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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 4. Tit. §. 105.
Ausnahme, wenn das ältere Privilegium nur auf eine
widerrufliche Art wäre verliehen worden, in wel-
chem Fall alsdann dasselbe durch die Ertheilung des
neuern für aufgehoben gehalten werden muß. Im zwey-
ten, aber fast undenkbaren, Fall, wenn beyde Privile-
gien zu gleicher Zeit ertheilet worden, würde kein Grund
vorhanden seyn, weshalb einer dem andern die Ausübung
seines Privilegiums verwehren könnte, vielmehr müssen
sodann beyde Theile gegen einander nach gemeinem Rech-
te beurtheilet werden; das heißt hier, sie bedienen sich bey-
de ihres Privilegiums in so fern, daß sie sich zwar einan-
der nicht, aber doch alle andern von eben dem Rechte
ausschliessen. Können die Partheyen sich hierüber in
Güte nicht vereinigen; so thun sie, statt einen Proceß
deßhalb anzufangen, besser, wenn sie sich supplicirend an
den Landesherrn unmittelbar wenden, und um höchste Be-
stimmung, wie es bey vorwaltender Collision mit der
Ausübung ihrer Privilegien gehalten werden solle, an-
suchen 50).

Ich schreite nun zu der Lehre von der Concurrenz
der sogenannten besondern Rechte, wohin z. B. die
Rechte der Minderjährigen, Kirchen, Frauenspersonen,
u. s. w. gehören 51). Auch hier können wir zur Regel
annehmen, daß derjenige, welchem ein besonderes Recht
zustehet, sich desselben gegen den andern, der eine

glei-
50) Richtig schreibt daher bastineller a. a. O. §. 16. Haec
(se quomodo privilegiorum collisio tollenda vel temperanda)
cum ad curam et officium Principis pertineant, consequitur,
Principem hac de causa duntaxat adeundum esse suppliciter,
non litem intendi oportere privatam privilegio, iuste in exer-
citio suo collidenti.
51) S. hartleben Meditat. ad Pandect. Spec. XIII. med. 8.

1. Buch. 4. Tit. §. 105.
Ausnahme, wenn das aͤltere Privilegium nur auf eine
widerrufliche Art waͤre verliehen worden, in wel-
chem Fall alsdann daſſelbe durch die Ertheilung des
neuern fuͤr aufgehoben gehalten werden muß. Im zwey-
ten, aber faſt undenkbaren, Fall, wenn beyde Privile-
gien zu gleicher Zeit ertheilet worden, wuͤrde kein Grund
vorhanden ſeyn, weshalb einer dem andern die Ausuͤbung
ſeines Privilegiums verwehren koͤnnte, vielmehr muͤſſen
ſodann beyde Theile gegen einander nach gemeinem Rech-
te beurtheilet werden; das heißt hier, ſie bedienen ſich bey-
de ihres Privilegiums in ſo fern, daß ſie ſich zwar einan-
der nicht, aber doch alle andern von eben dem Rechte
ausſchlieſſen. Koͤnnen die Partheyen ſich hieruͤber in
Guͤte nicht vereinigen; ſo thun ſie, ſtatt einen Proceß
deßhalb anzufangen, beſſer, wenn ſie ſich ſupplicirend an
den Landesherrn unmittelbar wenden, und um hoͤchſte Be-
ſtimmung, wie es bey vorwaltender Colliſion mit der
Ausuͤbung ihrer Privilegien gehalten werden ſolle, an-
ſuchen 50).

Ich ſchreite nun zu der Lehre von der Concurrenz
der ſogenannten beſondern Rechte, wohin z. B. die
Rechte der Minderjaͤhrigen, Kirchen, Frauensperſonen,
u. ſ. w. gehoͤren 51). Auch hier koͤnnen wir zur Regel
annehmen, daß derjenige, welchem ein beſonderes Recht
zuſtehet, ſich deſſelben gegen den andern, der eine

glei-
50) Richtig ſchreibt daher bastineller a. a. O. §. 16. Haec
(ſe quomodo privilegiorum colliſio tollenda vel temperanda)
cum ad curam et officium Principis pertineant, conſequitur,
Principem hac de cauſa duntaxat adeundum eſſe ſuppliciter,
non litem intendi oportere privatam privilegio, iuſte in exer-
citio ſuo collidenti.
51) S. hartleben Meditat. ad Pandect. Spec. XIII. med. 8.
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[20/0034] 1. Buch. 4. Tit. §. 105. Ausnahme, wenn das aͤltere Privilegium nur auf eine widerrufliche Art waͤre verliehen worden, in wel- chem Fall alsdann daſſelbe durch die Ertheilung des neuern fuͤr aufgehoben gehalten werden muß. Im zwey- ten, aber faſt undenkbaren, Fall, wenn beyde Privile- gien zu gleicher Zeit ertheilet worden, wuͤrde kein Grund vorhanden ſeyn, weshalb einer dem andern die Ausuͤbung ſeines Privilegiums verwehren koͤnnte, vielmehr muͤſſen ſodann beyde Theile gegen einander nach gemeinem Rech- te beurtheilet werden; das heißt hier, ſie bedienen ſich bey- de ihres Privilegiums in ſo fern, daß ſie ſich zwar einan- der nicht, aber doch alle andern von eben dem Rechte ausſchlieſſen. Koͤnnen die Partheyen ſich hieruͤber in Guͤte nicht vereinigen; ſo thun ſie, ſtatt einen Proceß deßhalb anzufangen, beſſer, wenn ſie ſich ſupplicirend an den Landesherrn unmittelbar wenden, und um hoͤchſte Be- ſtimmung, wie es bey vorwaltender Colliſion mit der Ausuͤbung ihrer Privilegien gehalten werden ſolle, an- ſuchen 50). Ich ſchreite nun zu der Lehre von der Concurrenz der ſogenannten beſondern Rechte, wohin z. B. die Rechte der Minderjaͤhrigen, Kirchen, Frauensperſonen, u. ſ. w. gehoͤren 51). Auch hier koͤnnen wir zur Regel annehmen, daß derjenige, welchem ein beſonderes Recht zuſtehet, ſich deſſelben gegen den andern, der eine glei- 50) Richtig ſchreibt daher bastineller a. a. O. §. 16. Haec (ſe quomodo privilegiorum colliſio tollenda vel temperanda) cum ad curam et officium Principis pertineant, conſequitur, Principem hac de cauſa duntaxat adeundum eſſe ſuppliciter, non litem intendi oportere privatam privilegio, iuſte in exer- citio ſuo collidenti. 51) S. hartleben Meditat. ad Pandect. Spec. XIII. med. 8.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/34>, abgerufen am 23.11.2024.