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Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800.

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2) Sie dürfen sich ohne Bewilligung ihres Leibherrn von
dem Hofe nicht wegbegeben, worauf sie gesetzt sind, noch sonst
in andere Verhältnisse treten; z. B. nicht das Bürgerrecht oder
Innungsrecht gewinnen, oder in Kriegsdienste treten.

3) Sie sind zu gewissen Diensten und Abgaben verpflich-
tet, deren Verbindlichkeit auf ihrer Person haftet. Daher wer-
den sie Leibdienste, und Leibzinsen genennt. Die Dien-
ste können durch Verträge, Gesetze, und Herkommen bestimmt
seyn; wo es aber an solchen Bestimmungen fehlt, da können
ungemessene Dienste gefordert werden 46). Uebrigens
aber können sie

4) sich ein eigenes Vermögen erwerben, und darüber so-
wohl unter den Lebendigen, als durch Testament verfügen, in
so fern dadurch den Rechten des Leibherrn kein Eintrag ge-
schieht 47).

II) Die besondern Rechte des Leibherrn hinge-
gen sind,

1) das Bedemundsrecht, d. i. das Recht, von dem
Leibeigenen für die ihm ertheilte Erlaubniß zu heyrathen ein ge-
wisses Geld zu fordern 48).

2) Das Besatzungsrecht, vermöge welchen er die Per-
son eines Leibeigenen abfordern und gleichsam vindiciren kann,
wenn dieser sich ohne Bewilligung des Leibherrn von dem Hofe
entfernt hat, und zum Nachtheil desselben in andere Verhältnis-
se getreten ist 49).

3) Der Dienstzwang oder das Recht, den Leibeigenen
zur ordentlichen Erfüllung seiner Dienstpflicht durch angemessene

Züch-
46) boehmer D. de iure et statu hominum propriorum Sect. III.
§. 13. mevius P. IV. Dec. 131. hofacker Princip. iur.
civ. Tom. I.
§. 303.
47) hofacker T. I. §. 301. und Runde Grunds. des allge-
meinen teutschen Privatrechts. §. 552.
48) Runde §. 544.
49) Runde §. 545.
C 2

2) Sie duͤrfen ſich ohne Bewilligung ihres Leibherrn von
dem Hofe nicht wegbegeben, worauf ſie geſetzt ſind, noch ſonſt
in andere Verhaͤltniſſe treten; z. B. nicht das Buͤrgerrecht oder
Innungsrecht gewinnen, oder in Kriegsdienſte treten.

3) Sie ſind zu gewiſſen Dienſten und Abgaben verpflich-
tet, deren Verbindlichkeit auf ihrer Perſon haftet. Daher wer-
den ſie Leibdienſte, und Leibzinſen genennt. Die Dien-
ſte koͤnnen durch Vertraͤge, Geſetze, und Herkommen beſtimmt
ſeyn; wo es aber an ſolchen Beſtimmungen fehlt, da koͤnnen
ungemeſſene Dienſte gefordert werden 46). Uebrigens
aber koͤnnen ſie

4) ſich ein eigenes Vermoͤgen erwerben, und daruͤber ſo-
wohl unter den Lebendigen, als durch Teſtament verfuͤgen, in
ſo fern dadurch den Rechten des Leibherrn kein Eintrag ge-
ſchieht 47).

II) Die beſondern Rechte des Leibherrn hinge-
gen ſind,

1) das Bedemundsrecht, d. i. das Recht, von dem
Leibeigenen fuͤr die ihm ertheilte Erlaubniß zu heyrathen ein ge-
wiſſes Geld zu fordern 48).

2) Das Beſatzungsrecht, vermoͤge welchen er die Per-
ſon eines Leibeigenen abfordern und gleichſam vindiciren kann,
wenn dieſer ſich ohne Bewilligung des Leibherrn von dem Hofe
entfernt hat, und zum Nachtheil deſſelben in andere Verhaͤltniſ-
ſe getreten iſt 49).

3) Der Dienſtzwang oder das Recht, den Leibeigenen
zur ordentlichen Erfuͤllung ſeiner Dienſtpflicht durch angemeſſene

Zuͤch-
46) boehmer D. de iure et ſtatu hominum propriorum Sect. III.
§. 13. mevius P. IV. Dec. 131. hofacker Princip. iur.
civ. Tom. I.
§. 303.
47) hofacker T. I. §. 301. und Runde Grundſ. des allge-
meinen teutſchen Privatrechts. §. 552.
48) Runde §. 544.
49) Runde §. 545.
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[35/0041] 2) Sie duͤrfen ſich ohne Bewilligung ihres Leibherrn von dem Hofe nicht wegbegeben, worauf ſie geſetzt ſind, noch ſonſt in andere Verhaͤltniſſe treten; z. B. nicht das Buͤrgerrecht oder Innungsrecht gewinnen, oder in Kriegsdienſte treten. 3) Sie ſind zu gewiſſen Dienſten und Abgaben verpflich- tet, deren Verbindlichkeit auf ihrer Perſon haftet. Daher wer- den ſie Leibdienſte, und Leibzinſen genennt. Die Dien- ſte koͤnnen durch Vertraͤge, Geſetze, und Herkommen beſtimmt ſeyn; wo es aber an ſolchen Beſtimmungen fehlt, da koͤnnen ungemeſſene Dienſte gefordert werden 46). Uebrigens aber koͤnnen ſie 4) ſich ein eigenes Vermoͤgen erwerben, und daruͤber ſo- wohl unter den Lebendigen, als durch Teſtament verfuͤgen, in ſo fern dadurch den Rechten des Leibherrn kein Eintrag ge- ſchieht 47). II) Die beſondern Rechte des Leibherrn hinge- gen ſind, 1) das Bedemundsrecht, d. i. das Recht, von dem Leibeigenen fuͤr die ihm ertheilte Erlaubniß zu heyrathen ein ge- wiſſes Geld zu fordern 48). 2) Das Beſatzungsrecht, vermoͤge welchen er die Per- ſon eines Leibeigenen abfordern und gleichſam vindiciren kann, wenn dieſer ſich ohne Bewilligung des Leibherrn von dem Hofe entfernt hat, und zum Nachtheil deſſelben in andere Verhaͤltniſ- ſe getreten iſt 49). 3) Der Dienſtzwang oder das Recht, den Leibeigenen zur ordentlichen Erfuͤllung ſeiner Dienſtpflicht durch angemeſſene Zuͤch- 46) boehmer D. de iure et ſtatu hominum propriorum Sect. III. §. 13. mevius P. IV. Dec. 131. hofacker Princip. iur. civ. Tom. I. §. 303. 47) hofacker T. I. §. 301. und Runde Grundſ. des allge- meinen teutſchen Privatrechts. §. 552. 48) Runde §. 544. 49) Runde §. 545. C 2

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02verbesserungen_1800/41>, abgerufen am 21.11.2024.