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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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de Statu Hominum.
mit einem beständigen und unheilbaren Mangel behaftet,
oder sie laboriren nur an einem zeitigen Mangel der
Gesundheit. Im ersten Fall werden sie fehlerhafte,
oder gebrechliche Personen, untüchtige Leute;
(vitiosi) z. B. Krüppel, Taube, Stumme, Blinde u. d.
im andern Fall aber Kranke 42) genennt. Unvollkom-
mene in Ansehung der Seele, welche den völligen Ge-
brauch des Verstandes und der Vernunft nicht haben,
werden dementes 43) im weitläuftigen Sinn genennt, und
sind wieder sehr verschiedener Art. Denn der Mangel
der gesunden Vernunft, und die Verwirrung der Seelen-
kräfte hat verschiedene Grade, und es ist schwer, einen
richtigen Maaßstab zu finden, um die Grade des Verstan-
des und dessen Mangel, auch die Verdunkelung und Ver-
wirrung desselben deutlich zu bestimmen. Man pflegt sie
gemeiniglich in solche, die der Vernunft völlig beraubt
sind, und solche, die zwar Vernunft, aber nur im gerin-
gen Grade haben, einzutheilen. Erstere werden Sinn-
lose
, oder Wahnsinnige, mente capti 44), insani 45),

fa-
42) L. 101. §. 2. D. de Verb. Signif. wo morbus und vitium
so unterschieden werden, daß ersteres eine temporalis corpo-
ris imbecillitas,
letzteres aber ein perpetuum corporis impedi-
mentum
sey. Unterweilen nehmen jedoch die römischen Juri-
sten das Wert Morbus in einer so weitläuftigen Bedeutung,
daß es auch vitium mit unter sich begreift. S. coelius sa-
binus
in L. 1. §. 7. D. de aedilit. edicto,
und massurius
sabinus
beym Gellius Noct. Attic. IV. 2.
43) S. stryck Diss. de dementia et melancholia.
44) L. 9. C. de Impub. et aliis substitut. L. 25. C. de nupt.
festus de Verb. Signif. v. mente captus.
45) L. 7. §. 3. D. ad L. Iul. Majest. L. 1. Cod. si quis Imp.
maledix.
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de Statu Hominum.
mit einem beſtaͤndigen und unheilbaren Mangel behaftet,
oder ſie laboriren nur an einem zeitigen Mangel der
Geſundheit. Im erſten Fall werden ſie fehlerhafte,
oder gebrechliche Perſonen, untuͤchtige Leute;
(vitioſi) z. B. Kruͤppel, Taube, Stumme, Blinde u. d.
im andern Fall aber Kranke 42) genennt. Unvollkom-
mene in Anſehung der Seele, welche den voͤlligen Ge-
brauch des Verſtandes und der Vernunft nicht haben,
werden dementes 43) im weitlaͤuftigen Sinn genennt, und
ſind wieder ſehr verſchiedener Art. Denn der Mangel
der geſunden Vernunft, und die Verwirrung der Seelen-
kraͤfte hat verſchiedene Grade, und es iſt ſchwer, einen
richtigen Maaßſtab zu finden, um die Grade des Verſtan-
des und deſſen Mangel, auch die Verdunkelung und Ver-
wirrung deſſelben deutlich zu beſtimmen. Man pflegt ſie
gemeiniglich in ſolche, die der Vernunft voͤllig beraubt
ſind, und ſolche, die zwar Vernunft, aber nur im gerin-
gen Grade haben, einzutheilen. Erſtere werden Sinn-
loſe
, oder Wahnſinnige, mente capti 44), inſani 45),

fa-
42) L. 101. §. 2. D. de Verb. Signif. wo morbus und vitium
ſo unterſchieden werden, daß erſteres eine temporalis corpo-
ris imbecillitas,
letzteres aber ein perpetuum corporis impedi-
mentum
ſey. Unterweilen nehmen jedoch die roͤmiſchen Juri-
ſten das Wert Morbus in einer ſo weitlaͤuftigen Bedeutung,
daß es auch vitium mit unter ſich begreift. S. coelius sa-
binus
in L. 1. §. 7. D. de aedilit. edicto,
und massurius
sabinus
beym Gellius Noct. Attic. IV. 2.
43) S. stryck Diſſ. de dementia et melancholia.
44) L. 9. C. de Impub. et aliis ſubſtitut. L. 25. C. de nupt.
festus de Verb. Signif. v. mente captus.
45) L. 7. §. 3. D. ad L. Iul. Majeſt. L. 1. Cod. ſi quis Imp.
maledix.
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[121/0135] de Statu Hominum. mit einem beſtaͤndigen und unheilbaren Mangel behaftet, oder ſie laboriren nur an einem zeitigen Mangel der Geſundheit. Im erſten Fall werden ſie fehlerhafte, oder gebrechliche Perſonen, untuͤchtige Leute; (vitioſi) z. B. Kruͤppel, Taube, Stumme, Blinde u. d. im andern Fall aber Kranke 42) genennt. Unvollkom- mene in Anſehung der Seele, welche den voͤlligen Ge- brauch des Verſtandes und der Vernunft nicht haben, werden dementes 43) im weitlaͤuftigen Sinn genennt, und ſind wieder ſehr verſchiedener Art. Denn der Mangel der geſunden Vernunft, und die Verwirrung der Seelen- kraͤfte hat verſchiedene Grade, und es iſt ſchwer, einen richtigen Maaßſtab zu finden, um die Grade des Verſtan- des und deſſen Mangel, auch die Verdunkelung und Ver- wirrung deſſelben deutlich zu beſtimmen. Man pflegt ſie gemeiniglich in ſolche, die der Vernunft voͤllig beraubt ſind, und ſolche, die zwar Vernunft, aber nur im gerin- gen Grade haben, einzutheilen. Erſtere werden Sinn- loſe, oder Wahnſinnige, mente capti 44), inſani 45), fa- 42) L. 101. §. 2. D. de Verb. Signif. wo morbus und vitium ſo unterſchieden werden, daß erſteres eine temporalis corpo- ris imbecillitas, letzteres aber ein perpetuum corporis impedi- mentum ſey. Unterweilen nehmen jedoch die roͤmiſchen Juri- ſten das Wert Morbus in einer ſo weitlaͤuftigen Bedeutung, daß es auch vitium mit unter ſich begreift. S. coelius sa- binus in L. 1. §. 7. D. de aedilit. edicto, und massurius sabinus beym Gellius Noct. Attic. IV. 2. 43) S. stryck Diſſ. de dementia et melancholia. 44) L. 9. C. de Impub. et aliis ſubſtitut. L. 25. C. de nupt. festus de Verb. Signif. v. mente captus. 45) L. 7. §. 3. D. ad L. Iul. Majeſt. L. 1. Cod. ſi quis Imp. maledix. H 5

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/135>, abgerufen am 13.05.2024.