Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

aufwartet, und dieser ihm ein Bißlein von einem Pfauen
in den Mund stecken will, und er ihn nun in den
Daumen beißt also hart, aus Rache, daß er vorher mit
dem Fuße ihn gestoßen. Und so erscheint das Ganze
dann wie ein großer Basaltsäulenweg, ein Riesendamm
über die Wogen der Zeit mit den scharfen Crystallen
hervorbrechend, aus einer großen eisernen Geschichte
heraus, wo das Leben ganz hinter das Metall zurück-
getreten ist, und der Held in der Rüstung nun wie
großes Naturwerk fest und unerschütterlich dasteht.

Was wir bisher von diesem Gedichte ausgesagt, ist
zwar im Allgemeinen von dem teutschen abgezogen; es
gilt aber auch vom Französischen, obgleich dies bedeut-
end in der Handlung und der Natur der Begebenheiten
abweicht von Jenem. Auch in Frankreich ist nämlich
das schöne Kunstwerk zum allgemein gelesenen Volks-
buch geworden, und geht dort in der neuesten Ausgabe
unter dem Titel: Histoire des quatre fils Aymon,
tres-nobles et tres-vaillans Chevaliers. A Troyes
de l'im primerie de la Citoyenne Garnerin
135. S. 4.,
um, und schon gleich der Anfang ist ganz verschieden von
dem Teutschen, und allerdings der Zorn Carls besser
und gründlicher motivirt. Der Kaiser kehrt von einem
Feldzuge in Italien gegen die Sarazenen zurück; bei
dem Pfingstlager beschuldigt er vor den Pairs den

14.

aufwartet, und dieſer ihm ein Bißlein von einem Pfauen
in den Mund ſtecken will, und er ihn nun in den
Daumen beißt alſo hart, aus Rache, daß er vorher mit
dem Fuße ihn geſtoßen. Und ſo erſcheint das Ganze
dann wie ein großer Baſaltſäulenweg, ein Rieſendamm
über die Wogen der Zeit mit den ſcharfen Cryſtallen
hervorbrechend, aus einer großen eiſernen Geſchichte
heraus, wo das Leben ganz hinter das Metall zurück-
getreten iſt, und der Held in der Rüſtung nun wie
großes Naturwerk feſt und unerſchütterlich daſteht.

Was wir bisher von dieſem Gedichte ausgeſagt, iſt
zwar im Allgemeinen von dem teutſchen abgezogen; es
gilt aber auch vom Franzöſiſchen, obgleich dies bedeut-
end in der Handlung und der Natur der Begebenheiten
abweicht von Jenem. Auch in Frankreich iſt nämlich
das ſchöne Kunſtwerk zum allgemein geleſenen Volks-
buch geworden, und geht dort in der neueſten Ausgabe
unter dem Titel: Histoire des quatre fils Aymon,
très-nobles et très-vaillans Chevaliers. À Troyes
de l’im primerie de la Citoyenne Garnerin
135. S. 4.,
um, und ſchon gleich der Anfang iſt ganz verſchieden von
dem Teutſchen, und allerdings der Zorn Carls beſſer
und gründlicher motivirt. Der Kaiſer kehrt von einem
Feldzuge in Italien gegen die Sarazenen zurück; bei
dem Pfingſtlager beſchuldigt er vor den Pairs den

14.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0123" n="105"/>
aufwartet, und die&#x017F;er ihm ein Bißlein von einem Pfauen<lb/>
in den Mund &#x017F;tecken will, und er ihn nun in den<lb/>
Daumen beißt al&#x017F;o hart, aus Rache, daß er vorher mit<lb/>
dem Fuße ihn ge&#x017F;toßen. Und &#x017F;o er&#x017F;cheint das Ganze<lb/>
dann wie ein großer Ba&#x017F;alt&#x017F;äulenweg, ein Rie&#x017F;endamm<lb/>
über die Wogen der Zeit mit den &#x017F;charfen Cry&#x017F;tallen<lb/>
hervorbrechend, aus einer großen ei&#x017F;ernen Ge&#x017F;chichte<lb/>
heraus, wo das Leben ganz hinter das Metall zurück-<lb/>
getreten i&#x017F;t, und der Held in der Rü&#x017F;tung nun wie<lb/>
großes Naturwerk fe&#x017F;t und uner&#x017F;chütterlich da&#x017F;teht.</p><lb/>
          <p>Was wir bisher von die&#x017F;em Gedichte ausge&#x017F;agt, i&#x017F;t<lb/>
zwar im Allgemeinen von dem teut&#x017F;chen abgezogen; es<lb/>
gilt aber auch vom Franzö&#x017F;i&#x017F;chen, obgleich dies bedeut-<lb/>
end in der Handlung und der Natur der Begebenheiten<lb/>
abweicht von Jenem. Auch in Frankreich i&#x017F;t nämlich<lb/>
das &#x017F;chöne Kun&#x017F;twerk zum allgemein gele&#x017F;enen Volks-<lb/>
buch geworden, und geht dort in der neue&#x017F;ten Ausgabe<lb/>
unter dem Titel: <hi rendition="#aq">Histoire des quatre fils Aymon,<lb/>
très-nobles et très-vaillans Chevaliers. À Troyes<lb/>
de l&#x2019;im primerie de la Citoyenne Garnerin</hi> 135. S. 4.,<lb/>
um, und &#x017F;chon gleich der Anfang i&#x017F;t ganz ver&#x017F;chieden von<lb/>
dem Teut&#x017F;chen, und allerdings der Zorn Carls be&#x017F;&#x017F;er<lb/>
und gründlicher motivirt. Der Kai&#x017F;er kehrt von einem<lb/>
Feldzuge in Italien gegen die Sarazenen zurück; bei<lb/>
dem Pfing&#x017F;tlager be&#x017F;chuldigt er vor den Pairs den<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">14.</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[105/0123] aufwartet, und dieſer ihm ein Bißlein von einem Pfauen in den Mund ſtecken will, und er ihn nun in den Daumen beißt alſo hart, aus Rache, daß er vorher mit dem Fuße ihn geſtoßen. Und ſo erſcheint das Ganze dann wie ein großer Baſaltſäulenweg, ein Rieſendamm über die Wogen der Zeit mit den ſcharfen Cryſtallen hervorbrechend, aus einer großen eiſernen Geſchichte heraus, wo das Leben ganz hinter das Metall zurück- getreten iſt, und der Held in der Rüſtung nun wie großes Naturwerk feſt und unerſchütterlich daſteht. Was wir bisher von dieſem Gedichte ausgeſagt, iſt zwar im Allgemeinen von dem teutſchen abgezogen; es gilt aber auch vom Franzöſiſchen, obgleich dies bedeut- end in der Handlung und der Natur der Begebenheiten abweicht von Jenem. Auch in Frankreich iſt nämlich das ſchöne Kunſtwerk zum allgemein geleſenen Volks- buch geworden, und geht dort in der neueſten Ausgabe unter dem Titel: Histoire des quatre fils Aymon, très-nobles et très-vaillans Chevaliers. À Troyes de l’im primerie de la Citoyenne Garnerin 135. S. 4., um, und ſchon gleich der Anfang iſt ganz verſchieden von dem Teutſchen, und allerdings der Zorn Carls beſſer und gründlicher motivirt. Der Kaiſer kehrt von einem Feldzuge in Italien gegen die Sarazenen zurück; bei dem Pfingſtlager beſchuldigt er vor den Pairs den 14.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/123
Zitationshilfe: Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/123>, abgerufen am 18.05.2024.