Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.de Iustitia et Iure. ordentlicher Weise an seine Gesetze nicht ge-bunden. Dies hat einen dreifachen Sinn. a) Der Landesherr ist in der Regel nicht verbunden, bey seinen eigenen Handlungen seine Gesetze zu beobachten. b) Kann derselbe auch seine Gesetze, insofern sie pure Gesetze, keine Landesverträge und Staatsgrundgesetze sind, wieder aufheben und abändern, und zwar mit oder ohne Ein- willigung der Stände, wie es der Landesverfassung ge- mäß ist. c) Er kann zu Gunsten einzelner Untertha- nen sowohl Privilegien dagegen ertheilen, als dispensi- ren 81). So richtig nun dieses an sich ist, so fehlt es doch nicht an Rechtsgelehrten, die das Gegentheil hierin behaupten 82). Sie wollen ihre Meinung theils mit dem bekannten Ausspruch des Prätors: Quod quisque iuris in alterum statuerit, ut ipse eodem iure utatur, theils mit einigen andern Gesetzen bestärken, in welchen einem Regenten die Beobachtung seiner Ge- setze empfohlen wird 83). Allein diese Gründe sind von keinem sonderlichen Gewicht, denn jener Ausspruch des Prätors verbietet offenbar nur einer Obrigkeit, ihre Gewalt zu misbrauchen, und unbillige Dinge zu ver- ord- schen Staatsrecht und der Privatrechtsge- lahrheit der erlauchten Persohnen des teut- schen Reichs. Halle 1779. 4. 81) pütter prim. lineae iuris privati Princip. Schnaubert Anfangsgründe des Staatsrechts der gesammten Reichslande §. 259. S. 171. 82) Unter den neuern Rechtsgelehrten hegt diese Meinung hommel Rhapsod. Quaest. Forens. Obs. 480. 83) L. 4. C. de LL. et Constitut. Princip. Digna vox est maiestate Regnantis, legibus alligatum se Principem pro- fiteri. und L. 3. C. de testament. Nihil tam proprium imperii est, quam legibus vivere. Glücks Erläut. d. Pand. 1. Th. S
de Iuſtitia et Iure. ordentlicher Weiſe an ſeine Geſetze nicht ge-bunden. Dies hat einen dreifachen Sinn. a) Der Landesherr iſt in der Regel nicht verbunden, bey ſeinen eigenen Handlungen ſeine Geſetze zu beobachten. b) Kann derſelbe auch ſeine Geſetze, inſofern ſie pure Geſetze, keine Landesvertraͤge und Staatsgrundgeſetze ſind, wieder aufheben und abaͤndern, und zwar mit oder ohne Ein- willigung der Staͤnde, wie es der Landesverfaſſung ge- maͤß iſt. c) Er kann zu Gunſten einzelner Untertha- nen ſowohl Privilegien dagegen ertheilen, als diſpenſi- ren 81). So richtig nun dieſes an ſich iſt, ſo fehlt es doch nicht an Rechtsgelehrten, die das Gegentheil hierin behaupten 82). Sie wollen ihre Meinung theils mit dem bekannten Ausſpruch des Praͤtors: Quod quisque iuris in alterum ſtatuerit, ut ipſe eodem iure utatur, theils mit einigen andern Geſetzen beſtaͤrken, in welchen einem Regenten die Beobachtung ſeiner Ge- ſetze empfohlen wird 83). Allein dieſe Gruͤnde ſind von keinem ſonderlichen Gewicht, denn jener Ausſpruch des Praͤtors verbietet offenbar nur einer Obrigkeit, ihre Gewalt zu misbrauchen, und unbillige Dinge zu ver- ord- ſchen Staatsrecht und der Privatrechtsge- lahrheit der erlauchten Perſohnen des teut- ſchen Reichs. Halle 1779. 4. 81) puͤtter prim. lineae iuris privati Princip. Schnaubert Anfangsgruͤnde des Staatsrechts der geſammten Reichslande §. 259. S. 171. 82) Unter den neuern Rechtsgelehrten hegt dieſe Meinung hommel Rhapſod. Quaeſt. Forens. Obſ. 480. 83) L. 4. C. de LL. et Conſtitut. Princip. Digna vox eſt maieſtate Regnantis, legibus alligatum ſe Principem pro- fiteri. und L. 3. C. de teſtament. Nihil tam proprium imperii eſt, quam legibus vivere. Gluͤcks Erlaͤut. d. Pand. 1. Th. S
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de Iuſtitia et Iure.
ordentlicher Weiſe an ſeine Geſetze nicht ge-
bunden. Dies hat einen dreifachen Sinn. a) Der
Landesherr iſt in der Regel nicht verbunden, bey ſeinen
eigenen Handlungen ſeine Geſetze zu beobachten. b) Kann
derſelbe auch ſeine Geſetze, inſofern ſie pure Geſetze,
keine Landesvertraͤge und Staatsgrundgeſetze ſind, wieder
aufheben und abaͤndern, und zwar mit oder ohne Ein-
willigung der Staͤnde, wie es der Landesverfaſſung ge-
maͤß iſt. c) Er kann zu Gunſten einzelner Untertha-
nen ſowohl Privilegien dagegen ertheilen, als diſpenſi-
ren 81). So richtig nun dieſes an ſich iſt, ſo fehlt
es doch nicht an Rechtsgelehrten, die das Gegentheil
hierin behaupten 82). Sie wollen ihre Meinung theils
mit dem bekannten Ausſpruch des Praͤtors: Quod
quisque iuris in alterum ſtatuerit, ut ipſe eodem iure
utatur, theils mit einigen andern Geſetzen beſtaͤrken,
in welchen einem Regenten die Beobachtung ſeiner Ge-
ſetze empfohlen wird 83). Allein dieſe Gruͤnde ſind
von keinem ſonderlichen Gewicht, denn jener Ausſpruch
des Praͤtors verbietet offenbar nur einer Obrigkeit, ihre
Gewalt zu misbrauchen, und unbillige Dinge zu ver-
ord-
80)
81) puͤtter prim. lineae iuris privati Princip.
Schnaubert Anfangsgruͤnde des Staatsrechts
der geſammten Reichslande §. 259. S. 171.
82) Unter den neuern Rechtsgelehrten hegt dieſe Meinung
hommel Rhapſod. Quaeſt. Forens. Obſ. 480.
83) L. 4. C. de LL. et Conſtitut. Princip. Digna vox eſt
maieſtate Regnantis, legibus alligatum ſe Principem pro-
fiteri. und L. 3. C. de teſtament. Nihil tam proprium
imperii eſt, quam legibus vivere.
80) ſchen Staatsrecht und der Privatrechtsge-
lahrheit der erlauchten Perſohnen des teut-
ſchen Reichs. Halle 1779. 4.
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