Alles sehr nützlich und lehrreich beschrieben von Leopold Richtern, gebürtig zu Lambach in Oberösterreich. Gedruckt in diesem Jahr. Nürnberg.
Der Herausgeber sagt, er habe dieß Buch auf einer Reise in einem einsamen Schlößlein an der Nabe auf- gefunden, und solches den ehrsamen Junggesellen, ab- sonderlich aber dem tugendsamen Frauenzimmer zu Lieb an den Tag bringen wollen. Der Dichtung aber liegt eigentlich der folgende Vorgang aus der böhmi- schen Chronik zu Grunde:
Gegen das Jahr 1009 machte Herzog Ulrich sich einmal zur Sommerszeit auf, und ritt in weiten Wald auf die Jagd; er kam zu fern von seinen Dienern, verirrte sich, band sein Roß an, stieg auf eine hohe Fichte, und ward auf einem Berge eines Schlosses gewahr. Er machte sich mit seinem Schwerdte Bahn bis zu ihm hin, und fand das Schloß unbewohnt, die Zugbrücken aufgezogen, stieg hinein, die Gewölbe waren mit Wein gefüllt, und in den Zimmern fanden sich viel Harnische und vermoderte Kleider. Als er nach Drschtka zurückkam, und sich darnach erkundigte, kannte niemand die Existenz des Schlosses, und da bat ihn einer seiner Diener, Namens Przym, um das
Alles ſehr nuͤtzlich und lehrreich beſchrieben von Leopold Richtern, gebuͤrtig zu Lambach in Oberoͤſterreich. Gedruckt in dieſem Jahr. Nuͤrnberg.
Der Herausgeber ſagt, er habe dieß Buch auf einer Reiſe in einem einſamen Schlößlein an der Nabe auf- gefunden, und ſolches den ehrſamen Junggeſellen, ab- ſonderlich aber dem tugendſamen Frauenzimmer zu Lieb an den Tag bringen wollen. Der Dichtung aber liegt eigentlich der folgende Vorgang aus der böhmi- ſchen Chronik zu Grunde:
Gegen das Jahr 1009 machte Herzog Ulrich ſich einmal zur Sommerszeit auf, und ritt in weiten Wald auf die Jagd; er kam zu fern von ſeinen Dienern, verirrte ſich, band ſein Roß an, ſtieg auf eine hohe Fichte, und ward auf einem Berge eines Schloſſes gewahr. Er machte ſich mit ſeinem Schwerdte Bahn bis zu ihm hin, und fand das Schloß unbewohnt, die Zugbrücken aufgezogen, ſtieg hinein, die Gewölbe waren mit Wein gefüllt, und in den Zimmern fanden ſich viel Harniſche und vermoderte Kleider. Als er nach Drſchtka zurückkam, und ſich darnach erkundigte, kannte niemand die Exiſtenz des Schloſſes, und da bat ihn einer ſeiner Diener, Namens Przym, um das
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Alles ſehr nuͤtzlich und lehrreich beſchrieben
von Leopold Richtern, gebuͤrtig zu Lambach
in Oberoͤſterreich. Gedruckt in dieſem Jahr.
Nuͤrnberg.
Der Herausgeber ſagt, er habe dieß Buch auf einer
Reiſe in einem einſamen Schlößlein an der Nabe auf-
gefunden, und ſolches den ehrſamen Junggeſellen, ab-
ſonderlich aber dem tugendſamen Frauenzimmer zu
Lieb an den Tag bringen wollen. Der Dichtung aber
liegt eigentlich der folgende Vorgang aus der böhmi-
ſchen Chronik zu Grunde:
Gegen das Jahr 1009 machte Herzog Ulrich ſich
einmal zur Sommerszeit auf, und ritt in weiten Wald
auf die Jagd; er kam zu fern von ſeinen Dienern,
verirrte ſich, band ſein Roß an, ſtieg auf eine hohe
Fichte, und ward auf einem Berge eines Schloſſes
gewahr. Er machte ſich mit ſeinem Schwerdte Bahn
bis zu ihm hin, und fand das Schloß unbewohnt,
die Zugbrücken aufgezogen, ſtieg hinein, die Gewölbe
waren mit Wein gefüllt, und in den Zimmern fanden
ſich viel Harniſche und vermoderte Kleider. Als er
nach Drſchtka zurückkam, und ſich darnach erkundigte,
kannte niemand die Exiſtenz des Schloſſes, und da bat
ihn einer ſeiner Diener, Namens Przym, um das
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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/104>, abgerufen am 21.11.2024.
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