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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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vorläuffig gethan, welcher uns erzehlte, daß man diese Bibel dem Königlichen
Chur-Printzen von Sachsen bey seinem Hierseyn auch vorgezeiget habe.
Dermalen ist die Bibliothec außer denen Custodibus nur mit solchen Vorgesetzten
versehen, welche Ebräisch, Grichisch, Syrisch und lateinisch verstehen. Die teutschen
und andere Sprachen aber sind unbesetzt und ist der Ober Aufseher ein Praelat,
Nahmens Assemanni welcher vom monte libano gebürtig seyn soll. Wegen
des Heidelbergischen Originals von der Aurea Bulla und anderer Sachen, nach denen
wir fragten, gab man uns die Vertröstung auf ein andermal, wenn ge-
dachter Praelat gegenwärtig und man des Catalogi habhafft seyn würde.
Das Zeughaus, als die andre Merckwürdigkeit des Vaticani, welche wir die-
ses mal besehen, bestehet in etlichen Sälen, die von kleinem Gewehr zwar gantz
voll sind, dieses aber ist gröstentheils altväterlich und noch von denen Zeiten
her, da die angezündete Lunte die Stelle des Flinten-Steins vertreten müßen.
Der Harnisch des Printzen von Bourbon, welcher als er die passage wider Willen
des Pabsts durch Rom genommen, erschoßen worden, stehet hier als eine Art
des trophaei der Kirche. Der gantze Flinten-Pistolen- und Degen Cram aber
würde Petrum nothwendig sehr befrembden, wenn er solchen sehen solte.
Die Villa Medicea auf dem Monte Pincio ist auch ein reiches Behältniß
von alten Römischen Stücken, und das Wohn-Haus nach der Garten Seite zu mit
zusammen geschlepten bas reliefs dergestalt aus staffiret, daß es ein wahrhafftig
alt Römischen Gebäude zu seyn scheinet. Im Garten sind die merckwür-
digsten Stücke eine auf dem Bette liegende Venus über Lebens-Größe
von weißem Marmor. Ein Bachus und ein Mars von bronce unge-
mein musculos und lebhafft vorgestellet. Die gantze Fabel von der Niobe
bestehend in 14 Statuen und einem Pferde, alles von weißem Marmor.
Zwey ungeheuer große Gefäße von Orientalischen Granit aus einem Stück
gehauen, deren das eine in dem untenziemlich Spitz zusammen gehenden
Boden 17 Fuß lang und 7 Fuß breit ist. Man sagt, daß dieser Gefäße
vor dem Stall Kaysers Antonini Pii gestanden und zum Pferde-Träncken
gebrauchet worden. Daß es Waßer-Behältniße gewesen, siehet man aus
denen, daran geschnitzten und mit einem Loch versehenen Löwen-
Köpfen wodurch das Waßer ablauffen können. In der Galerie dieses
Hauses siehet man unter vielen andern schönen Statuen einen treflichen
Apollo und eine noch weit künstlichere Grichische Venus gantz zusammen
gebeugt auf einer Muschel sitzend und an beyden Armen mit armillis ver-
sehen. Uber dem einen Fenster ist ein schönes bas relief von Orienta-
lischen Alabaster in die Mauer gesetzet, so daß die Sonne hindurch scheinen
kan, worauf der Kopf Kaysers Constantini Magnus sich praesentiret. In der
Kirche der Heiligen Praxedis sahen wir die Säule von grau und weißem Marmor
an welcher unser Heyland soll gegeißelt worden. Auch bey dieser
Capelle hänget ein Päbstliches Verbot daß dieselbe, gewiße Tage ausgenommen,
von denen Weibern nicht darf betreten werden. In der großen Kirche
Maria Majore sind die Begräbniß-Capellen Pabst Pauli V und VI Sixti Vti das
Merckwürdigste, beyde mit dem auserlesensten Marmor bekleidet, doch gebühret
der ersten ein mercklicher Vorzug, sonderlich wegen des Altars, deßen Rückstück
von purem lapis lazoli ist. Der ietzige Pabst läst ein neues Fronti-
Spicium daran bauen, wovon wir das magnifique model in der
Sacrystey besichtigten.

vorläuffig gethan, welcher uns erzehlte, daß man diese Bibel dem Königlichen
Chur-Printzen von Sachsen bey seinem Hierseyn auch vorgezeiget habe.
Dermalen ist die Bibliothec außer denen Custodibus nur mit solchen Vorgesetzten
versehen, welche Ebräisch, Grichisch, Syrisch und lateinisch verstehen. Die teutschen
und andere Sprachen aber sind unbesetzt und ist der Ober Aufseher ein Praelat,
Nahmens Assemanni welcher vom monte libano gebürtig seyn soll. Wegen
des Heidelbergischen Originals von der Aurea Bulla und anderer Sachen, nach denen
wir fragten, gab man uns die Vertröstung auf ein andermal, wenn ge-
dachter Praelat gegenwärtig und man des Catalogi habhafft seyn würde.
Das Zeughaus, als die andre Merckwürdigkeit des Vaticani, welche wir die-
ses mal besehen, bestehet in etlichen Sälen, die von kleinem Gewehr zwar gantz
voll sind, dieses aber ist gröstentheils altväterlich und noch von denen Zeiten
her, da die angezündete Lunte die Stelle des Flinten-Steins vertreten müßen.
Der Harnisch des Printzen von Bourbon, welcher als er die passage wider Willen
des Pabsts durch Rom genommen, erschoßen worden, stehet hier als eine Art
des trophaei der Kirche. Der gantze Flinten-Pistolen- und Degen Cram aber
würde Petrum nothwendig sehr befrembden, wenn er solchen sehen solte.
Die Villa Medicea auf dem Monte Pincio ist auch ein reiches Behältniß
von alten Römischen Stücken, und das Wohn-Haus nach der Garten Seite zu mit
zusammen geschlepten bas reliefs dergestalt aus staffiret, daß es ein wahrhafftig
alt Römischen Gebäude zu seyn scheinet. Im Garten sind die merckwür-
digsten Stücke eine auf dem Bette liegende Venus über Lebens-Größe
von weißem Marmor. Ein Bachus und ein Mars von bronce unge-
mein musculos und lebhafft vorgestellet. Die gantze Fabel von der Niobe
bestehend in 14 Statuen und einem Pferde, alles von weißem Marmor.
Zwey ungeheuer große Gefäße von Orientalischen Granit aus einem Stück
gehauen, deren das eine in dem untenziemlich Spitz zusammen gehenden
Boden 17 Fuß lang und 7 Fuß breit ist. Man sagt, daß dieser Gefäße
vor dem Stall Kaysers Antonini Pii gestanden und zum Pferde-Träncken
gebrauchet worden. Daß es Waßer-Behältniße gewesen, siehet man aus
denen, daran geschnitzten und mit einem Loch versehenen Löwen-
Köpfen wodurch das Waßer ablauffen können. In der Galerie dieses
Hauses siehet man unter vielen andern schönen Statuen einen treflichen
Apollo und eine noch weit künstlichere Grichische Venus gantz zusammen
gebeugt auf einer Muschel sitzend und an beyden Armen mit armillis ver-
sehen. Uber dem einen Fenster ist ein schönes bas relief von Orienta-
lischen Alabaster in die Mauer gesetzet, so daß die Sonne hindurch scheinen
kan, worauf der Kopf Kaysers Constantini Magnus sich praesentiret. In der
Kirche der Heiligen Praxedis sahen wir die Säule von grau und weißem Marmor
an welcher unser Heyland soll gegeißelt worden. Auch bey dieser
Capelle hänget ein Päbstliches Verbot daß dieselbe, gewiße Tage ausgenommen,
von denen Weibern nicht darf betreten werden. In der großen Kirche
Maria Majore sind die Begräbniß-Capellen Pabst Pauli V und VI Sixti Vti das
Merckwürdigste, beyde mit dem auserlesensten Marmor bekleidet, doch gebühret
der ersten ein mercklicher Vorzug, sonderlich wegen des Altars, deßen Rückstück
von purem lapis lazoli ist. Der ietzige Pabst läst ein neues Fronti-
Spicium daran bauen, wovon wir das magnifique model in der
Sacrystey besichtigten.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/555>, abgerufen am 24.11.2024.