabannes chef ist. Der Comte de Brionne
ist ein modestes und sehr obligeantes Herr[unleserliches Material]chen, und nötigte sich
mit Illustrissimo sehr um die Ober-Stelle, ließ sich auch disfals bloß
allein durch dero Verwandschaft mit dem Comte de Chabannes
zu frieden sprechen. Die übrigen Officires waren nicht weniger
höflich und wohlgezogen, so, daß weder über der Mahlzeit, welche
in 3 Abhüben und dem Confect bestund, noch sonst etwas unor-
dentliches oder wildes vorgieng. Die meisten Discourse waren
von Kriegs-Handwerck, und insbesondre von Schlesischen Sachen,
da denn dem König in Preußen zwar das gebührende éloge
gegeben, iedoch auch von der Oesterreichischen Parthey so gesprochen
wurde, daß es den Comte de Brionne nicht desobligiren konte.
Von dem Absterben des Marquis d' Antin, welcher der frantzösischen
Escadre in America commandiret hat, und vor kurtzen mit
derselben zu Brest wieder ankommen ist, erfuhren wir,
daß das Gerücht falsch sey, als ob er mit einem See-Officier
ein Duel gehabt, und die bey dieser Gelegenheit empfangene
blessuren seinen Todt verursachet. Vielmehr versicherte man
zuverläßig, daß er an einem Bruch oder andern alten Leibes-
Schaden gestorben, weil er seinen gewöhnlichen Chirurgum nicht
bey sich gehabt, und sich also keinen andern anvertrauete, sondern
an sich selbst eine operation machen wollen, die aber mißlun
gen, und eine let[unleserliches Material]hale inflammation verursachet. Sonst verlau-
tete, daß er wegen seiner See-Expedition bey Hofe nicht zum
Besten angesehen worden, überhaupt auch ein schlechter See-Mann
gewesen, und den Vice-Admirals-Posten im 30sten Jahr seines
Alters bloß durch faveur emportiret habe, dahero auch über sein
Absterben Niemand, als die Engelländer betrübt seyn würden,
weil sie von ihm nichts zu fürchten gehabt, ein tüchtiger Successor
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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/285>, abgerufen am 25.11.2024.