launenhaft erscheinend; dieser reine Sinn für Ehre und Rechtlichkeit in Wort und That; diese hohe Exaltation der Liebe und des Hasses; dies reiche Metall im innersten Busen erklingend bey jedem Schwerdtesschlag; dieser herrische, unbeugsame Character, der bis zur wilden Ungezähmtheit früher bei Heymon gieng: Alles erscheint in wunderbarer Objectivität in diesem Roland dargestellt, und erinnert überall an den Helden der alten Zeit, der hier in der allgemeinen Metempsichose in romantisch freien Formen wiederkehrt. Alle höhere Intelligenz aber erscheint durch das ganze Werk als Zauberey, und wie List und Verschlagenheit im Odysseus ihren Reprä- sentanten fanden, so finden sie ihn hier in dem Schwarz- künstler Malagys, in dem nun wunderbare romantische Feueradern durch das Ganze schiessen, in der Szene z. B. auf der Brücke, wo die beiden Bettler einen goldnen Becher mit Edelsteinen besetzt zwischen sich stehen haben, in dem Malagys einen köstlichen Zaubertrank von dem allerköstlichsten Wein und allerlei Kräutern und Speze- reien bereitet, und der König nun ein Schnittlein be- gehrt, weil der Pabst zu Rom die Messe darüber gelesen, und er Entledigung seiner Sünden hofft, und dann die Knechte mit gefalteten Händen kommen, und auch Schnittlein zu sich nehmen. Dann wieder das seltsam Humoristische in der Szene, wo Malagys dem Konige
launenhaft erſcheinend; dieſer reine Sinn für Ehre und Rechtlichkeit in Wort und That; dieſe hohe Exaltation der Liebe und des Haſſes; dies reiche Metall im innerſten Buſen erklingend bey jedem Schwerdtesſchlag; dieſer herriſche, unbeugſame Character, der bis zur wilden Ungezähmtheit früher bei Heymon gieng: Alles erſcheint in wunderbarer Objectivität in dieſem Roland dargeſtellt, und erinnert überall an den Helden der alten Zeit, der hier in der allgemeinen Metempſichoſe in romantiſch freien Formen wiederkehrt. Alle höhere Intelligenz aber erſcheint durch das ganze Werk als Zauberey, und wie Liſt und Verſchlagenheit im Odyſſeus ihren Reprä- ſentanten fanden, ſo finden ſie ihn hier in dem Schwarz- künſtler Malagys, in dem nun wunderbare romantiſche Feueradern durch das Ganze ſchieſſen, in der Szene z. B. auf der Brücke, wo die beiden Bettler einen goldnen Becher mit Edelſteinen beſetzt zwiſchen ſich ſtehen haben, in dem Malagys einen köſtlichen Zaubertrank von dem allerköſtlichſten Wein und allerlei Kräutern und Speze- reien bereitet, und der König nun ein Schnittlein be- gehrt, weil der Pabſt zu Rom die Meſſe darüber geleſen, und er Entledigung ſeiner Sünden hofft, und dann die Knechte mit gefalteten Händen kommen, und auch Schnittlein zu ſich nehmen. Dann wieder das ſeltſam Humoriſtiſche in der Szene, wo Malagys dem Konige
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launenhaft erſcheinend; dieſer reine Sinn für Ehre und
Rechtlichkeit in Wort und That; dieſe hohe Exaltation der
Liebe und des Haſſes; dies reiche Metall im innerſten
Buſen erklingend bey jedem Schwerdtesſchlag; dieſer
herriſche, unbeugſame Character, der bis zur wilden
Ungezähmtheit früher bei Heymon gieng: Alles erſcheint
in wunderbarer Objectivität in dieſem Roland dargeſtellt,
und erinnert überall an den Helden der alten Zeit, der
hier in der allgemeinen Metempſichoſe in romantiſch
freien Formen wiederkehrt. Alle höhere Intelligenz
aber erſcheint durch das ganze Werk als Zauberey, und
wie Liſt und Verſchlagenheit im Odyſſeus ihren Reprä-
ſentanten fanden, ſo finden ſie ihn hier in dem Schwarz-
künſtler Malagys, in dem nun wunderbare romantiſche
Feueradern durch das Ganze ſchieſſen, in der Szene z.
B. auf der Brücke, wo die beiden Bettler einen goldnen
Becher mit Edelſteinen beſetzt zwiſchen ſich ſtehen haben,
in dem Malagys einen köſtlichen Zaubertrank von dem
allerköſtlichſten Wein und allerlei Kräutern und Speze-
reien bereitet, und der König nun ein Schnittlein be-
gehrt, weil der Pabſt zu Rom die Meſſe darüber geleſen,
und er Entledigung ſeiner Sünden hofft, und dann die
Knechte mit gefalteten Händen kommen, und auch
Schnittlein zu ſich nehmen. Dann wieder das ſeltſam
Humoriſtiſche in der Szene, wo Malagys dem Konige
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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/122>, abgerufen am 16.02.2025.
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