Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.de Iustitia et Iure. weiß z. B. nicht, wie mannigfaltig die Gesetze die Frey-heit zu kaufen und zu verkaufen 99), welche man doch ad res merae facultatis insgemein zu rechnen pflegt, modi- ficirt haben? Ferner das Bauen in seinem eigenen Grund und Boden hält man für eine Sache des freyen Will- kührs. Es ist wahr, in vielen Fällen hat man recht. Ein jeder Eigenthümer ist z. B. berechtiget, in seiner eigenen Wand so viel Fenster anzubringen, als er will, wenn auch von undenklichen Zeiten her keine da gewesen wären. Der Nachbahr kann ihm das nicht verwehren. Dem Nachbahr ist aber auch seiner Seits unbenommen, solche Fenster zu verbauen, wenn auch gleich solche seit 100 und mehr Jahren da gewesen seyn sollten 100). Allein deswegen ist doch das Bauen auf dem Seinigen nicht in jedem Fall Sache des freyen Willkührs. So haben z. B. die Römischen Gesetze das Höherbauen ver- schiedentlich eingeschränkt 1); auch hängt es nicht immer von meinem Willen ab, ob ich mein. baufälliges Ge- bäude will repariren lassen, sondern mein Nachbahr kann cautionem damni infecti von mir fordern, wenn er aus dem Einsturz meines Gebäudes Schaden befürchtet 2). Zwei- 99) S. Westphals Lehre des gemeinen Rechts vom Kauf, Pacht, Mieth und Erbzins-Con- tract. (Leipzig, 1789.) I. Th. 1. Haupt. 2. Cap. 100) L. 9. und 10. D. de Servitut. praed. urbanor. Siehe auch Schröters vermischte jurist. Abhandlungen 2ter Band Seite 145. 1) S. L. 1. §. 17. D. de novi oper. nunciat. L. 1. L. 12. §. 1. et 4. Cod. de aedific. privat. westphal de li- bertate et servitut. praedior. Sect. II. c. I. §. 3. 2) L. 6. L. 7. §. 1. et 2. D. de damno inf. westphal a. a. O. §. 9. und 10. H 2
de Iuſtitia et Iure. weiß z. B. nicht, wie mannigfaltig die Geſetze die Frey-heit zu kaufen und zu verkaufen 99), welche man doch ad res merae facultatis insgemein zu rechnen pflegt, modi- ficirt haben? Ferner das Bauen in ſeinem eigenen Grund und Boden haͤlt man fuͤr eine Sache des freyen Will- kuͤhrs. Es iſt wahr, in vielen Faͤllen hat man recht. Ein jeder Eigenthuͤmer iſt z. B. berechtiget, in ſeiner eigenen Wand ſo viel Fenſter anzubringen, als er will, wenn auch von undenklichen Zeiten her keine da geweſen waͤren. Der Nachbahr kann ihm das nicht verwehren. Dem Nachbahr iſt aber auch ſeiner Seits unbenommen, ſolche Fenſter zu verbauen, wenn auch gleich ſolche ſeit 100 und mehr Jahren da geweſen ſeyn ſollten 100). Allein deswegen iſt doch das Bauen auf dem Seinigen nicht in jedem Fall Sache des freyen Willkuͤhrs. So haben z. B. die Roͤmiſchen Geſetze das Hoͤherbauen ver- ſchiedentlich eingeſchraͤnkt 1); auch haͤngt es nicht immer von meinem Willen ab, ob ich mein. baufaͤlliges Ge- baͤude will repariren laſſen, ſondern mein Nachbahr kann cautionem damni infecti von mir fordern, wenn er aus dem Einſturz meines Gebaͤudes Schaden befuͤrchtet 2). Zwei- 99) S. Weſtphals Lehre des gemeinen Rechts vom Kauf, Pacht, Mieth und Erbzins-Con- tract. (Leipzig, 1789.) I. Th. 1. Haupt. 2. Cap. 100) L. 9. und 10. D. de Servitut. praed. urbanor. Siehe auch Schroͤters vermiſchte juriſt. Abhandlungen 2ter Band Seite 145. 1) S. L. 1. §. 17. D. de novi oper. nunciat. L. 1. L. 12. §. 1. et 4. Cod. de aedific. privat. westphal de li- bertate et ſervitut. praedior. Sect. II. c. I. §. 3. 2) L. 6. L. 7. §. 1. et 2. D. de damno inf. westphal a. a. O. §. 9. und 10. H 2
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weiß z. B. nicht, wie mannigfaltig die Geſetze die Frey-
heit zu kaufen und zu verkaufen 99), welche man doch
ad res merae facultatis insgemein zu rechnen pflegt, modi-
ficirt haben? Ferner das Bauen in ſeinem eigenen Grund
und Boden haͤlt man fuͤr eine Sache des freyen Will-
kuͤhrs. Es iſt wahr, in vielen Faͤllen hat man recht.
Ein jeder Eigenthuͤmer iſt z. B. berechtiget, in ſeiner
eigenen Wand ſo viel Fenſter anzubringen, als er will,
wenn auch von undenklichen Zeiten her keine da geweſen
waͤren. Der Nachbahr kann ihm das nicht verwehren.
Dem Nachbahr iſt aber auch ſeiner Seits unbenommen,
ſolche Fenſter zu verbauen, wenn auch gleich ſolche ſeit
100 und mehr Jahren da geweſen ſeyn ſollten 100).
Allein deswegen iſt doch das Bauen auf dem Seinigen
nicht in jedem Fall Sache des freyen Willkuͤhrs. So
haben z. B. die Roͤmiſchen Geſetze das Hoͤherbauen ver-
ſchiedentlich eingeſchraͤnkt 1); auch haͤngt es nicht immer
von meinem Willen ab, ob ich mein. baufaͤlliges Ge-
baͤude will repariren laſſen, ſondern mein Nachbahr kann
cautionem damni infecti von mir fordern, wenn er
aus dem Einſturz meines Gebaͤudes Schaden befuͤrchtet 2).
Zwei-
99) S. Weſtphals Lehre des gemeinen Rechts
vom Kauf, Pacht, Mieth und Erbzins-Con-
tract. (Leipzig, 1789.) I. Th. 1. Haupt. 2. Cap.
100) L. 9. und 10. D. de Servitut. praed. urbanor. Siehe
auch Schroͤters vermiſchte juriſt. Abhandlungen
2ter Band Seite 145.
1) S. L. 1. §. 17. D. de novi oper. nunciat. L. 1. L. 12.
§. 1. et 4. Cod. de aedific. privat. westphal de li-
bertate et ſervitut. praedior. Sect. II. c. I. §. 3.
2) L. 6. L. 7. §. 1. et 2. D. de damno inf. westphal
a. a. O. §. 9. und 10.
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