Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.de Statu Hominum. Denn die meisten Bauern waren ehemals Leibeigene.Als solche mußten sie ungemessene Dienste leisten. Durch ihre Loßlassung erhielten sie nun zwar ihre natürliche Freyheit, allein in Ansehung ihrer Pflichten und Schul- digkeiten wurde nichts geändert. Die Freygelassenen be- hielten die vorigen Güter unter der Bedingung, daß sie der Gutsherrschaft ferner dienen, und den bedungenen Zinnß fortgeben sollten. Unsere heutige Bauern besitzen diese Güter noch; also liegt ihnen auch die Obliegenheit zu Frohnen ob, weil dieselbe mit dem Besitz ihrer Güter und dem Bauernstand verknüpft ist. Aufhebung oder Einschränkung des Dienstes ist eine Aenderung und des Bauers Einwendung. Er muß sie also auch beweißen. Die Vermuthung streitet folglich immer für die Herr- schaft. Dieß sind die Gründe für die gemeine Meinung. Demungeachtet aber behaupten doch viel Rechtsgelehr- te 56) das Gegentheil, sie halten dafür, daß ein Herr seinen Bauern nur diejenigen Frohnen ansinnen dürfe, deren rechtlichen Erwerb er darthun könne. Die Ver- muthung sey also im zweifelhaften Fall nur für gemessene Dienste. Denn für die natürliche Freyheit streite die Ver- von Benekendorf Oecon. For. a. a. O. 9. Abschnitt §. 566. ff. Westphal teutsches Privatrecht I. Th. 32. Abh. §. 1. 2. 3. hofacker Principior. iuris civ. Rom. Germ. Tomi II. P. I. §. 1162. n. II. u. a. m. Daß diese Meinung auch in den Gerichten angenommen sey, bestärkt mauller in seiner Practica civili Marchica Res. 99. §. 70. mit verschiede- nen Erkenntnissen. 56) schroedter Diss. de notione rusticorum Germaniae §. XVIII.
seip Diss. de statu rusticor. ex medii aevi rationibus caute di- iudicando Cap. III. §. X. riccius in Spicilegio iuris germ S. 137. u. folgg. gemeinnützige iuristische Beobachtungen und Rechtsfälle von Gmelin und Elsäßer V. Band N. II. §. 24. Eichmann Erklärungen des bürgerlichen Rechts II. Th. S. 387. u. a. m. de Statu Hominum. Denn die meiſten Bauern waren ehemals Leibeigene.Als ſolche mußten ſie ungemeſſene Dienſte leiſten. Durch ihre Loßlaſſung erhielten ſie nun zwar ihre natuͤrliche Freyheit, allein in Anſehung ihrer Pflichten und Schul- digkeiten wurde nichts geaͤndert. Die Freygelaſſenen be- hielten die vorigen Guͤter unter der Bedingung, daß ſie der Gutsherrſchaft ferner dienen, und den bedungenen Zinnß fortgeben ſollten. Unſere heutige Bauern beſitzen dieſe Guͤter noch; alſo liegt ihnen auch die Obliegenheit zu Frohnen ob, weil dieſelbe mit dem Beſitz ihrer Guͤter und dem Bauernſtand verknuͤpft iſt. Aufhebung oder Einſchraͤnkung des Dienſtes iſt eine Aenderung und des Bauers Einwendung. Er muß ſie alſo auch beweißen. Die Vermuthung ſtreitet folglich immer fuͤr die Herr- ſchaft. Dieß ſind die Gruͤnde fuͤr die gemeine Meinung. Demungeachtet aber behaupten doch viel Rechtsgelehr- te 56) das Gegentheil, ſie halten dafuͤr, daß ein Herr ſeinen Bauern nur diejenigen Frohnen anſinnen duͤrfe, deren rechtlichen Erwerb er darthun koͤnne. Die Ver- muthung ſey alſo im zweifelhaften Fall nur fuͤr gemeſſene Dienſte. Denn fuͤr die natuͤrliche Freyheit ſtreite die Ver- von Benekendorf Oecon. For. a. a. O. 9. Abſchnitt §. 566. ff. Weſtphal teutſches Privatrecht I. Th. 32. Abh. §. 1. 2. 3. hofacker Principior. iuris civ. Rom. Germ. Tomi II. P. I. §. 1162. n. II. u. a. m. Daß dieſe Meinung auch in den Gerichten angenommen ſey, beſtaͤrkt mûller in ſeiner Practica civili Marchica Reſ. 99. §. 70. mit verſchiede- nen Erkenntniſſen. 56) schroedter Diſſ. de notione ruſticorum Germaniae §. XVIII.
seip Diſſ. de ſtatu ruſticor. ex medii aevi rationibus caute di- iudicando Cap. III. §. X. riccius in Spicilegio iuris germ S. 137. u. folgg. gemeinnuͤtzige iuriſtiſche Beobachtungen und Rechtsfaͤlle von Gmelin und Elſaͤßer V. Band N. II. §. 24. Eichmann Erklaͤrungen des buͤrgerlichen Rechts II. Th. S. 387. u. a. m. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0171" n="157"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">de Statu Hominum.</hi></fw><lb/> Denn die meiſten Bauern waren ehemals Leibeigene.<lb/> Als ſolche mußten ſie ungemeſſene Dienſte leiſten. Durch<lb/> ihre Loßlaſſung erhielten ſie nun zwar ihre natuͤrliche<lb/> Freyheit, allein in Anſehung ihrer Pflichten und Schul-<lb/> digkeiten wurde nichts geaͤndert. Die Freygelaſſenen be-<lb/> hielten die vorigen Guͤter unter der Bedingung, daß ſie<lb/> der Gutsherrſchaft ferner dienen, und den bedungenen<lb/> Zinnß fortgeben ſollten. Unſere heutige Bauern beſitzen<lb/> dieſe Guͤter noch; alſo liegt ihnen auch die Obliegenheit<lb/> zu Frohnen ob, weil dieſelbe mit dem Beſitz ihrer Guͤter<lb/> und dem Bauernſtand verknuͤpft iſt. Aufhebung oder<lb/> Einſchraͤnkung des Dienſtes iſt eine Aenderung und des<lb/> Bauers Einwendung. Er muß ſie alſo auch beweißen.<lb/> Die Vermuthung ſtreitet folglich immer fuͤr die Herr-<lb/> ſchaft. Dieß ſind die Gruͤnde fuͤr die gemeine Meinung.<lb/> Demungeachtet aber behaupten doch viel Rechtsgelehr-<lb/> te <note place="foot" n="56)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">schroedter</hi> Diſſ. de notione ruſticorum Germaniae §. XVIII.<lb/><hi rendition="#k">seip</hi> Diſſ. de ſtatu ruſticor. ex medii aevi rationibus caute di-<lb/> iudicando Cap. III. §. X. <hi rendition="#k">riccius</hi> in Spicilegio iuris germ</hi><lb/> S. 137. u. folgg. gemeinnuͤtzige iuriſtiſche Beobachtungen und<lb/> Rechtsfaͤlle von <hi rendition="#g">Gmelin</hi> und <hi rendition="#g">Elſaͤßer</hi> <hi rendition="#aq">V.</hi> Band <hi rendition="#aq">N. II.</hi><lb/> §. 24. <hi rendition="#g">Eichmann</hi> Erklaͤrungen des buͤrgerlichen Rechts<lb/><hi rendition="#aq">II.</hi> Th. S. 387. u. a. m.</note> das Gegentheil, ſie halten dafuͤr, daß ein Herr<lb/> ſeinen Bauern nur diejenigen Frohnen anſinnen duͤrfe,<lb/> deren rechtlichen Erwerb er darthun koͤnne. Die Ver-<lb/> muthung ſey alſo im zweifelhaften Fall nur fuͤr gemeſſene<lb/> Dienſte. Denn fuͤr die natuͤrliche Freyheit ſtreite die<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Ver-</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_29_2" prev="#seg2pn_29_1" place="foot" n="55)">von <hi rendition="#g">Benekendorf</hi> <hi rendition="#aq">Oecon. For.</hi> a. a. O. 9. Abſchnitt<lb/> §. 566. ff. <hi rendition="#g">Weſtphal</hi> teutſches Privatrecht <hi rendition="#aq">I.</hi> Th. 32. Abh.<lb/> §. 1. 2. 3. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">hofacker</hi> Principior. iuris civ. Rom. Germ.<lb/> Tomi II. P. I. §. 1162. n. II.</hi> u. a. m. Daß dieſe Meinung<lb/> auch in den Gerichten angenommen ſey, beſtaͤrkt <hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">mûller</hi></hi> in<lb/> ſeiner <hi rendition="#aq">Practica civili Marchica Reſ.</hi> 99. §. 70. mit verſchiede-<lb/> nen Erkenntniſſen.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [157/0171]
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Freyheit, allein in Anſehung ihrer Pflichten und Schul-
digkeiten wurde nichts geaͤndert. Die Freygelaſſenen be-
hielten die vorigen Guͤter unter der Bedingung, daß ſie
der Gutsherrſchaft ferner dienen, und den bedungenen
Zinnß fortgeben ſollten. Unſere heutige Bauern beſitzen
dieſe Guͤter noch; alſo liegt ihnen auch die Obliegenheit
zu Frohnen ob, weil dieſelbe mit dem Beſitz ihrer Guͤter
und dem Bauernſtand verknuͤpft iſt. Aufhebung oder
Einſchraͤnkung des Dienſtes iſt eine Aenderung und des
Bauers Einwendung. Er muß ſie alſo auch beweißen.
Die Vermuthung ſtreitet folglich immer fuͤr die Herr-
ſchaft. Dieß ſind die Gruͤnde fuͤr die gemeine Meinung.
Demungeachtet aber behaupten doch viel Rechtsgelehr-
te 56) das Gegentheil, ſie halten dafuͤr, daß ein Herr
ſeinen Bauern nur diejenigen Frohnen anſinnen duͤrfe,
deren rechtlichen Erwerb er darthun koͤnne. Die Ver-
muthung ſey alſo im zweifelhaften Fall nur fuͤr gemeſſene
Dienſte. Denn fuͤr die natuͤrliche Freyheit ſtreite die
Ver-
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56) schroedter Diſſ. de notione ruſticorum Germaniae §. XVIII.
seip Diſſ. de ſtatu ruſticor. ex medii aevi rationibus caute di-
iudicando Cap. III. §. X. riccius in Spicilegio iuris germ
S. 137. u. folgg. gemeinnuͤtzige iuriſtiſche Beobachtungen und
Rechtsfaͤlle von Gmelin und Elſaͤßer V. Band N. II.
§. 24. Eichmann Erklaͤrungen des buͤrgerlichen Rechts
II. Th. S. 387. u. a. m.
55) von Benekendorf Oecon. For. a. a. O. 9. Abſchnitt
§. 566. ff. Weſtphal teutſches Privatrecht I. Th. 32. Abh.
§. 1. 2. 3. hofacker Principior. iuris civ. Rom. Germ.
Tomi II. P. I. §. 1162. n. II. u. a. m. Daß dieſe Meinung
auch in den Gerichten angenommen ſey, beſtaͤrkt mûller in
ſeiner Practica civili Marchica Reſ. 99. §. 70. mit verſchiede-
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