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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 5. Tit. §. 113.
Verbindlichkeiten im Staat wirken, so nahmen die Rö-
mer doch nur dreyerley Hauptgattungen an, und theil-
ten daher den statum civilem ein in statum libertatis, civi-
tatis,
und familiae, je nachdem Jemand entweder ein freyer
Mensch, oder ein Bürger, oder ein Mitglied einer gewis-
sen Familie ist, er sey nun entweder paterfamilias oder
filiusfamilias. In unserm heutigen iure personarum
zählen wir jedoch mehrere status civiles. Z. B. daß ei-
ner in gutem Ruf stehet, ein anderer ehrlos oder unrüch-
ist, (status existimationis) wovon libro III. Tit 2. Ferner
daß der eine von Adel der andere aber nur von bürger-
lichen Stande ist, (status nobilitatis) desgleichen daß einer
ein Soldat, der andere keiner ist, (paganus) u. s. f.

§. 113.
Verschiedenheit des heutigen Begriffs von Person, und Ein-
theilung der Personen. Was ist Rechtens, wenn ein
Mensch mehrere Personen vorstellet?

Nur denjenigen, welcher einen solchen bürgerlichen
Zustand hatte, wovon die römische Juristen reden, nann-
ten die Römer eine Person; den bürgerlichen Zustand
selbst aber caput. Diese Benennung begriff also den Zu-
stand der Freyheit, des Bürgerrechts, und des Familien-
rechts unter sich. Wer keinen von diesen drey Civil-Stän-
den hatte, den sahen sie für keine Person an, sondern
rechneten ihn zur Classe der Sachen. Dahin gehörten
die römischen Sclaven. Man sagte von diesen, sie hät-
ten nullum caput 31), und hielt sie gleichsam für bürger-

lich
31) §. 4. I. de cap. minut. Daraus zogen die römischen Juri-
sten die Folge, eine poena capitis finde bey Sclaven richt
statt, wie aus L. 12. §. 4. D. de accusat. M. Ant. mure-
tus
in Observat. iuris lib. sing. Cap. 2. T. IV. Thes. Otto-
niani
p.
143. und Io. Guil. marckart in Probabil. receptar.
lecti-

1. Buch. 5. Tit. §. 113.
Verbindlichkeiten im Staat wirken, ſo nahmen die Roͤ-
mer doch nur dreyerley Hauptgattungen an, und theil-
ten daher den ſtatum civilem ein in ſtatum libertatis, civi-
tatis,
und familiae, je nachdem Jemand entweder ein freyer
Menſch, oder ein Buͤrger, oder ein Mitglied einer gewiſ-
ſen Familie iſt, er ſey nun entweder paterfamilias oder
filiusfamilias. In unſerm heutigen iure perſonarum
zaͤhlen wir jedoch mehrere ſtatus civiles. Z. B. daß ei-
ner in gutem Ruf ſtehet, ein anderer ehrlos oder unruͤch-
iſt, (ſtatus exiſtimationis) wovon libro III. Tit 2. Ferner
daß der eine von Adel der andere aber nur von buͤrger-
lichen Stande iſt, (ſtatus nobilitatis) desgleichen daß einer
ein Soldat, der andere keiner iſt, (paganus) u. ſ. f.

§. 113.
Verſchiedenheit des heutigen Begriffs von Perſon, und Ein-
theilung der Perſonen. Was iſt Rechtens, wenn ein
Menſch mehrere Perſonen vorſtellet?

Nur denjenigen, welcher einen ſolchen buͤrgerlichen
Zuſtand hatte, wovon die roͤmiſche Juriſten reden, nann-
ten die Roͤmer eine Perſon; den buͤrgerlichen Zuſtand
ſelbſt aber caput. Dieſe Benennung begriff alſo den Zu-
ſtand der Freyheit, des Buͤrgerrechts, und des Familien-
rechts unter ſich. Wer keinen von dieſen drey Civil-Staͤn-
den hatte, den ſahen ſie fuͤr keine Perſon an, ſondern
rechneten ihn zur Claſſe der Sachen. Dahin gehoͤrten
die roͤmiſchen Sclaven. Man ſagte von dieſen, ſie haͤt-
ten nullum caput 31), und hielt ſie gleichſam fuͤr buͤrger-

lich
31) §. 4. I. de cap. minut. Daraus zogen die roͤmiſchen Juri-
ſten die Folge, eine poena capitis finde bey Sclaven richt
ſtatt, wie aus L. 12. §. 4. D. de accuſat. M. Ant. mure-
tus
in Obſervat. iuris lib. ſing. Cap. 2. T. IV. Theſ. Otto-
niani
p.
143. und Io. Guil. marckart in Probabil. receptar.
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[54/0068] 1. Buch. 5. Tit. §. 113. Verbindlichkeiten im Staat wirken, ſo nahmen die Roͤ- mer doch nur dreyerley Hauptgattungen an, und theil- ten daher den ſtatum civilem ein in ſtatum libertatis, civi- tatis, und familiae, je nachdem Jemand entweder ein freyer Menſch, oder ein Buͤrger, oder ein Mitglied einer gewiſ- ſen Familie iſt, er ſey nun entweder paterfamilias oder filiusfamilias. In unſerm heutigen iure perſonarum zaͤhlen wir jedoch mehrere ſtatus civiles. Z. B. daß ei- ner in gutem Ruf ſtehet, ein anderer ehrlos oder unruͤch- iſt, (ſtatus exiſtimationis) wovon libro III. Tit 2. Ferner daß der eine von Adel der andere aber nur von buͤrger- lichen Stande iſt, (ſtatus nobilitatis) desgleichen daß einer ein Soldat, der andere keiner iſt, (paganus) u. ſ. f. §. 113. Verſchiedenheit des heutigen Begriffs von Perſon, und Ein- theilung der Perſonen. Was iſt Rechtens, wenn ein Menſch mehrere Perſonen vorſtellet? Nur denjenigen, welcher einen ſolchen buͤrgerlichen Zuſtand hatte, wovon die roͤmiſche Juriſten reden, nann- ten die Roͤmer eine Perſon; den buͤrgerlichen Zuſtand ſelbſt aber caput. Dieſe Benennung begriff alſo den Zu- ſtand der Freyheit, des Buͤrgerrechts, und des Familien- rechts unter ſich. Wer keinen von dieſen drey Civil-Staͤn- den hatte, den ſahen ſie fuͤr keine Perſon an, ſondern rechneten ihn zur Claſſe der Sachen. Dahin gehoͤrten die roͤmiſchen Sclaven. Man ſagte von dieſen, ſie haͤt- ten nullum caput 31), und hielt ſie gleichſam fuͤr buͤrger- lich 31) §. 4. I. de cap. minut. Daraus zogen die roͤmiſchen Juri- ſten die Folge, eine poena capitis finde bey Sclaven richt ſtatt, wie aus L. 12. §. 4. D. de accuſat. M. Ant. mure- tus in Obſervat. iuris lib. ſing. Cap. 2. T. IV. Theſ. Otto- niani p. 143. und Io. Guil. marckart in Probabil. receptar. lecti-

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/68>, abgerufen am 23.11.2024.