Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

1. Buch. 5. Tit. §. 114.
im Testamente ernennen 50); nicht weniger demselben
auf den Fall, da es nach seinem Tode lebendig zur Welt
gebohren würde, und unmündig verstürbe, einen Folge-
Crben setzen 51). Noch ungebohrne Kinder, wenn sie
außer der Ehe empfangen worden, sind ferner auch schon
im Mutterleibe den ehelich gebohrnen gleichzuachten,
wenn sich die Eltern während der Schwangerschaft hey-
rathen 52). Daß auch andere Rechte, z. B. Pfandrecht,
für selbige erworben werden können, hat keinen Zwei-
fel 53). Ein Dritter hingegen kann durch ein solches
Kind vor desselben lebendiger Geburt kein Recht erwer-
ben 54). Es wird auch das Kind im Mutterleibe in ei-
nem solchem Fall nicht in Rechnung angenommen, da es
auf eine bestimmte Anzahl von Kindern ankommt, wie
z. B. bey Ablehnung einer angetragenen Vormund-
schaft 55). Dem Embryon bleiben also alle vortheilhafte
Rechte bis zu seiner Geburt vorbehalten, in so fern näm-
lich solche nur Bezug auf ihn, nicht aber auf einen Drit-
ten haben. Jedoch wird billig vorausgesetzt,


I) daß
50) §. 4. I. de tutelis.
51) §. 4. I. de pupillari substitut.
52) L. 11. Cod. de natural. liberis.
53) Christ. wildvogel Diss. de iure posthumorum. Ienae 1700.
Cap. III.
Billig hat jedoch Hr. Hofr. hartleben in
Meditat. ad Pandect. Vol. I. P. H. Fasc. I. Spec. XVI. med.
3.
S. 9. die Regel: quod nasciturus, quandocunque de eius favore
agitur, pro nato habendus sit,
durch den Beysatz eingeschränkt:
nisi qualitas, quod sit embryo, tollat requisita ad iura et obli-
gationes necessaria
. Sic, licet favorabile sit, beneficio ecclesia-
stico potiri, certum tamen est ex iure canonico, quod em-
bryoni beneficium ecclesiasticum conferri haud possit.
54) L. 7. D. h. t. in verb. -- quamquam alii, antequam nas-
catur, nequaquam prosit.
55) L. 2. §. 6. D. de Excusat.

1. Buch. 5. Tit. §. 114.
im Teſtamente ernennen 50); nicht weniger demſelben
auf den Fall, da es nach ſeinem Tode lebendig zur Welt
gebohren wuͤrde, und unmuͤndig verſtuͤrbe, einen Folge-
Crben ſetzen 51). Noch ungebohrne Kinder, wenn ſie
außer der Ehe empfangen worden, ſind ferner auch ſchon
im Mutterleibe den ehelich gebohrnen gleichzuachten,
wenn ſich die Eltern waͤhrend der Schwangerſchaft hey-
rathen 52). Daß auch andere Rechte, z. B. Pfandrecht,
fuͤr ſelbige erworben werden koͤnnen, hat keinen Zwei-
fel 53). Ein Dritter hingegen kann durch ein ſolches
Kind vor deſſelben lebendiger Geburt kein Recht erwer-
ben 54). Es wird auch das Kind im Mutterleibe in ei-
nem ſolchem Fall nicht in Rechnung angenommen, da es
auf eine beſtimmte Anzahl von Kindern ankommt, wie
z. B. bey Ablehnung einer angetragenen Vormund-
ſchaft 55). Dem Embryon bleiben alſo alle vortheilhafte
Rechte bis zu ſeiner Geburt vorbehalten, in ſo fern naͤm-
lich ſolche nur Bezug auf ihn, nicht aber auf einen Drit-
ten haben. Jedoch wird billig vorausgeſetzt,


I) daß
50) §. 4. I. de tutelis.
51) §. 4. I. de pupillari ſubſtitut.
52) L. 11. Cod. de natural. liberis.
53) Chriſt. wildvogel Diſſ. de iure poſthumorum. Ienae 1700.
Cap. III.
Billig hat jedoch Hr. Hofr. hartleben in
Meditat. ad Pandect. Vol. I. P. H. Faſc. I. Spec. XVI. med.
3.
S. 9. die Regel: quod naſciturus, quandocunque de eius favore
agitur, pro nato habendus ſit,
durch den Beyſatz eingeſchraͤnkt:
niſi qualitas, quod ſit embryo, tollat requiſita ad iura et obli-
gationes neceſſaria
. Sic, licet favorabile ſit, beneficio eccleſia-
ſtico potiri, certum tamen eſt ex iure canonico, quod em-
bryoni beneficium eccleſiaſticum conferri haud poſſit.
54) L. 7. D. h. t. in verb. — quamquam alii, antequam naſ-
catur, nequaquam proſit.
55) L. 2. §. 6. D. de Excuſat.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0076" n="62"/><fw place="top" type="header">1. Buch. 5. Tit. §. 114.</fw><lb/>
im Te&#x017F;tamente ernennen <note place="foot" n="50)">§. 4. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">I. de tutelis.</hi></hi></note>; nicht weniger dem&#x017F;elben<lb/>
auf den Fall, da es nach &#x017F;einem Tode lebendig zur Welt<lb/>
gebohren wu&#x0364;rde, und unmu&#x0364;ndig ver&#x017F;tu&#x0364;rbe, einen Folge-<lb/>
Crben &#x017F;etzen <note place="foot" n="51)">§. 4. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">I. de pupillari &#x017F;ub&#x017F;titut.</hi></hi></note>. Noch ungebohrne Kinder, wenn &#x017F;ie<lb/>
außer der Ehe empfangen worden, &#x017F;ind ferner auch &#x017F;chon<lb/>
im Mutterleibe den ehelich gebohrnen gleichzuachten,<lb/>
wenn &#x017F;ich die Eltern wa&#x0364;hrend der Schwanger&#x017F;chaft hey-<lb/>
rathen <note place="foot" n="52)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 11. <hi rendition="#i">Cod. de natural. liberis</hi>.</hi></note>. Daß auch andere Rechte, z. B. Pfandrecht,<lb/>
fu&#x0364;r &#x017F;elbige erworben werden ko&#x0364;nnen, hat keinen Zwei-<lb/>
fel <note place="foot" n="53)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Chri&#x017F;t</hi>. <hi rendition="#k">wildvogel</hi> Di&#x017F;&#x017F;. de iure po&#x017F;thumorum. Ienae 1700.<lb/>
Cap. III.</hi> Billig hat jedoch Hr. Hofr. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">hartleben</hi> in<lb/>
Meditat. ad Pandect. Vol. I. P. H. Fa&#x017F;c. I. Spec. XVI. med.</hi> 3.<lb/>
S. 9. die Regel: <hi rendition="#aq">quod na&#x017F;citurus, quandocunque de eius favore<lb/>
agitur, pro nato habendus &#x017F;it,</hi> durch den Bey&#x017F;atz einge&#x017F;chra&#x0364;nkt:<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ni&#x017F;i qualitas, quod &#x017F;it embryo, tollat requi&#x017F;ita ad iura et obli-<lb/>
gationes nece&#x017F;&#x017F;aria</hi>. Sic, licet favorabile &#x017F;it, beneficio eccle&#x017F;ia-<lb/>
&#x017F;tico potiri, certum tamen e&#x017F;t ex iure canonico, quod em-<lb/>
bryoni beneficium eccle&#x017F;ia&#x017F;ticum conferri haud po&#x017F;&#x017F;it.</hi></note>. Ein Dritter hingegen kann durch ein &#x017F;olches<lb/>
Kind vor de&#x017F;&#x017F;elben lebendiger Geburt kein Recht erwer-<lb/>
ben <note place="foot" n="54)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 7. <hi rendition="#i">D. h. t.</hi> in verb. &#x2014; quamquam <hi rendition="#g">alii</hi>, antequam na&#x017F;-<lb/>
catur, nequaquam pro&#x017F;it.</hi></note>. Es wird auch das Kind im Mutterleibe in ei-<lb/>
nem &#x017F;olchem Fall nicht in Rechnung angenommen, da es<lb/>
auf eine be&#x017F;timmte Anzahl von Kindern ankommt, wie<lb/>
z. B. bey Ablehnung einer angetragenen Vormund-<lb/>
&#x017F;chaft <note place="foot" n="55)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 2. §. 6. <hi rendition="#i">D. de Excu&#x017F;at</hi>.</hi></note>. Dem Embryon bleiben al&#x017F;o alle vortheilhafte<lb/>
Rechte bis zu &#x017F;einer Geburt vorbehalten, in &#x017F;o fern na&#x0364;m-<lb/>
lich &#x017F;olche nur Bezug auf ihn, nicht aber auf einen Drit-<lb/>
ten haben. Jedoch wird billig vorausge&#x017F;etzt,</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">I</hi>) daß</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0076] 1. Buch. 5. Tit. §. 114. im Teſtamente ernennen 50); nicht weniger demſelben auf den Fall, da es nach ſeinem Tode lebendig zur Welt gebohren wuͤrde, und unmuͤndig verſtuͤrbe, einen Folge- Crben ſetzen 51). Noch ungebohrne Kinder, wenn ſie außer der Ehe empfangen worden, ſind ferner auch ſchon im Mutterleibe den ehelich gebohrnen gleichzuachten, wenn ſich die Eltern waͤhrend der Schwangerſchaft hey- rathen 52). Daß auch andere Rechte, z. B. Pfandrecht, fuͤr ſelbige erworben werden koͤnnen, hat keinen Zwei- fel 53). Ein Dritter hingegen kann durch ein ſolches Kind vor deſſelben lebendiger Geburt kein Recht erwer- ben 54). Es wird auch das Kind im Mutterleibe in ei- nem ſolchem Fall nicht in Rechnung angenommen, da es auf eine beſtimmte Anzahl von Kindern ankommt, wie z. B. bey Ablehnung einer angetragenen Vormund- ſchaft 55). Dem Embryon bleiben alſo alle vortheilhafte Rechte bis zu ſeiner Geburt vorbehalten, in ſo fern naͤm- lich ſolche nur Bezug auf ihn, nicht aber auf einen Drit- ten haben. Jedoch wird billig vorausgeſetzt, I) daß 50) §. 4. I. de tutelis. 51) §. 4. I. de pupillari ſubſtitut. 52) L. 11. Cod. de natural. liberis. 53) Chriſt. wildvogel Diſſ. de iure poſthumorum. Ienae 1700. Cap. III. Billig hat jedoch Hr. Hofr. hartleben in Meditat. ad Pandect. Vol. I. P. H. Faſc. I. Spec. XVI. med. 3. S. 9. die Regel: quod naſciturus, quandocunque de eius favore agitur, pro nato habendus ſit, durch den Beyſatz eingeſchraͤnkt: niſi qualitas, quod ſit embryo, tollat requiſita ad iura et obli- gationes neceſſaria. Sic, licet favorabile ſit, beneficio eccleſia- ſtico potiri, certum tamen eſt ex iure canonico, quod em- bryoni beneficium eccleſiaſticum conferri haud poſſit. 54) L. 7. D. h. t. in verb. — quamquam alii, antequam naſ- catur, nequaquam proſit. 55) L. 2. §. 6. D. de Excuſat.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/76
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/76>, abgerufen am 11.05.2024.