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Glück, Christian Friedrich von: Verbesserungen und Zusätze zum ersten Bande des Glückischen Kommentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1798.

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kein Gebrauch davon gemacht worden, weil die Unterthanen in
vorkommenden Fällen sich ihres rechtlichen Faveurs begeben
haben, welchen das Gesetz ihnen angedeihen läßt; oder es ist
von einem gebietenden oder verbietenden Zwangsgesetz die Rede.
Im ersten Falle kann durch einen solchen willkührlichen Nichtge-
brauch ein Gesetz darum nicht aufgehoben werden, weil jeder
Unterthan sich seiner Rechte nur blos insofern, als sie zu sei-
nem Vortheil eingeführt sind, begeben, einem Dritten aber da-
durch nicht präjudiciren kann. Im letztern Falle hingegen fin-
det eine Derogation statt, nur müssen die actus civium contrarii
so geeigenschaftet seyn, daß dadurch eine legale Gewohnheit be-
gründet werden kann. Daß der Nichtgebrauch des Gesetzes
durch gerichtliche Erkenntnisse in contradictorio müsse bestätiget
worden seyn, wie Leyser 35) und mit ihm die Gebrüder Bec-
mann
36) dafür halten wollen, ist nicht immer erforderlich,
sondern nur dann nöthig, wenn die Disposition des Gesetzes so
beschaffen ist, daß die Anwendung desselben gerichtliche Handlun-
gen schlechterdings voraussetzt 37). Man setze z. B. das Gesetz
erfordere eine gerichtliche Bestättigung der Ehepacten, es wären
aber mehrmalen sowohl unter Bürgern als Bauern Ehepacten
ohne gerichtliche Confirmation geschlossen, jedoch darum nie anul-
lirt worden, weil es nicht zum Proceß gekommen, so kann daraus
keine observantia contraria hergeleitet werden.

S. 506. Z. 2. hinter Kaiser streiche aus: selbst und in --
bis verbanden Z. 7. und lies daselbst: als Oberhäupter des rö-
mischen Staats, vermöge der ihnen durch die Legem regiam über-
tragenen höchsten Staatsgewalt 30) jetzt 39), publicirten, und
welche bloß durch den Willen derselben, ohne besondere Beystim-

mung
35) Meditat. ad Pandect. Spec. IX. med. 10.
36) Consil. et Decis. P. II. Dec. 48. n. 5. pag. 40.
37) hartleben Meditat. ad Pandect. Spec. XI. med. 14. Eich-
mann
Erklärungen des bürgerlichen Rechts. 2. Th. S. 139.
und besonders müller in Observat. pract. ad Leyserum Tom I.
Obs.
37.

kein Gebrauch davon gemacht worden, weil die Unterthanen in
vorkommenden Faͤllen ſich ihres rechtlichen Faveurs begeben
haben, welchen das Geſetz ihnen angedeihen laͤßt; oder es iſt
von einem gebietenden oder verbietenden Zwangsgeſetz die Rede.
Im erſten Falle kann durch einen ſolchen willkuͤhrlichen Nichtge-
brauch ein Geſetz darum nicht aufgehoben werden, weil jeder
Unterthan ſich ſeiner Rechte nur blos inſofern, als ſie zu ſei-
nem Vortheil eingefuͤhrt ſind, begeben, einem Dritten aber da-
durch nicht praͤjudiciren kann. Im letztern Falle hingegen fin-
det eine Derogation ſtatt, nur muͤſſen die actus civium contrarii
ſo geeigenſchaftet ſeyn, daß dadurch eine legale Gewohnheit be-
gruͤndet werden kann. Daß der Nichtgebrauch des Geſetzes
durch gerichtliche Erkenntniſſe in contradictorio muͤſſe beſtaͤtiget
worden ſeyn, wie Leyſer 35) und mit ihm die Gebruͤder Bec-
mann
36) dafuͤr halten wollen, iſt nicht immer erforderlich,
ſondern nur dann noͤthig, wenn die Diſpoſition des Geſetzes ſo
beſchaffen iſt, daß die Anwendung deſſelben gerichtliche Handlun-
gen ſchlechterdings vorausſetzt 37). Man ſetze z. B. das Geſetz
erfordere eine gerichtliche Beſtaͤttigung der Ehepacten, es waͤren
aber mehrmalen ſowohl unter Buͤrgern als Bauern Ehepacten
ohne gerichtliche Confirmation geſchloſſen, jedoch darum nie anul-
lirt worden, weil es nicht zum Proceß gekommen, ſo kann daraus
keine obſervantia contraria hergeleitet werden.

S. 506. Z. 2. hinter Kaiſer ſtreiche aus: ſelbſt und in —
bis verbanden Z. 7. und lies daſelbſt: als Oberhaͤupter des roͤ-
miſchen Staats, vermoͤge der ihnen durch die Legem regiam uͤber-
tragenen hoͤchſten Staatsgewalt 30) jetzt 39), publicirten, und
welche bloß durch den Willen derſelben, ohne beſondere Beyſtim-

mung
35) Meditat. ad Pandect. Spec. IX. med. 10.
36) Conſil. et Deciſ. P. II. Dec. 48. n. 5. pag. 40.
37) hartleben Meditat. ad Pandect. Spec. XI. med. 14. Eich-
mann
Erklaͤrungen des buͤrgerlichen Rechts. 2. Th. S. 139.
und beſonders müller in Obſervat. pract. ad Leyſerum Tom I.
Obſ.
37.
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[109/0117] kein Gebrauch davon gemacht worden, weil die Unterthanen in vorkommenden Faͤllen ſich ihres rechtlichen Faveurs begeben haben, welchen das Geſetz ihnen angedeihen laͤßt; oder es iſt von einem gebietenden oder verbietenden Zwangsgeſetz die Rede. Im erſten Falle kann durch einen ſolchen willkuͤhrlichen Nichtge- brauch ein Geſetz darum nicht aufgehoben werden, weil jeder Unterthan ſich ſeiner Rechte nur blos inſofern, als ſie zu ſei- nem Vortheil eingefuͤhrt ſind, begeben, einem Dritten aber da- durch nicht praͤjudiciren kann. Im letztern Falle hingegen fin- det eine Derogation ſtatt, nur muͤſſen die actus civium contrarii ſo geeigenſchaftet ſeyn, daß dadurch eine legale Gewohnheit be- gruͤndet werden kann. Daß der Nichtgebrauch des Geſetzes durch gerichtliche Erkenntniſſe in contradictorio muͤſſe beſtaͤtiget worden ſeyn, wie Leyſer 35) und mit ihm die Gebruͤder Bec- mann 36) dafuͤr halten wollen, iſt nicht immer erforderlich, ſondern nur dann noͤthig, wenn die Diſpoſition des Geſetzes ſo beſchaffen iſt, daß die Anwendung deſſelben gerichtliche Handlun- gen ſchlechterdings vorausſetzt 37). Man ſetze z. B. das Geſetz erfordere eine gerichtliche Beſtaͤttigung der Ehepacten, es waͤren aber mehrmalen ſowohl unter Buͤrgern als Bauern Ehepacten ohne gerichtliche Confirmation geſchloſſen, jedoch darum nie anul- lirt worden, weil es nicht zum Proceß gekommen, ſo kann daraus keine obſervantia contraria hergeleitet werden. S. 506. Z. 2. hinter Kaiſer ſtreiche aus: ſelbſt und in — bis verbanden Z. 7. und lies daſelbſt: als Oberhaͤupter des roͤ- miſchen Staats, vermoͤge der ihnen durch die Legem regiam uͤber- tragenen hoͤchſten Staatsgewalt 30) jetzt 39), publicirten, und welche bloß durch den Willen derſelben, ohne beſondere Beyſtim- mung 35) Meditat. ad Pandect. Spec. IX. med. 10. 36) Conſil. et Deciſ. P. II. Dec. 48. n. 5. pag. 40. 37) hartleben Meditat. ad Pandect. Spec. XI. med. 14. Eich- mann Erklaͤrungen des buͤrgerlichen Rechts. 2. Th. S. 139. und beſonders müller in Obſervat. pract. ad Leyſerum Tom I. Obſ. 37.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Verbesserungen und Zusätze zum ersten Bande des Glückischen Kommentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1798, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01verbesserungen_1798/117>, abgerufen am 30.11.2024.