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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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de Legibus, Senatusconsultis et longa consuet.
auf einzelne Handlungen ankommt, so ist eben so weni-
gem Zweifel unterworfen, daß auch Testes singulares,
welche von einzelnen verschiedenen, aber doch homogenen
Handlungen, oder von verschiedenen Umständen einerley
Factums, die aber einander nicht entgegen sind, zeugen,
für nicht unzulässig gehalten werden dürfen 44).

II) Urkunden, welche entweder dergleichen Hand-
lungen selbst enthalten, wodurch die Gewohnheit erwie-
sen werden soll, z. B. schriftliche und obrigkeitlich be-
stättigte Aufsätze über Handlungen der Art, wovon die
Frage ist, desgleichen rechtskräftige Urtheilssprüche; oder
glaubwürdige Attestate 45), die eine Erzählung, daß
dergleichen Handlungen vorgekommen sind, als zur Be-
gründung der behaupteten Gewohnheit erfordert werden,
enthalten, machen auch hier wichtige Beweismittel aus.
Es kann jedoch das blose Attestat des Richters von
einer hergebrachten Gewohnheit, wenn in demselben
keine actus speciales, diuturni et uniformes, über-
all mit Beziehung auf die Acten, angegeben worden
sind, die Kraft eines rechtlichen Beweises nicht behaup-
ten 46), und wenn gleich einige Rechtsgelehrte der Mei-
nung sind 47), daß ein solches allgemeines Attestat, wenn

es
44) S. gaertner Meditat. pract. S. 29. n. 2.
45) Wie solche Attestate beschaffen seyn müssen, zeigt Stru-
ben
in den rechtl. Bedenken V. Th. Bed. 90. S. 187.
46) S. Struben 2. Th. Bed. LIX. §. 4. S. 222. a wern-
her
T. I. P. IV. Obs. 110. ibique in Supplement.
und T. III.
P. II. Obs. 252. n.
116. u. folgg. Fratr. becmanni Consil.
et Decision. Part. I. Resp. VI. n.
8. S. 102. und vorzüglich
Eichmann in den Erklärungen des bürgerl. Rechts. I. Th.
S. 408. u. folg.
47) S. leyser Meditat. ad Pandect. Spec. IX. med. 9.

de Legibus, Senatusconſultis et longa conſuet.
auf einzelne Handlungen ankommt, ſo iſt eben ſo weni-
gem Zweifel unterworfen, daß auch Teſtes ſingulares,
welche von einzelnen verſchiedenen, aber doch homogenen
Handlungen, oder von verſchiedenen Umſtaͤnden einerley
Factums, die aber einander nicht entgegen ſind, zeugen,
fuͤr nicht unzulaͤſſig gehalten werden duͤrfen 44).

II) Urkunden, welche entweder dergleichen Hand-
lungen ſelbſt enthalten, wodurch die Gewohnheit erwie-
ſen werden ſoll, z. B. ſchriftliche und obrigkeitlich be-
ſtaͤttigte Aufſaͤtze uͤber Handlungen der Art, wovon die
Frage iſt, desgleichen rechtskraͤftige Urtheilsſpruͤche; oder
glaubwuͤrdige Atteſtate 45), die eine Erzaͤhlung, daß
dergleichen Handlungen vorgekommen ſind, als zur Be-
gruͤndung der behaupteten Gewohnheit erfordert werden,
enthalten, machen auch hier wichtige Beweismittel aus.
Es kann jedoch das bloſe Atteſtat des Richters von
einer hergebrachten Gewohnheit, wenn in demſelben
keine actus ſpeciales, diuturni et uniformes, uͤber-
all mit Beziehung auf die Acten, angegeben worden
ſind, die Kraft eines rechtlichen Beweiſes nicht behaup-
ten 46), und wenn gleich einige Rechtsgelehrte der Mei-
nung ſind 47), daß ein ſolches allgemeines Atteſtat, wenn

es
44) S. gaertner Meditat. pract. S. 29. n. 2.
45) Wie ſolche Atteſtate beſchaffen ſeyn muͤſſen, zeigt Stru-
ben
in den rechtl. Bedenken V. Th. Bed. 90. S. 187.
46) S. Struben 2. Th. Bed. LIX. §. 4. S. 222. a wern-
her
T. I. P. IV. Obſ. 110. ibique in Supplement.
und T. III.
P. II. Obſ. 252. n.
116. u. folgg. Fratr. becmanni Conſil.
et Deciſion. Part. I. Reſp. VI. n.
8. S. 102. und vorzuͤglich
Eichmann in den Erklaͤrungen des buͤrgerl. Rechts. I. Th.
S. 408. u. folg.
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[475/0495] de Legibus, Senatusconſultis et longa conſuet. auf einzelne Handlungen ankommt, ſo iſt eben ſo weni- gem Zweifel unterworfen, daß auch Teſtes ſingulares, welche von einzelnen verſchiedenen, aber doch homogenen Handlungen, oder von verſchiedenen Umſtaͤnden einerley Factums, die aber einander nicht entgegen ſind, zeugen, fuͤr nicht unzulaͤſſig gehalten werden duͤrfen 44). II) Urkunden, welche entweder dergleichen Hand- lungen ſelbſt enthalten, wodurch die Gewohnheit erwie- ſen werden ſoll, z. B. ſchriftliche und obrigkeitlich be- ſtaͤttigte Aufſaͤtze uͤber Handlungen der Art, wovon die Frage iſt, desgleichen rechtskraͤftige Urtheilsſpruͤche; oder glaubwuͤrdige Atteſtate 45), die eine Erzaͤhlung, daß dergleichen Handlungen vorgekommen ſind, als zur Be- gruͤndung der behaupteten Gewohnheit erfordert werden, enthalten, machen auch hier wichtige Beweismittel aus. Es kann jedoch das bloſe Atteſtat des Richters von einer hergebrachten Gewohnheit, wenn in demſelben keine actus ſpeciales, diuturni et uniformes, uͤber- all mit Beziehung auf die Acten, angegeben worden ſind, die Kraft eines rechtlichen Beweiſes nicht behaup- ten 46), und wenn gleich einige Rechtsgelehrte der Mei- nung ſind 47), daß ein ſolches allgemeines Atteſtat, wenn es 44) S. gaertner Meditat. pract. S. 29. n. 2. 45) Wie ſolche Atteſtate beſchaffen ſeyn muͤſſen, zeigt Stru- ben in den rechtl. Bedenken V. Th. Bed. 90. S. 187. 46) S. Struben 2. Th. Bed. LIX. §. 4. S. 222. a wern- her T. I. P. IV. Obſ. 110. ibique in Supplement. und T. III. P. II. Obſ. 252. n. 116. u. folgg. Fratr. becmanni Conſil. et Deciſion. Part. I. Reſp. VI. n. 8. S. 102. und vorzuͤglich Eichmann in den Erklaͤrungen des buͤrgerl. Rechts. I. Th. S. 408. u. folg. 47) S. leyser Meditat. ad Pandect. Spec. IX. med. 9.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/495>, abgerufen am 22.11.2024.