worden; es müßte den etwa die Wohlfahrt des Staats solches erheischen. Denn wenn die Wohlfahrt des Gan- zen mit dem Wohl eines einzelnen Bürgers in Collision kommt, so kann der Landesherr ohne Zweifel einer Privat- person auch ihre wohlerworbenen Rechte, jedoch nur un- ter Voraussetzung einer andern hinlängli- chen Entschädigung, nehmen 84). Endlich wird nun noch
IV) zur Gültigkeit der Rescripte nothwendig erfor- dert, daß in dem Bericht, oder der Supplik, wodurch das Rescript ist ausgewirkt worden, die Sache der Wahr- heit gemäß dem Landesherrn müsse vorgetragen worden seyn. Denn in der vorausgegangenen Vorstellung liegt ja der Grund des ganzen Rescripts, sind nun also dem Landesherrn die wahren Umstände der Sache verschwiegen, und dagegen falsche angeführet worden, so fällt der Grund des Rescripts weg, und folglich kann auch das Rescript selbst nicht gelten. Es muß sich also immer die Sache berichtetermaßen verhalten. Hierin stimmen auch die römischen und canonischen Rechte mit einander über- ein 85), nur mit dem Unterschiede, daß ersteres 86) die Einrükung der Clausel: si preces veritate nitantur, zur Gültigkeit eines jeden Rescrips verlangt, letzteres 87) aber, wornach wir heutiges Tages gehen 88), solche als eine
still-
84)Schlettweins Rechte der Menschheit. (Gießen 1784.) S. 483. pütter Institut. iur. publ. Lib. III. c. 1. §. 117.
85)L. 7. C. de div. rescript. L. pen. et ult. C. si contra ius vel util. publ. c. 2. 3. 8. 15. 17. 19. 20. 22. 26. X. de re- script.
86)L. 7. pr. C. de div. rescript.
87)c. 2. X. de rescript.
88)boehmer Iur. Eccl. Protest. Lib. I. Tit. 3. §. 4.
de Conſtitutionibus Principum.
worden; es muͤßte den etwa die Wohlfahrt des Staats ſolches erheiſchen. Denn wenn die Wohlfahrt des Gan- zen mit dem Wohl eines einzelnen Buͤrgers in Colliſion kommt, ſo kann der Landesherr ohne Zweifel einer Privat- perſon auch ihre wohlerworbenen Rechte, jedoch nur un- ter Vorausſetzung einer andern hinlaͤngli- chen Entſchaͤdigung, nehmen 84). Endlich wird nun noch
IV) zur Guͤltigkeit der Reſcripte nothwendig erfor- dert, daß in dem Bericht, oder der Supplik, wodurch das Reſcript iſt ausgewirkt worden, die Sache der Wahr- heit gemaͤß dem Landesherrn muͤſſe vorgetragen worden ſeyn. Denn in der vorausgegangenen Vorſtellung liegt ja der Grund des ganzen Reſcripts, ſind nun alſo dem Landesherrn die wahren Umſtaͤnde der Sache verſchwiegen, und dagegen falſche angefuͤhret worden, ſo faͤllt der Grund des Reſcripts weg, und folglich kann auch das Reſcript ſelbſt nicht gelten. Es muß ſich alſo immer die Sache berichtetermaßen verhalten. Hierin ſtimmen auch die roͤmiſchen und canoniſchen Rechte mit einander uͤber- ein 85), nur mit dem Unterſchiede, daß erſteres 86) die Einruͤkung der Clauſel: ſi preces veritate nitantur, zur Guͤltigkeit eines jeden Reſcrips verlangt, letzteres 87) aber, wornach wir heutiges Tages gehen 88), ſolche als eine
ſtill-
84)Schlettweins Rechte der Menſchheit. (Gießen 1784.) S. 483. puͤtter Inſtitut. iur. publ. Lib. III. c. 1. §. 117.
85)L. 7. C. de div. reſcript. L. pen. et ult. C. ſi contra ius vel util. publ. c. 2. 3. 8. 15. 17. 19. 20. 22. 26. X. de re- ſcript.
86)L. 7. pr. C. de div. reſcript.
87)c. 2. X. de reſcript.
88)boehmer Iur. Eccl. Proteſt. Lib. I. Tit. 3. §. 4.
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worden; es muͤßte den etwa die Wohlfahrt des Staats
ſolches erheiſchen. Denn wenn die Wohlfahrt des Gan-
zen mit dem Wohl eines einzelnen Buͤrgers in Colliſion
kommt, ſo kann der Landesherr ohne Zweifel einer Privat-
perſon auch ihre wohlerworbenen Rechte, jedoch nur un-
ter Vorausſetzung einer andern hinlaͤngli-
chen Entſchaͤdigung, nehmen 84). Endlich wird nun
noch
IV) zur Guͤltigkeit der Reſcripte nothwendig erfor-
dert, daß in dem Bericht, oder der Supplik, wodurch
das Reſcript iſt ausgewirkt worden, die Sache der Wahr-
heit gemaͤß dem Landesherrn muͤſſe vorgetragen worden
ſeyn. Denn in der vorausgegangenen Vorſtellung liegt
ja der Grund des ganzen Reſcripts, ſind nun alſo dem
Landesherrn die wahren Umſtaͤnde der Sache verſchwiegen,
und dagegen falſche angefuͤhret worden, ſo faͤllt der Grund
des Reſcripts weg, und folglich kann auch das Reſcript
ſelbſt nicht gelten. Es muß ſich alſo immer die Sache
berichtetermaßen verhalten. Hierin ſtimmen auch
die roͤmiſchen und canoniſchen Rechte mit einander uͤber-
ein 85), nur mit dem Unterſchiede, daß erſteres 86) die
Einruͤkung der Clauſel: ſi preces veritate nitantur, zur
Guͤltigkeit eines jeden Reſcrips verlangt, letzteres 87) aber,
wornach wir heutiges Tages gehen 88), ſolche als eine
ſtill-
84) Schlettweins Rechte der Menſchheit. (Gießen 1784.)
S. 483. puͤtter Inſtitut. iur. publ. Lib. III. c. 1. §. 117.
85) L. 7. C. de div. reſcript. L. pen. et ult. C. ſi contra ius
vel util. publ. c. 2. 3. 8. 15. 17. 19. 20. 22. 26. X. de re-
ſcript.
86) L. 7. pr. C. de div. reſcript.
87) c. 2. X. de reſcript.
88) boehmer Iur. Eccl. Proteſt. Lib. I. Tit. 3. §. 4.
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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 525. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/545>, abgerufen am 15.06.2024.
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