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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807.

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Schloß, und er belehnte ihn damit, und es heißt
Pzimda bis auf den heutigen Tag. Es hatte aber, wie
die teutschen Chronicken sagen, diese Bewandtniß mit
dem gefundnen Schloß: Heinrich der Erste regierte
920 und hatte eine schöne Tochter Helena, die Al-
bertus, ein Graf von Altenburg, freyte; da aber Bei-
der Stand zu ungleich war, verkaufte er seine Graf-
schaft dem Kaiser, und suchte in der Wildniß einen
gelegenen Ort zur Ausführung seiner Pläne. Er kam
an jene Stelle, ließ den Wald ausreutten, und das
Schloß erbauen, das er dann auf viele Jahre proviantirte
mit Nahrung, Gewehren und Geschoß. Dann berief
er alle Arbeiter und ander Gesinde in eine Stube vor
dem Schlosse, versperrte sie aufs härteste, und zündete
das Gebäude an, daß sie Alle verbrannten, damit
niemand von der Existenz des Schlosses etwas erführe.
Er gieng dann wieder an Kaisers Hof, und diente wie
zuvor. Bald entführte er mit ihrem Willen des Kai-
sers Tochter, sie saß hinter ihm auf sein Roß, und
zusammen ritten sie in den Wäldern lange in der Irre,
bis sie das Schloß endlich erblickten, da giengen sie
hinein, und lebten miteinander in Freuden. Das ge-
schah Anno 925. Nach fünf Jahren aber hielt der
Kaiser Hof in Regensburg, er verirrte sich gleicherweise
auf der Jagd bei einem Nebel, ritt eine Weile an

Schloß, und er belehnte ihn damit, und es heißt
Pzimda bis auf den heutigen Tag. Es hatte aber, wie
die teutſchen Chronicken ſagen, dieſe Bewandtniß mit
dem gefundnen Schloß: Heinrich der Erſte regierte
920 und hatte eine ſchöne Tochter Helena, die Al-
bertus, ein Graf von Altenburg, freyte; da aber Bei-
der Stand zu ungleich war, verkaufte er ſeine Graf-
ſchaft dem Kaiſer, und ſuchte in der Wildniß einen
gelegenen Ort zur Ausführung ſeiner Pläne. Er kam
an jene Stelle, ließ den Wald ausreutten, und das
Schloß erbauen, das er dann auf viele Jahre proviantirte
mit Nahrung, Gewehren und Geſchoß. Dann berief
er alle Arbeiter und ander Geſinde in eine Stube vor
dem Schloſſe, verſperrte ſie aufs härteſte, und zündete
das Gebäude an, daß ſie Alle verbrannten, damit
niemand von der Exiſtenz des Schloſſes etwas erführe.
Er gieng dann wieder an Kaiſers Hof, und diente wie
zuvor. Bald entführte er mit ihrem Willen des Kai-
ſers Tochter, ſie ſaß hinter ihm auf ſein Roß, und
zuſammen ritten ſie in den Wäldern lange in der Irre,
bis ſie das Schloß endlich erblickten, da giengen ſie
hinein, und lebten miteinander in Freuden. Das ge-
ſchah Anno 925. Nach fünf Jahren aber hielt der
Kaiſer Hof in Regensburg, er verirrte ſich gleicherweiſe
auf der Jagd bei einem Nebel, ritt eine Weile an

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[87/0105] Schloß, und er belehnte ihn damit, und es heißt Pzimda bis auf den heutigen Tag. Es hatte aber, wie die teutſchen Chronicken ſagen, dieſe Bewandtniß mit dem gefundnen Schloß: Heinrich der Erſte regierte 920 und hatte eine ſchöne Tochter Helena, die Al- bertus, ein Graf von Altenburg, freyte; da aber Bei- der Stand zu ungleich war, verkaufte er ſeine Graf- ſchaft dem Kaiſer, und ſuchte in der Wildniß einen gelegenen Ort zur Ausführung ſeiner Pläne. Er kam an jene Stelle, ließ den Wald ausreutten, und das Schloß erbauen, das er dann auf viele Jahre proviantirte mit Nahrung, Gewehren und Geſchoß. Dann berief er alle Arbeiter und ander Geſinde in eine Stube vor dem Schloſſe, verſperrte ſie aufs härteſte, und zündete das Gebäude an, daß ſie Alle verbrannten, damit niemand von der Exiſtenz des Schloſſes etwas erführe. Er gieng dann wieder an Kaiſers Hof, und diente wie zuvor. Bald entführte er mit ihrem Willen des Kai- ſers Tochter, ſie ſaß hinter ihm auf ſein Roß, und zuſammen ritten ſie in den Wäldern lange in der Irre, bis ſie das Schloß endlich erblickten, da giengen ſie hinein, und lebten miteinander in Freuden. Das ge- ſchah Anno 925. Nach fünf Jahren aber hielt der Kaiſer Hof in Regensburg, er verirrte ſich gleicherweiſe auf der Jagd bei einem Nebel, ritt eine Weile an

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Zitationshilfe: Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/105>, abgerufen am 21.11.2024.