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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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De his, qui sui vel alieni iuris sunt.
re Ahndungen ankömmt, so ist die Hülfe der Obrigkeit
zu suchen. Diese muß zwar das Urtheil der Eltern an-
erkennen, wenn es gelinder ist, als die sonst in den Ge-
tzen bestimmte Strafe. Härtere Urtheile aber sind nach
den Gesetzen zu ermäßigen. Dies setzt jedoch voraus,
daß die geklagte Vergehung erwiesen sey; und die bloße
Anzeige der Eltern, (welche zwar eine, dem halben Be-
weiß gleich kommende, Präsumtion wirkt) darf dem Rich-
rer in so wichtigen Fällen nicht zum alleinigen Anhalt
dienen 100). Es ist daher eine ganz irrige Meinung ei-
niger Rechtslehrer 1), ob ihnen gleich unser Auctor bey-
pflichtet, daß die Eltern befugt wären, die Einsperrung
ihres Kindes in ein Zuchthaus, ohne vorherige richter-
liche Untersuchung und Erkenntniß zu verlangen, welche
von neueren Rechtsgelehrten mit Recht verworfen wird 2).
Wenn ein dritter beleidigter Bürger als Ankläger gegen
ein Kind auftritt, welches schon in dem Alter steht, da
ihm Verbrechen zugerechnet werden können; so ist selbi-
ges von den Eltern zur gesetzmäsigen Ahndung auszulie-
fern. Die Obrigkeit darf ihnen dieses Strafrecht um
so weniger einräumen, da es gewissermaßen ihnen zur
Last zu legen ist, wenn das schon zu den Jahren der Ver-
nunft gelangte Kind, welches sie zur Beobachtung selbst
der unvollkommenen Pflichten des Bürgers beständig an-
führen sollten, sogar die heiligen Rechte des Menschen
und des Bürgers verletzt 3). Ja die Eltern verdienen
selbst darüber angesehen und bestraft zu werden, wenn

sie
100) von Globig Preißschrift S. 94.
1) leyser meditat. ad Pand. Spec. XVII. m. 3.
2) de selchow Elem. iuris german. privati §. 491. von Glo-
big
Preißschrift S. 94. Schott Einleitung in das Ehe-
recht §. 189. not. *** S. 427.
3) von Globig Preißschrift S. 92.
P 3

De his, qui ſui vel alieni iuris ſunt.
re Ahndungen ankoͤmmt, ſo iſt die Huͤlfe der Obrigkeit
zu ſuchen. Dieſe muß zwar das Urtheil der Eltern an-
erkennen, wenn es gelinder iſt, als die ſonſt in den Ge-
tzen beſtimmte Strafe. Haͤrtere Urtheile aber ſind nach
den Geſetzen zu ermaͤßigen. Dies ſetzt jedoch voraus,
daß die geklagte Vergehung erwieſen ſey; und die bloße
Anzeige der Eltern, (welche zwar eine, dem halben Be-
weiß gleich kommende, Praͤſumtion wirkt) darf dem Rich-
rer in ſo wichtigen Faͤllen nicht zum alleinigen Anhalt
dienen 100). Es iſt daher eine ganz irrige Meinung ei-
niger Rechtslehrer 1), ob ihnen gleich unſer Auctor bey-
pflichtet, daß die Eltern befugt waͤren, die Einſperrung
ihres Kindes in ein Zuchthaus, ohne vorherige richter-
liche Unterſuchung und Erkenntniß zu verlangen, welche
von neueren Rechtsgelehrten mit Recht verworfen wird 2).
Wenn ein dritter beleidigter Buͤrger als Anklaͤger gegen
ein Kind auftritt, welches ſchon in dem Alter ſteht, da
ihm Verbrechen zugerechnet werden koͤnnen; ſo iſt ſelbi-
ges von den Eltern zur geſetzmaͤſigen Ahndung auszulie-
fern. Die Obrigkeit darf ihnen dieſes Strafrecht um
ſo weniger einraͤumen, da es gewiſſermaßen ihnen zur
Laſt zu legen iſt, wenn das ſchon zu den Jahren der Ver-
nunft gelangte Kind, welches ſie zur Beobachtung ſelbſt
der unvollkommenen Pflichten des Buͤrgers beſtaͤndig an-
fuͤhren ſollten, ſogar die heiligen Rechte des Menſchen
und des Buͤrgers verletzt 3). Ja die Eltern verdienen
ſelbſt daruͤber angeſehen und beſtraft zu werden, wenn

ſie
100) von Globig Preißſchrift S. 94.
1) leyser meditat. ad Pand. Spec. XVII. m. 3.
2) de selchow Elem. iuris german. privati §. 491. von Glo-
big
Preißſchrift S. 94. Schott Einleitung in das Ehe-
recht §. 189. not. *** S. 427.
3) von Globig Preißſchrift S. 92.
P 3
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[229/0243] De his, qui ſui vel alieni iuris ſunt. re Ahndungen ankoͤmmt, ſo iſt die Huͤlfe der Obrigkeit zu ſuchen. Dieſe muß zwar das Urtheil der Eltern an- erkennen, wenn es gelinder iſt, als die ſonſt in den Ge- tzen beſtimmte Strafe. Haͤrtere Urtheile aber ſind nach den Geſetzen zu ermaͤßigen. Dies ſetzt jedoch voraus, daß die geklagte Vergehung erwieſen ſey; und die bloße Anzeige der Eltern, (welche zwar eine, dem halben Be- weiß gleich kommende, Praͤſumtion wirkt) darf dem Rich- rer in ſo wichtigen Faͤllen nicht zum alleinigen Anhalt dienen 100). Es iſt daher eine ganz irrige Meinung ei- niger Rechtslehrer 1), ob ihnen gleich unſer Auctor bey- pflichtet, daß die Eltern befugt waͤren, die Einſperrung ihres Kindes in ein Zuchthaus, ohne vorherige richter- liche Unterſuchung und Erkenntniß zu verlangen, welche von neueren Rechtsgelehrten mit Recht verworfen wird 2). Wenn ein dritter beleidigter Buͤrger als Anklaͤger gegen ein Kind auftritt, welches ſchon in dem Alter ſteht, da ihm Verbrechen zugerechnet werden koͤnnen; ſo iſt ſelbi- ges von den Eltern zur geſetzmaͤſigen Ahndung auszulie- fern. Die Obrigkeit darf ihnen dieſes Strafrecht um ſo weniger einraͤumen, da es gewiſſermaßen ihnen zur Laſt zu legen iſt, wenn das ſchon zu den Jahren der Ver- nunft gelangte Kind, welches ſie zur Beobachtung ſelbſt der unvollkommenen Pflichten des Buͤrgers beſtaͤndig an- fuͤhren ſollten, ſogar die heiligen Rechte des Menſchen und des Buͤrgers verletzt 3). Ja die Eltern verdienen ſelbſt daruͤber angeſehen und beſtraft zu werden, wenn ſie 100) von Globig Preißſchrift S. 94. 1) leyser meditat. ad Pand. Spec. XVII. m. 3. 2) de selchow Elem. iuris german. privati §. 491. von Glo- big Preißſchrift S. 94. Schott Einleitung in das Ehe- recht §. 189. not. *** S. 427. 3) von Globig Preißſchrift S. 92. P 3

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/243>, abgerufen am 23.11.2024.