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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 8. Tit. §. 169.
so daß man auf diesen anlanden und austreten, die Schif-
fe anlegen, sie ausbessern, die Netze trocknen, einen Ver-
schlag zu einem kurzen Aufenthalt sich daselbst machen
kann u. s. w. 25). Allein im Ganzen findet keine Occu-
pation statt. Daß jedoch Theile des Seeufers zum Ei-
genthum des Staats gehören, und so fern sie noch von
Niemanden occupirt sind, auch durch Anbau ein Eigen-
thum einzelner Privatpersonen werden können, lehren uns
selbst die römischen Gesetze. So z. B. sagt Celsus 26):
Litora, in quae populus Romanus imperium habet, populi Ro-
mani esse arbitror;
und Paulus 27) nennt das Seeufer
litus publicum, mit dem Beyfügen, daß wer einen Bau
auf solchem Ufer anlegen wolle, eine Erlaubniß auswir-
ken müsse. Dahingegen sagt Ulpian 28): Quodsi quis in
mare vel in litore aedificet, licet in suo non aedificet, iure
tamen gentium suum facit;
und Scävola 29): In litore
iure gentium aedificare licet, nisi usus publicus impediret.
Es
darf also nur durch Anlegung eines Baues an dem Ufer
der See der gemeine Gebrauch des Ufers nicht gehindert
werden, dann bleibt der Platz so lange den Anbauer,
als der Bau stehet. Alioquin sagt Marcian 30), aedi-
ficio dilapso, quasi iure postliminii revertitur locus in pristi-

nam
nisse des Vegetius, Apulejus und Isidorus, daß
das Ungestüm und Aufbrausen des Meeres zur Winterszeit
am größesten sey.
25) §. 5. I. h. t. L. 51. D. de contr. emt. vendit. L. 1. C. de
naufrag.
26) L. 3. pr. D. ne quid in loc. publ. westphal cit. Inter-
pretat. de libert. et servit. praedior.
§. 167.
27) L 50. D. de acquir. rer. dominio.
28) L. 1. §. 18. D. de operis novi nunciat.
29) L. 4. D ne quid in loco publico.
30) L. 6. pr. D. h. t. L. 14. §. 1. D. de acquir. rer. dom.

1. Buch. 8. Tit. §. 169.
ſo daß man auf dieſen anlanden und austreten, die Schif-
fe anlegen, ſie ausbeſſern, die Netze trocknen, einen Ver-
ſchlag zu einem kurzen Aufenthalt ſich daſelbſt machen
kann u. ſ. w. 25). Allein im Ganzen findet keine Occu-
pation ſtatt. Daß jedoch Theile des Seeufers zum Ei-
genthum des Staats gehoͤren, und ſo fern ſie noch von
Niemanden occupirt ſind, auch durch Anbau ein Eigen-
thum einzelner Privatperſonen werden koͤnnen, lehren uns
ſelbſt die roͤmiſchen Geſetze. So z. B. ſagt Celſus 26):
Litora, in quae populus Romanus imperium habet, populi Ro-
mani eſſe arbitror;
und Paulus 27) nennt das Seeufer
litus publicum, mit dem Beyfuͤgen, daß wer einen Bau
auf ſolchem Ufer anlegen wolle, eine Erlaubniß auswir-
ken muͤſſe. Dahingegen ſagt Ulpian 28): Quodſi quis in
mare vel in litore aedificet, licet in ſuo non aedificet, iure
tamen gentium ſuum facit;
und Scaͤvola 29): In litore
iure gentium aedificare licet, niſi uſus publicus impediret.
Es
darf alſo nur durch Anlegung eines Baues an dem Ufer
der See der gemeine Gebrauch des Ufers nicht gehindert
werden, dann bleibt der Platz ſo lange den Anbauer,
als der Bau ſtehet. Alioquin ſagt Marcian 30), aedi-
ficio dilapſo, quaſi iure poſtliminii revertitur locus in priſti-

nam
niſſe des Vegetius, Apulejus und Iſidorus, daß
das Ungeſtuͤm und Aufbrauſen des Meeres zur Winterszeit
am groͤßeſten ſey.
25) §. 5. I. h. t. L. 51. D. de contr. emt. vendit. L. 1. C. de
naufrag.
26) L. 3. pr. D. ne quid in loc. publ. westphal cit. Inter-
pretat. de libert. et ſervit. praedior.
§. 167.
27) L 50. D. de acquir. rer. dominio.
28) L. 1. §. 18. D. de operis novi nunciat.
29) L. 4. D ne quid in loco publico.
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[442/0456] 1. Buch. 8. Tit. §. 169. ſo daß man auf dieſen anlanden und austreten, die Schif- fe anlegen, ſie ausbeſſern, die Netze trocknen, einen Ver- ſchlag zu einem kurzen Aufenthalt ſich daſelbſt machen kann u. ſ. w. 25). Allein im Ganzen findet keine Occu- pation ſtatt. Daß jedoch Theile des Seeufers zum Ei- genthum des Staats gehoͤren, und ſo fern ſie noch von Niemanden occupirt ſind, auch durch Anbau ein Eigen- thum einzelner Privatperſonen werden koͤnnen, lehren uns ſelbſt die roͤmiſchen Geſetze. So z. B. ſagt Celſus 26): Litora, in quae populus Romanus imperium habet, populi Ro- mani eſſe arbitror; und Paulus 27) nennt das Seeufer litus publicum, mit dem Beyfuͤgen, daß wer einen Bau auf ſolchem Ufer anlegen wolle, eine Erlaubniß auswir- ken muͤſſe. Dahingegen ſagt Ulpian 28): Quodſi quis in mare vel in litore aedificet, licet in ſuo non aedificet, iure tamen gentium ſuum facit; und Scaͤvola 29): In litore iure gentium aedificare licet, niſi uſus publicus impediret. Es darf alſo nur durch Anlegung eines Baues an dem Ufer der See der gemeine Gebrauch des Ufers nicht gehindert werden, dann bleibt der Platz ſo lange den Anbauer, als der Bau ſtehet. Alioquin ſagt Marcian 30), aedi- ficio dilapſo, quaſi iure poſtliminii revertitur locus in priſti- nam 24) 25) §. 5. I. h. t. L. 51. D. de contr. emt. vendit. L. 1. C. de naufrag. 26) L. 3. pr. D. ne quid in loc. publ. westphal cit. Inter- pretat. de libert. et ſervit. praedior. §. 167. 27) L 50. D. de acquir. rer. dominio. 28) L. 1. §. 18. D. de operis novi nunciat. 29) L. 4. D ne quid in loco publico. 30) L. 6. pr. D. h. t. L. 14. §. 1. D. de acquir. rer. dom. 24) niſſe des Vegetius, Apulejus und Iſidorus, daß das Ungeſtuͤm und Aufbrauſen des Meeres zur Winterszeit am groͤßeſten ſey.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/456>, abgerufen am 20.05.2024.