Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.de Iustitia et Iure. einmahl bestrafft werden, mit dem daselbst angehängtenEntscheidungsgrunde: denn es ist sein Geld. Ja hätten nicht die Söhne Jacobs wegen des an Hemor und seinen Sohn Sichem verübten Mords 53) ebenfals wieder mit der Schärfe des Schwerds hingerichtet wer- den müssen, wenn jenes Gesez allgemein und unabän- derlich wäre? Allein daß dieses nicht geschehen, erhellet aus 1 B. Mose XLIX. v. 5. und 6. 54) Soviel hier- nächst die Mosaischen Ehegesetze anbetrift, so darf der in denenselben selbst enthaltene wichtige Unterschied zwi- schen natürlichen und willkührlichen Vorschriften nicht aus der Acht gelassen werden. Daß nun denen- selben freylich in Ansehung solcher Satzungen, die ih- ren Grund schon in den natürlichen Gesetzen haben, ei- ne allgemeine und unumstößlich verbindende Kraft beizu- legen sey, hat keinen Zweifel, allein von diesen ist auch hier die Frage nicht. Sondern die Frage ist, ob auch denenjenigen Eheverboten Mosis, die blos in will- kührlichen göttlichen Vorschriften ihren Grund haben, eine allgemeine und unabänderliche Verbindlichkeit zuzu- eignen sey? und diese Frage ist mit Nein zu beant- worten Denn es mangelt ihnen an einer nothwendi- gen Eigenschaft eines allgemeinen willkührlichen Gesetzes, indem sie in einem Gesezbuche enthalten sind, welches damahls nur einem einzigen Volke, nehmlich dem Is- raelitischen, bekannt gemacht war, und dessen Sprache die übrigen Völker nicht einmahl verstunden: dahingegen ein willkührliches Geboth Gottes, so alle Völker der Erde angehen solte, nothwendig durch göttliche Boten, die 53) Genes. XXXIV. v. 26. 54) Noch mehrere Gründe hat Carl Ferd. Hommel in den philosophischen Gedanken über das Cri- minalrecht, herausgegeben von Dr. Rößig (Breslau 1784.) §. 58. K 3
de Iuſtitia et Iure. einmahl beſtrafft werden, mit dem daſelbſt angehaͤngtenEntſcheidungsgrunde: denn es iſt ſein Geld. Ja haͤtten nicht die Soͤhne Jacobs wegen des an Hemor und ſeinen Sohn Sichem veruͤbten Mords 53) ebenfals wieder mit der Schaͤrfe des Schwerds hingerichtet wer- den muͤſſen, wenn jenes Geſez allgemein und unabaͤn- derlich waͤre? Allein daß dieſes nicht geſchehen, erhellet aus 1 B. Moſe XLIX. v. 5. und 6. 54) Soviel hier- naͤchſt die Moſaiſchen Ehegeſetze anbetrift, ſo darf der in denenſelben ſelbſt enthaltene wichtige Unterſchied zwi- ſchen natuͤrlichen und willkuͤhrlichen Vorſchriften nicht aus der Acht gelaſſen werden. Daß nun denen- ſelben freylich in Anſehung ſolcher Satzungen, die ih- ren Grund ſchon in den natuͤrlichen Geſetzen haben, ei- ne allgemeine und unumſtoͤßlich verbindende Kraft beizu- legen ſey, hat keinen Zweifel, allein von dieſen iſt auch hier die Frage nicht. Sondern die Frage iſt, ob auch denenjenigen Eheverboten Moſis, die blos in will- kuͤhrlichen goͤttlichen Vorſchriften ihren Grund haben, eine allgemeine und unabaͤnderliche Verbindlichkeit zuzu- eignen ſey? und dieſe Frage iſt mit Nein zu beant- worten Denn es mangelt ihnen an einer nothwendi- gen Eigenſchaft eines allgemeinen willkuͤhrlichen Geſetzes, indem ſie in einem Geſezbuche enthalten ſind, welches damahls nur einem einzigen Volke, nehmlich dem Is- raelitiſchen, bekannt gemacht war, und deſſen Sprache die uͤbrigen Voͤlker nicht einmahl verſtunden: dahingegen ein willkuͤhrliches Geboth Gottes, ſo alle Voͤlker der Erde angehen ſolte, nothwendig durch goͤttliche Boten, die 53) Geneſ. XXXIV. v. 26. 54) Noch mehrere Gruͤnde hat Carl Ferd. Hommel in den philoſophiſchen Gedanken uͤber das Cri- minalrecht, herausgegeben von Dr. Roͤßig (Breslau 1784.) §. 58. K 3
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de Iuſtitia et Iure.
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Entſcheidungsgrunde: denn es iſt ſein Geld. Ja
haͤtten nicht die Soͤhne Jacobs wegen des an Hemor
und ſeinen Sohn Sichem veruͤbten Mords 53) ebenfals
wieder mit der Schaͤrfe des Schwerds hingerichtet wer-
den muͤſſen, wenn jenes Geſez allgemein und unabaͤn-
derlich waͤre? Allein daß dieſes nicht geſchehen, erhellet
aus 1 B. Moſe XLIX. v. 5. und 6. 54) Soviel hier-
naͤchſt die Moſaiſchen Ehegeſetze anbetrift, ſo darf der
in denenſelben ſelbſt enthaltene wichtige Unterſchied zwi-
ſchen natuͤrlichen und willkuͤhrlichen Vorſchriften
nicht aus der Acht gelaſſen werden. Daß nun denen-
ſelben freylich in Anſehung ſolcher Satzungen, die ih-
ren Grund ſchon in den natuͤrlichen Geſetzen haben, ei-
ne allgemeine und unumſtoͤßlich verbindende Kraft beizu-
legen ſey, hat keinen Zweifel, allein von dieſen iſt
auch hier die Frage nicht. Sondern die Frage iſt, ob
auch denenjenigen Eheverboten Moſis, die blos in will-
kuͤhrlichen goͤttlichen Vorſchriften ihren Grund haben,
eine allgemeine und unabaͤnderliche Verbindlichkeit zuzu-
eignen ſey? und dieſe Frage iſt mit Nein zu beant-
worten Denn es mangelt ihnen an einer nothwendi-
gen Eigenſchaft eines allgemeinen willkuͤhrlichen Geſetzes,
indem ſie in einem Geſezbuche enthalten ſind, welches
damahls nur einem einzigen Volke, nehmlich dem Is-
raelitiſchen, bekannt gemacht war, und deſſen Sprache
die uͤbrigen Voͤlker nicht einmahl verſtunden: dahingegen
ein willkuͤhrliches Geboth Gottes, ſo alle Voͤlker der
Erde angehen ſolte, nothwendig durch goͤttliche Boten,
die
53) Geneſ. XXXIV. v. 26.
54) Noch mehrere Gruͤnde hat Carl Ferd. Hommel in
den philoſophiſchen Gedanken uͤber das Cri-
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