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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 8. Tit. §. 181.

4) Daß der Schuldner, welcher eine Sache zum
Unterpfand gegeben, in Rücksicht auf Usucapion noch für
den Besitzer gehalten werde 45).

5) Daß man durch einen Gevollmächtigten den Be-
sitz auch ohne sein Wissen erlangen könne 46). Das
heißt: wenn mein Anwald dem Auftrage gemäß sich hat
die Sache übergeben lassen, so erhalte ich hierdurch den
Besitz, wenn ich auch gleich von der nun wirklich ge-
schehenen Uebergabe noch weiter nichts erfahren habe.
Desgleichen wenn ich jemanden nur die Abschließung ei-
nes Kaufs übertragen, wegen der Besitznehmung hinge-
gen und Uebergabe ihm nichts ausdrücklich gesagt habe,
mein Anwald aber dennoch ohne meinen besondern Auf-
trag sich den Besitz der gekauften Sache eingeben lassen,
so erhalte ich doch dadurch den Besitz auch ohne mein
Wissen. Auch dieser Satz ist zum gemeinem Be-
sten
angenommen, um üble Folgen zu verhüten 47).



6) Daß
te hoc esse relictum, ne langnor animi damnum etiam in bo-
nis adferat.
Statt relictum ließt Cujaz receptum; Byn-
kershök
Observat. Iur. Rom. lib. VII. c. 25. aber relatum.
45) L. 1. §. 15. L. 36. D. de acquir. vel amitt. possess. L. 16.
L. 33. §. 4. D. de usurpat. et Usucap.
46) L. 34. §. 1. L. 49. §. 2. D. de acquir. vel amitt. possess.
L. 1. C. de acquir et retin. possess.
Conf.
Westphal in dem
angef. System §. 131. und §. 141.
47) L. 1. C. de acquir. et ret. possess. sagt dieses nicht undeut-
lich: Per liberam personam ignoranti quoque acquiri possessio-
nem, et postquam scientia intervenerit, usueapionis conditio-
nem inchoari posse, tam ratione vtilitatis, quam jurispruden-
tia receptum est.
Hr. Prof. Westphal in dem angeführ-
ten System §. 141. am Ende glaubt, das Wort Iurispru-
dentia
müsse hier durch Rechtsklugheit übersetzt werden.
Allein
1. Buch. 8. Tit. §. 181.

4) Daß der Schuldner, welcher eine Sache zum
Unterpfand gegeben, in Ruͤckſicht auf Uſucapion noch fuͤr
den Beſitzer gehalten werde 45).

5) Daß man durch einen Gevollmaͤchtigten den Be-
ſitz auch ohne ſein Wiſſen erlangen koͤnne 46). Das
heißt: wenn mein Anwald dem Auftrage gemaͤß ſich hat
die Sache uͤbergeben laſſen, ſo erhalte ich hierdurch den
Beſitz, wenn ich auch gleich von der nun wirklich ge-
ſchehenen Uebergabe noch weiter nichts erfahren habe.
Desgleichen wenn ich jemanden nur die Abſchließung ei-
nes Kaufs uͤbertragen, wegen der Beſitznehmung hinge-
gen und Uebergabe ihm nichts ausdruͤcklich geſagt habe,
mein Anwald aber dennoch ohne meinen beſondern Auf-
trag ſich den Beſitz der gekauften Sache eingeben laſſen,
ſo erhalte ich doch dadurch den Beſitz auch ohne mein
Wiſſen. Auch dieſer Satz iſt zum gemeinem Be-
ſten
angenommen, um uͤble Folgen zu verhuͤten 47).



6) Daß
te hoc eſſe relictum, ne langnor animi damnum etiam in bo-
nis adferat.
Statt relictum ließt Cujaz receptum; Byn-
kershoͤk
Obſervat. Iur. Rom. lib. VII. c. 25. aber relatum.
45) L. 1. §. 15. L. 36. D. de acquir. vel amitt. poſſeſſ. L. 16.
L. 33. §. 4. D. de uſurpat. et Uſucap.
46) L. 34. §. 1. L. 49. §. 2. D. de acquir. vel amitt. poſſeſſ.
L. 1. C. de acquir et retin. poſſeſſ.
Conf.
Weſtphal in dem
angef. Syſtem §. 131. und §. 141.
47) L. 1. C. de acquir. et ret. poſſeſſ. ſagt dieſes nicht undeut-
lich: Per liberam perſonam ignoranti quoque acquiri poſſeſſio-
nem, et poſtquam ſcientia intervenerit, uſueapionis conditio-
nem inchoari poſſe, tam ratione vtilitatis, quam jurispruden-
tia receptum eſt.
Hr. Prof. Weſtphal in dem angefuͤhr-
ten Syſtem §. 141. am Ende glaubt, das Wort Iurispru-
dentia
muͤſſe hier durch Rechtsklugheit uͤberſetzt werden.
Allein
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[538/0552] 1. Buch. 8. Tit. §. 181. 4) Daß der Schuldner, welcher eine Sache zum Unterpfand gegeben, in Ruͤckſicht auf Uſucapion noch fuͤr den Beſitzer gehalten werde 45). 5) Daß man durch einen Gevollmaͤchtigten den Be- ſitz auch ohne ſein Wiſſen erlangen koͤnne 46). Das heißt: wenn mein Anwald dem Auftrage gemaͤß ſich hat die Sache uͤbergeben laſſen, ſo erhalte ich hierdurch den Beſitz, wenn ich auch gleich von der nun wirklich ge- ſchehenen Uebergabe noch weiter nichts erfahren habe. Desgleichen wenn ich jemanden nur die Abſchließung ei- nes Kaufs uͤbertragen, wegen der Beſitznehmung hinge- gen und Uebergabe ihm nichts ausdruͤcklich geſagt habe, mein Anwald aber dennoch ohne meinen beſondern Auf- trag ſich den Beſitz der gekauften Sache eingeben laſſen, ſo erhalte ich doch dadurch den Beſitz auch ohne mein Wiſſen. Auch dieſer Satz iſt zum gemeinem Be- ſten angenommen, um uͤble Folgen zu verhuͤten 47). 6) Daß 44) 45) L. 1. §. 15. L. 36. D. de acquir. vel amitt. poſſeſſ. L. 16. L. 33. §. 4. D. de uſurpat. et Uſucap. 46) L. 34. §. 1. L. 49. §. 2. D. de acquir. vel amitt. poſſeſſ. L. 1. C. de acquir et retin. poſſeſſ. Conf. Weſtphal in dem angef. Syſtem §. 131. und §. 141. 47) L. 1. C. de acquir. et ret. poſſeſſ. ſagt dieſes nicht undeut- lich: Per liberam perſonam ignoranti quoque acquiri poſſeſſio- nem, et poſtquam ſcientia intervenerit, uſueapionis conditio- nem inchoari poſſe, tam ratione vtilitatis, quam jurispruden- tia receptum eſt. Hr. Prof. Weſtphal in dem angefuͤhr- ten Syſtem §. 141. am Ende glaubt, das Wort Iurispru- dentia muͤſſe hier durch Rechtsklugheit uͤberſetzt werden. Allein 44) te hoc eſſe relictum, ne langnor animi damnum etiam in bo- nis adferat. Statt relictum ließt Cujaz receptum; Byn- kershoͤk Obſervat. Iur. Rom. lib. VII. c. 25. aber relatum.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/552>, abgerufen am 23.11.2024.