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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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de Statu Hominum.
so wird nach der gemeinen Meinung 80) der Rechtsgelehr-
ten angenommen, daß ein im Anfang des eilften Monats
zur Welt gebohrnes Kind noch für rechtmäsig zu halten
sey; ob es gleich nicht an Rechtsgelehrten fehlt, welche
mit mehrern Grunde behaupten, daß Justinian das alte
Recht hierin nicht abgeändert habe 81).

Noch ist jedoch zu bemerken übrig, daß dasjenige,
so wir von dem zur Beurtheilung der rechtmäsigen Ge-
burt eines Kindes gesetzlich bestimmten Zeitpunct gesagt
haben, nur alsdann hauptsächlich seine Anwendung fin-
de, wenn hierüber ein Streit obwaltet, und die Frage
ist, was im Zweifel nach rechtlicher Vermuthung an-
zunehmen sey. Denn erkennt der Ehemann das ihm
von seiner rechtmäsigen Ehefrau gebohrne Kind für das
seinige, so hat es kein Bedenken, daß ein solches Kind
für ehelich und rechtmäsig zu achten sey, es mag zu einer
Zeit in der Ehe gebohren worden seyn, zu welcher es wolle 82).

In
80) cujacius ad Sent. Recept. Pauli lib. IV. Tit. 9. §. septi-
mo mense. fabrottus
in der oben angeführten Exerc. I.
p. 38. raguellus in Commentar. ad L. ult. C. de posthum.
hered. instit. carpzov Iurisprud. Forens. P. IV. Const. 27.
def. 15. gaertner meditat. pract. ad Pandect. Specim. I.
Obs. 61. Luc. van de poll
a. a. O. §. 13. S. 239. struv
Syntagm. iur. civ. h. t. Exerc. III. th.
4. u. a. m.
81) huber Praelect. ad Dig. h. t. §. 4. boehmer Introduct.
in ius Digestor. h. t.
§. 5.
82) voet in Commentar. ad Pandect. lib. I. Tit. VI. §. 5. Pla-
ne si quis ante nuptias in furtivos cum puella complexus ruens,
eam deinceps matrimonii vinculo legitime sibi sociaverit, nec
anticipata gaudia ipse diffiteatur; non dubium, quin vel con-
festim a nuptiis contrectis, aut ipso nuptiarum die editus, le-
gitimis liberis adscribendus sit, subsequente connubii foedere
omnem conceptionis maculam tollente.
Adde hofacker Prin-
cip. iuris civ. Rom. Germ. T. I. §. 544. fin.
und gaert-
ner
in Meditat. pract. ad Pandect. Spec. I. med.
59.
G 4

de Statu Hominum.
ſo wird nach der gemeinen Meinung 80) der Rechtsgelehr-
ten angenommen, daß ein im Anfang des eilften Monats
zur Welt gebohrnes Kind noch fuͤr rechtmaͤſig zu halten
ſey; ob es gleich nicht an Rechtsgelehrten fehlt, welche
mit mehrern Grunde behaupten, daß Juſtinian das alte
Recht hierin nicht abgeaͤndert habe 81).

Noch iſt jedoch zu bemerken uͤbrig, daß dasjenige,
ſo wir von dem zur Beurtheilung der rechtmaͤſigen Ge-
burt eines Kindes geſetzlich beſtimmten Zeitpunct geſagt
haben, nur alsdann hauptſaͤchlich ſeine Anwendung fin-
de, wenn hieruͤber ein Streit obwaltet, und die Frage
iſt, was im Zweifel nach rechtlicher Vermuthung an-
zunehmen ſey. Denn erkennt der Ehemann das ihm
von ſeiner rechtmaͤſigen Ehefrau gebohrne Kind fuͤr das
ſeinige, ſo hat es kein Bedenken, daß ein ſolches Kind
fuͤr ehelich und rechtmaͤſig zu achten ſey, es mag zu einer
Zeit in der Ehe gebohren worden ſeyn, zu welcher es wolle 82).

In
80) cujacius ad Sent. Recept. Pauli lib. IV. Tit. 9. §. ſepti-
mo menſe. fabrottus
in der oben angefuͤhrten Exerc. I.
p. 38. raguellus in Commentar. ad L. ult. C. de poſthum.
hered. inſtit. carpzov Iurisprud. Forens. P. IV. Conſt. 27.
def. 15. gaertner meditat. pract. ad Pandect. Specim. I.
Obſ. 61. Luc. van de poll
a. a. O. §. 13. S. 239. struv
Syntagm. iur. civ. h. t. Exerc. III. th.
4. u. a. m.
81) huber Praelect. ad Dig. h. t. §. 4. boehmer Introduct.
in ius Digeſtor. h. t.
§. 5.
82) voet in Commentar. ad Pandect. lib. I. Tit. VI. §. 5. Pla-
ne ſi quis ante nuptias in furtivos cum puella complexus ruens,
eam deinceps matrimonii vinculo legitime ſibi ſociaverit, nec
anticipata gaudia ipſe diffiteatur; non dubium, quin vel con-
feſtim a nuptiis contrectis, aut ipſo nuptiarum die editus, le-
gitimis liberis adſcribendus ſit, ſubſequente connubii foedere
omnem conceptionis maculam tollente.
Adde hofacker Prin-
cip. iuris civ. Rom. Germ. T. I. §. 544. fin.
und gaert-
ner
in Meditat. pract. ad Pandect. Spec. I. med.
59.
G 4
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[103/0117] de Statu Hominum. ſo wird nach der gemeinen Meinung 80) der Rechtsgelehr- ten angenommen, daß ein im Anfang des eilften Monats zur Welt gebohrnes Kind noch fuͤr rechtmaͤſig zu halten ſey; ob es gleich nicht an Rechtsgelehrten fehlt, welche mit mehrern Grunde behaupten, daß Juſtinian das alte Recht hierin nicht abgeaͤndert habe 81). Noch iſt jedoch zu bemerken uͤbrig, daß dasjenige, ſo wir von dem zur Beurtheilung der rechtmaͤſigen Ge- burt eines Kindes geſetzlich beſtimmten Zeitpunct geſagt haben, nur alsdann hauptſaͤchlich ſeine Anwendung fin- de, wenn hieruͤber ein Streit obwaltet, und die Frage iſt, was im Zweifel nach rechtlicher Vermuthung an- zunehmen ſey. Denn erkennt der Ehemann das ihm von ſeiner rechtmaͤſigen Ehefrau gebohrne Kind fuͤr das ſeinige, ſo hat es kein Bedenken, daß ein ſolches Kind fuͤr ehelich und rechtmaͤſig zu achten ſey, es mag zu einer Zeit in der Ehe gebohren worden ſeyn, zu welcher es wolle 82). In 80) cujacius ad Sent. Recept. Pauli lib. IV. Tit. 9. §. ſepti- mo menſe. fabrottus in der oben angefuͤhrten Exerc. I. p. 38. raguellus in Commentar. ad L. ult. C. de poſthum. hered. inſtit. carpzov Iurisprud. Forens. P. IV. Conſt. 27. def. 15. gaertner meditat. pract. ad Pandect. Specim. I. Obſ. 61. Luc. van de poll a. a. O. §. 13. S. 239. struv Syntagm. iur. civ. h. t. Exerc. III. th. 4. u. a. m. 81) huber Praelect. ad Dig. h. t. §. 4. boehmer Introduct. in ius Digeſtor. h. t. §. 5. 82) voet in Commentar. ad Pandect. lib. I. Tit. VI. §. 5. Pla- ne ſi quis ante nuptias in furtivos cum puella complexus ruens, eam deinceps matrimonii vinculo legitime ſibi ſociaverit, nec anticipata gaudia ipſe diffiteatur; non dubium, quin vel con- feſtim a nuptiis contrectis, aut ipſo nuptiarum die editus, le- gitimis liberis adſcribendus ſit, ſubſequente connubii foedere omnem conceptionis maculam tollente. Adde hofacker Prin- cip. iuris civ. Rom. Germ. T. I. §. 544. fin. und gaert- ner in Meditat. pract. ad Pandect. Spec. I. med. 59. G 4

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/117>, abgerufen am 13.05.2024.