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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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de Iustitia et Iure.
Verordnungen dagegen wären schlechterdings ungül-
tig 14). Denn hier ist offenbahr der Fall, wo jener
göttliche Befehl eintrit: Man muß Gott mehr ge-
horchen, als den Menschen.
In sofern aber
zweitens die Ausübung solcher natürlicher Rechte, in-
gleichen die Art und Weise der Erfüllung solcher Verbind-
lichkeiten nicht alle Willkühr des Menschen ausschließt;
in sofern ist auch der bürgerliche Gesezgeber allerdings
befugt, um die Ordnung in seinem Staate aufrecht
zu erhalten, den modum durch seine Vorschrift zu be-
stimmen, auch in dieser Rücksicht manche Einschränkun-
gen zu machen. So ist z. B. der Regent im Staate
allerdings befugt, in Ansehung der Mittel, welche der
Mensch zu seiner Erhaltung anwenden kann, mancherley
Einschränkungen zu machen. Er kann diese oder jene
Handthierungen, Künste und Gewerbe gewissen Persoh-
nen allein gestatten, und andere davon ausschliessen.
Eben so verhält sich's mit dem natürlichen Triebe zur
Fortpflanzung unsers Geschlechts. Der Regent kann
eine gewisse Form der Ehe vorschreiben; er kann ferner
unter gewissen Persohnen die Heirathen gar verbieten.
Drittens: alle Rechte hingegen, welche dem Menschen
als Menschen zwar zustehen, die aber das Vernunftrecht
seinem Willkühr lediglich überlässet, sind auch der Dis-
position des bürgerlichen Regenten dergestalt unterwor-
fen, daß dieser sie gänzlich aufheben, und die Unter-
thanen davon ausschliessen darf. So z. B. ist die Oc-
cupation, mithin auch die Jagd im Stande der natür-
lichen Freyheit einem Jeden erlaubt; allein die Erfah-

rung
14) L. 7. §. 16. D. de pactis erkennt schon selbst dieses
vor Recht: Generaliter, quotiens pactum a iure commu-
ni remotum est, servari hoc non oportet, -- -- et
si stipulatio sit interposita de his, pro quibus pacisci non
licet, servanda non est,
sed omnia rescindenda.

de Iuſtitia et Iure.
Verordnungen dagegen waͤren ſchlechterdings unguͤl-
tig 14). Denn hier iſt offenbahr der Fall, wo jener
goͤttliche Befehl eintrit: Man muß Gott mehr ge-
horchen, als den Menſchen.
In ſofern aber
zweitens die Ausuͤbung ſolcher natuͤrlicher Rechte, in-
gleichen die Art und Weiſe der Erfuͤllung ſolcher Verbind-
lichkeiten nicht alle Willkuͤhr des Menſchen ausſchließt;
in ſofern iſt auch der buͤrgerliche Geſezgeber allerdings
befugt, um die Ordnung in ſeinem Staate aufrecht
zu erhalten, den modum durch ſeine Vorſchrift zu be-
ſtimmen, auch in dieſer Ruͤckſicht manche Einſchraͤnkun-
gen zu machen. So iſt z. B. der Regent im Staate
allerdings befugt, in Anſehung der Mittel, welche der
Menſch zu ſeiner Erhaltung anwenden kann, mancherley
Einſchraͤnkungen zu machen. Er kann dieſe oder jene
Handthierungen, Kuͤnſte und Gewerbe gewiſſen Perſoh-
nen allein geſtatten, und andere davon ausſchlieſſen.
Eben ſo verhaͤlt ſich’s mit dem natuͤrlichen Triebe zur
Fortpflanzung unſers Geſchlechts. Der Regent kann
eine gewiſſe Form der Ehe vorſchreiben; er kann ferner
unter gewiſſen Perſohnen die Heirathen gar verbieten.
Drittens: alle Rechte hingegen, welche dem Menſchen
als Menſchen zwar zuſtehen, die aber das Vernunftrecht
ſeinem Willkuͤhr lediglich uͤberlaͤſſet, ſind auch der Dis-
poſition des buͤrgerlichen Regenten dergeſtalt unterwor-
fen, daß dieſer ſie gaͤnzlich aufheben, und die Unter-
thanen davon ausſchlieſſen darf. So z. B. iſt die Oc-
cupation, mithin auch die Jagd im Stande der natuͤr-
lichen Freyheit einem Jeden erlaubt; allein die Erfah-

rung
14) L. 7. §. 16. D. de pactis erkennt ſchon ſelbſt dieſes
vor Recht: Generaliter, quotiens pactum a iure commu-
ni remotum eſt, ſervari hoc non oportet, — — et
ſi ſtipulatio ſit interpoſita de his, pro quibus paciſci non
licet, ſervanda non eſt,
ſed omnia reſcindenda.
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[125/0145] de Iuſtitia et Iure. Verordnungen dagegen waͤren ſchlechterdings unguͤl- tig 14). Denn hier iſt offenbahr der Fall, wo jener goͤttliche Befehl eintrit: Man muß Gott mehr ge- horchen, als den Menſchen. In ſofern aber zweitens die Ausuͤbung ſolcher natuͤrlicher Rechte, in- gleichen die Art und Weiſe der Erfuͤllung ſolcher Verbind- lichkeiten nicht alle Willkuͤhr des Menſchen ausſchließt; in ſofern iſt auch der buͤrgerliche Geſezgeber allerdings befugt, um die Ordnung in ſeinem Staate aufrecht zu erhalten, den modum durch ſeine Vorſchrift zu be- ſtimmen, auch in dieſer Ruͤckſicht manche Einſchraͤnkun- gen zu machen. So iſt z. B. der Regent im Staate allerdings befugt, in Anſehung der Mittel, welche der Menſch zu ſeiner Erhaltung anwenden kann, mancherley Einſchraͤnkungen zu machen. Er kann dieſe oder jene Handthierungen, Kuͤnſte und Gewerbe gewiſſen Perſoh- nen allein geſtatten, und andere davon ausſchlieſſen. Eben ſo verhaͤlt ſich’s mit dem natuͤrlichen Triebe zur Fortpflanzung unſers Geſchlechts. Der Regent kann eine gewiſſe Form der Ehe vorſchreiben; er kann ferner unter gewiſſen Perſohnen die Heirathen gar verbieten. Drittens: alle Rechte hingegen, welche dem Menſchen als Menſchen zwar zuſtehen, die aber das Vernunftrecht ſeinem Willkuͤhr lediglich uͤberlaͤſſet, ſind auch der Dis- poſition des buͤrgerlichen Regenten dergeſtalt unterwor- fen, daß dieſer ſie gaͤnzlich aufheben, und die Unter- thanen davon ausſchlieſſen darf. So z. B. iſt die Oc- cupation, mithin auch die Jagd im Stande der natuͤr- lichen Freyheit einem Jeden erlaubt; allein die Erfah- rung 14) L. 7. §. 16. D. de pactis erkennt ſchon ſelbſt dieſes vor Recht: Generaliter, quotiens pactum a iure commu- ni remotum eſt, ſervari hoc non oportet, — — et ſi ſtipulatio ſit interpoſita de his, pro quibus paciſci non licet, ſervanda non eſt, ſed omnia reſcindenda.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/145>, abgerufen am 24.11.2024.