Etliche gelehrte Ausleger, die dieser Sache der Würkung halber genauer nachgedacht zu haben glaub- ten, gaben vor, daß unter dem Namen der Dudaim wären allerhand ertzitzende, berauschende und zum Beyschlaf reizende zubereitete Dinge, Philtra und dergleichen verstanden worden, und verbanden da- mit die Frucht und Wurzel von der Mandragora, zumahl da ihnen bekannt war, daß Venus zuwei- len von denen philtrus amatoriis den Namen Man- dragoritis geführet habe. Andere Gelehrten hiel- mit Bochardo davor, daß man der Meynung der 70 Dollmetscher gar wohl beytreten könne, welche meldeten Mila Mandragoras oder die Früchte dieser Pflanze wären vi amatoria praedita et philtris apta, in hominibus et elephantis praestantia, invitos etiam ad amores cogentia, und zugleich die wahreDudaim des Ruben gewesen. Diese Meynung nun, welche einen starken Eingang gewonnen, hatte sich in nach- folgenden Zeiten mehr verbreitet, und ihre Vertheidi- ger gefunden. Zum Beweis wollen wir hier nur ein einzelnes aber besonderes Beyspiel anführen von den berühmten Arzte Lange, welcher Epist. 2. öf- fentlich saget, Dudaim der Hebräer sey die Man- dragora gewesen, wovon er sich dermassen überzeugt hält, weil er der letztern erhitzende und zum Bey- schlaf reizende Wirkung durch eigene Erfahrungen bestätiget gefunden zu haben glaubet. Er behaup- tet in folgenden Ausdrücken: pleracque Bouoniensium uxores foecundas Mandragorae vires me consule ex-
perta
Etliche gelehrte Ausleger, die dieſer Sache der Wuͤrkung halber genauer nachgedacht zu haben glaub- ten, gaben vor, daß unter dem Namen der Dudaim waͤren allerhand ertzitzende, berauſchende und zum Beyſchlaf reizende zubereitete Dinge, Philtra und dergleichen verſtanden worden, und verbanden da- mit die Frucht und Wurzel von der Mandragora, zumahl da ihnen bekannt war, daß Venus zuwei- len von denen philtrus amatoriis den Namen Man- dragoritis gefuͤhret habe. Andere Gelehrten hiel- mit Bochardo davor, daß man der Meynung der 70 Dollmetſcher gar wohl beytreten koͤnne, welche meldeten Mila Mandragoras oder die Fruͤchte dieſer Pflanze waͤren vi amatoria praedita et philtris apta, in hominibus et elephantis praeſtantia, invitos etiam ad amores cogentia, und zugleich die wahreDudaim des Ruben geweſen. Dieſe Meynung nun, welche einen ſtarken Eingang gewonnen, hatte ſich in nach- folgenden Zeiten mehr verbreitet, und ihre Vertheidi- ger gefunden. Zum Beweis wollen wir hier nur ein einzelnes aber beſonderes Beyſpiel anfuͤhren von den beruͤhmten Arzte Lange, welcher Epiſt. 2. oͤf- fentlich ſaget, Dudaim der Hebraͤer ſey die Man- dragora geweſen, wovon er ſich dermaſſen uͤberzeugt haͤlt, weil er der letztern erhitzende und zum Bey- ſchlaf reizende Wirkung durch eigene Erfahrungen beſtaͤtiget gefunden zu haben glaubet. Er behaup- tet in folgenden Ausdruͤcken: pleracque Bouonienſium uxores foecundas Mandragorae vires me conſule ex-
perta
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0034"n="24"/><p>Etliche gelehrte Ausleger, die dieſer Sache der<lb/>
Wuͤrkung halber genauer nachgedacht zu haben glaub-<lb/>
ten, gaben vor, daß unter dem Namen der <hirendition="#fr">Dudaim</hi><lb/>
waͤren allerhand ertzitzende, berauſchende und zum<lb/>
Beyſchlaf reizende zubereitete Dinge, <hirendition="#aq">Philtra</hi> und<lb/>
dergleichen verſtanden worden, und verbanden da-<lb/>
mit die Frucht und Wurzel von der <hirendition="#fr">Mandragora</hi>,<lb/>
zumahl da ihnen bekannt war, daß Venus zuwei-<lb/>
len von denen <hirendition="#aq"><hirendition="#i">philtrus amatoriis</hi></hi> den Namen <hirendition="#fr">Man-<lb/>
dragoritis</hi> gefuͤhret habe. Andere Gelehrten hiel-<lb/>
mit <hirendition="#fr">Bochardo</hi> davor, daß man der Meynung der<lb/>
70 Dollmetſcher gar wohl beytreten koͤnne, welche<lb/>
meldeten <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Mila Mandragoras</hi></hi> oder die Fruͤchte dieſer<lb/>
Pflanze waͤren <hirendition="#aq"><hirendition="#i">vi amatoria praedita et philtris apta,<lb/>
in hominibus et elephantis praeſtantia, invitos etiam<lb/>
ad amores cogentia</hi></hi>, und zugleich die <hirendition="#fr">wahre</hi><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Dudaim</hi></hi><lb/><hirendition="#fr">des Ruben</hi> geweſen. Dieſe Meynung nun, welche<lb/>
einen ſtarken Eingang gewonnen, hatte ſich in nach-<lb/>
folgenden Zeiten mehr verbreitet, und ihre Vertheidi-<lb/>
ger gefunden. Zum Beweis wollen wir hier nur<lb/>
ein einzelnes aber beſonderes Beyſpiel anfuͤhren von<lb/>
den beruͤhmten Arzte <hirendition="#fr">Lange</hi>, welcher <hirendition="#fr">Epiſt</hi>. 2. oͤf-<lb/>
fentlich ſaget, <hirendition="#fr">Dudaim</hi> der Hebraͤer ſey die <hirendition="#fr">Man-<lb/>
dragora</hi> geweſen, wovon er ſich dermaſſen uͤberzeugt<lb/>
haͤlt, weil er der letztern erhitzende und zum Bey-<lb/>ſchlaf reizende Wirkung durch eigene Erfahrungen<lb/>
beſtaͤtiget gefunden zu haben glaubet. Er behaup-<lb/>
tet in folgenden Ausdruͤcken: <hirendition="#aq"><hirendition="#i">pleracque Bouonienſium<lb/>
uxores foecundas Mandragorae vires me conſule ex-</hi></hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">perta</hi></hi></fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[24/0034]
Etliche gelehrte Ausleger, die dieſer Sache der
Wuͤrkung halber genauer nachgedacht zu haben glaub-
ten, gaben vor, daß unter dem Namen der Dudaim
waͤren allerhand ertzitzende, berauſchende und zum
Beyſchlaf reizende zubereitete Dinge, Philtra und
dergleichen verſtanden worden, und verbanden da-
mit die Frucht und Wurzel von der Mandragora,
zumahl da ihnen bekannt war, daß Venus zuwei-
len von denen philtrus amatoriis den Namen Man-
dragoritis gefuͤhret habe. Andere Gelehrten hiel-
mit Bochardo davor, daß man der Meynung der
70 Dollmetſcher gar wohl beytreten koͤnne, welche
meldeten Mila Mandragoras oder die Fruͤchte dieſer
Pflanze waͤren vi amatoria praedita et philtris apta,
in hominibus et elephantis praeſtantia, invitos etiam
ad amores cogentia, und zugleich die wahre Dudaim
des Ruben geweſen. Dieſe Meynung nun, welche
einen ſtarken Eingang gewonnen, hatte ſich in nach-
folgenden Zeiten mehr verbreitet, und ihre Vertheidi-
ger gefunden. Zum Beweis wollen wir hier nur
ein einzelnes aber beſonderes Beyſpiel anfuͤhren von
den beruͤhmten Arzte Lange, welcher Epiſt. 2. oͤf-
fentlich ſaget, Dudaim der Hebraͤer ſey die Man-
dragora geweſen, wovon er ſich dermaſſen uͤberzeugt
haͤlt, weil er der letztern erhitzende und zum Bey-
ſchlaf reizende Wirkung durch eigene Erfahrungen
beſtaͤtiget gefunden zu haben glaubet. Er behaup-
tet in folgenden Ausdruͤcken: pleracque Bouonienſium
uxores foecundas Mandragorae vires me conſule ex-
perta
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 2. Berlin, 1789, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen02_1789/34>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.