Wenn es wahr ist, was ich in vorangeführten Sätzen darzuthun gesucht habe, daß, sobald dieses Vieh auf- höret zu wiederkauen, und welches auch die erste An- zeige ist, daß es krank sey; daß alsdenn auch die gan- ze Oekonomie in dessen Leibe aufhöre, und daß als- denn aus dem großen Futterwanste, dahin die Arze- ney durch den Schlund fället, nicht das geringste von Speise und Feuchtigkeit in den andern und dritten Ma- gen, auch nichts aus demselben übergehet; wie ist es alsdenn möglich, frage ich, daß die Arzeney, wenn sie in einen so großen stinkenden Futtersack fället, und darinnen liegen bleiben muß, etwas würken könne? Die Erfahrung hat gelehret, und bestätiget mein Ur- theil hiervon um so mehr, da man die Medikamente bey der Eröfnung dieses an der Seuche krepirten Vie- hes noch im Wanste gefunden. Wäre ein Vomitiv möglich, so könnte solches, wenn es gleich im Anfang der Krankheit, ehe der Brand dazu schläget, ge- braucht würde, vielleicht von großem Nutzen seyn.
Es sey nun, daß wir in Erlangung dienlicher Arzneymittel glücklich seyn oder nicht; so ist doch vor allen Dingen nothwendig, unser Augenmerk auf Prä- servirmittel zu richten. Wenn ich mir nicht zu viel Freyheit nehme, so will ich unterdessen einige doch ohnmaßgebliche Präservirmittel vorschlagen, bis wir bessere haben werden. Weil ich nun einmahl für wahr angenommen, daß das Rindvieh durch starkes Treiben an dem Wiederkauen, und folglich an der Verdauung verhindert wird, woraus diese schädliche Seuche entstehet; so ist nöthig: 1) daß die Vieh- händler, Fleischer und alle diejenigen, so fremd Vieh von entfernten Orten holen, wohl unterrichtet seyn müssen, daß sie das Vieh langsam treiben, nicht zu stark auf einmal fressen, und nach dem Fraß, und ehe sie weiter treiben, eine Stunde zum Wiederkauen Muße lassen. 2) Müsse niemanden erlaubt seyn,
Rind-
J 3
Wenn es wahr iſt, was ich in vorangefuͤhrten Saͤtzen darzuthun geſucht habe, daß, ſobald dieſes Vieh auf- hoͤret zu wiederkauen, und welches auch die erſte An- zeige iſt, daß es krank ſey; daß alsdenn auch die gan- ze Oekonomie in deſſen Leibe aufhoͤre, und daß als- denn aus dem großen Futterwanſte, dahin die Arze- ney durch den Schlund faͤllet, nicht das geringſte von Speiſe und Feuchtigkeit in den andern und dritten Ma- gen, auch nichts aus demſelben uͤbergehet; wie iſt es alsdenn moͤglich, frage ich, daß die Arzeney, wenn ſie in einen ſo großen ſtinkenden Futterſack faͤllet, und darinnen liegen bleiben muß, etwas wuͤrken koͤnne? Die Erfahrung hat gelehret, und beſtaͤtiget mein Ur- theil hiervon um ſo mehr, da man die Medikamente bey der Eroͤfnung dieſes an der Seuche krepirten Vie- hes noch im Wanſte gefunden. Waͤre ein Vomitiv moͤglich, ſo koͤnnte ſolches, wenn es gleich im Anfang der Krankheit, ehe der Brand dazu ſchlaͤget, ge- braucht wuͤrde, vielleicht von großem Nutzen ſeyn.
Es ſey nun, daß wir in Erlangung dienlicher Arzneymittel gluͤcklich ſeyn oder nicht; ſo iſt doch vor allen Dingen nothwendig, unſer Augenmerk auf Praͤ- ſervirmittel zu richten. Wenn ich mir nicht zu viel Freyheit nehme, ſo will ich unterdeſſen einige doch ohnmaßgebliche Praͤſervirmittel vorſchlagen, bis wir beſſere haben werden. Weil ich nun einmahl fuͤr wahr angenommen, daß das Rindvieh durch ſtarkes Treiben an dem Wiederkauen, und folglich an der Verdauung verhindert wird, woraus dieſe ſchaͤdliche Seuche entſtehet; ſo iſt noͤthig: 1) daß die Vieh- haͤndler, Fleiſcher und alle diejenigen, ſo fremd Vieh von entfernten Orten holen, wohl unterrichtet ſeyn muͤſſen, daß ſie das Vieh langſam treiben, nicht zu ſtark auf einmal freſſen, und nach dem Fraß, und ehe ſie weiter treiben, eine Stunde zum Wiederkauen Muße laſſen. 2) Muͤſſe niemanden erlaubt ſeyn,
Rind-
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Wenn es wahr iſt, was ich in vorangefuͤhrten Saͤtzen
darzuthun geſucht habe, daß, ſobald dieſes Vieh auf-
hoͤret zu wiederkauen, und welches auch die erſte An-
zeige iſt, daß es krank ſey; daß alsdenn auch die gan-
ze Oekonomie in deſſen Leibe aufhoͤre, und daß als-
denn aus dem großen Futterwanſte, dahin die Arze-
ney durch den Schlund faͤllet, nicht das geringſte von
Speiſe und Feuchtigkeit in den andern und dritten Ma-
gen, auch nichts aus demſelben uͤbergehet; wie iſt es
alsdenn moͤglich, frage ich, daß die Arzeney, wenn
ſie in einen ſo großen ſtinkenden Futterſack faͤllet, und
darinnen liegen bleiben muß, etwas wuͤrken koͤnne?
Die Erfahrung hat gelehret, und beſtaͤtiget mein Ur-
theil hiervon um ſo mehr, da man die Medikamente
bey der Eroͤfnung dieſes an der Seuche krepirten Vie-
hes noch im Wanſte gefunden. Waͤre ein Vomitiv
moͤglich, ſo koͤnnte ſolches, wenn es gleich im Anfang
der Krankheit, ehe der Brand dazu ſchlaͤget, ge-
braucht wuͤrde, vielleicht von großem Nutzen ſeyn.
Es ſey nun, daß wir in Erlangung dienlicher
Arzneymittel gluͤcklich ſeyn oder nicht; ſo iſt doch vor
allen Dingen nothwendig, unſer Augenmerk auf Praͤ-
ſervirmittel zu richten. Wenn ich mir nicht zu viel
Freyheit nehme, ſo will ich unterdeſſen einige doch
ohnmaßgebliche Praͤſervirmittel vorſchlagen, bis wir
beſſere haben werden. Weil ich nun einmahl fuͤr
wahr angenommen, daß das Rindvieh durch ſtarkes
Treiben an dem Wiederkauen, und folglich an der
Verdauung verhindert wird, woraus dieſe ſchaͤdliche
Seuche entſtehet; ſo iſt noͤthig: 1) daß die Vieh-
haͤndler, Fleiſcher und alle diejenigen, ſo fremd Vieh
von entfernten Orten holen, wohl unterrichtet ſeyn
muͤſſen, daß ſie das Vieh langſam treiben, nicht zu
ſtark auf einmal freſſen, und nach dem Fraß, und
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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 3. Berlin, 1789, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen03_1789/143>, abgerufen am 16.02.2025.
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