Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

gewachsen: antwort Billero Es seynd acht Dinge die
gegeneinander Feindschaft tragen, der Wolf und der
Bauer, die Katz und die Maus, der Habbich und die
Taube, der Rabe und die Kröte", und so fort immer
in diesem Tone mehrere Quartseiten hindurch, gerade
wie bei Marcolph. Tiefer im Buche ist Marcolph in
seiner Wohnung; im Holzschnitte ist König Salomon
in seine Thüre eingeritten, und sein Esel sieht halb
innen und halb aussen, in dieser Stellung legt er ihm
spitzfündige Räthsel vor, die der König ihm nicht lösen
kann; er kömmt dann wieder an Hof mit einem Topfe
Milch, dem König zum Geschenk bestimmt, den er
aber mit einem Kuhfladen bedeckt, statt des Eierkuchen,
den er gegessen hat. Er muß dann über Racht mit
Salomon wachen, auf den Schlaf ist ihm der Tod
gesetzt, er rettet sich aber jedesmal mit Schwänken
wieder. Am Morgen hetzt er die Weiber zum allge-
meinen Auflauf an, eine Posse, die vorzüglich gut
angelegt und gehalten ist; wird vom Hofe gejagt,
verleitet dann den König zu einer Jagd, die mit
einer Szene von derber Obscönität sich endigt. Er
wird darüber zum Tode verdammt, rettet sich aber
wieder dadurch, daß er sich die Gnade vorbehält, den
Baum auszuwählen, an den er gehangen werden soll,
wo er sich dann durch ganz Canann führen läßt, ohne

gewachſen: antwort Billero Es ſeynd acht Dinge die
gegeneinander Feindſchaft tragen, der Wolf und der
Bauer, die Katz und die Maus, der Habbich und die
Taube, der Rabe und die Kröte“, und ſo fort immer
in dieſem Tone mehrere Quartſeiten hindurch, gerade
wie bei Marcolph. Tiefer im Buche iſt Marcolph in
ſeiner Wohnung; im Holzſchnitte iſt König Salomon
in ſeine Thüre eingeritten, und ſein Eſel ſieht halb
innen und halb auſſen, in dieſer Stellung legt er ihm
ſpitzfündige Räthſel vor, die der König ihm nicht löſen
kann; er kömmt dann wieder an Hof mit einem Topfe
Milch, dem König zum Geſchenk beſtimmt, den er
aber mit einem Kuhfladen bedeckt, ſtatt des Eierkuchen,
den er gegeſſen hat. Er muß dann über Racht mit
Salomon wachen, auf den Schlaf iſt ihm der Tod
geſetzt, er rettet ſich aber jedesmal mit Schwänken
wieder. Am Morgen hetzt er die Weiber zum allge-
meinen Auflauf an, eine Poſſe, die vorzüglich gut
angelegt und gehalten iſt; wird vom Hofe gejagt,
verleitet dann den König zu einer Jagd, die mit
einer Szene von derber Obſcönität ſich endigt. Er
wird darüber zum Tode verdammt, rettet ſich aber
wieder dadurch, daß er ſich die Gnade vorbehält, den
Baum auszuwählen, an den er gehangen werden ſoll,
wo er ſich dann durch ganz Canann führen läßt, ohne

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0209" n="191"/>
gewach&#x017F;en: antwort Billero Es &#x017F;eynd acht Dinge die<lb/>
gegeneinander Feind&#x017F;chaft tragen, der Wolf und der<lb/>
Bauer, die Katz und die Maus, der Habbich und die<lb/>
Taube, der Rabe und die Kröte&#x201C;, und &#x017F;o fort immer<lb/>
in die&#x017F;em Tone mehrere Quart&#x017F;eiten hindurch, gerade<lb/>
wie bei Marcolph. Tiefer im Buche i&#x017F;t Marcolph in<lb/>
&#x017F;einer Wohnung; im Holz&#x017F;chnitte i&#x017F;t König Salomon<lb/>
in &#x017F;eine Thüre eingeritten, und &#x017F;ein E&#x017F;el &#x017F;ieht halb<lb/>
innen und halb au&#x017F;&#x017F;en, in die&#x017F;er Stellung legt er ihm<lb/>
&#x017F;pitzfündige Räth&#x017F;el vor, die der König ihm nicht lö&#x017F;en<lb/>
kann; er kömmt dann wieder an Hof mit einem Topfe<lb/>
Milch, dem König zum Ge&#x017F;chenk be&#x017F;timmt, den er<lb/>
aber mit einem Kuhfladen bedeckt, &#x017F;tatt des Eierkuchen,<lb/>
den er gege&#x017F;&#x017F;en hat. Er muß dann über Racht mit<lb/>
Salomon wachen, auf den Schlaf i&#x017F;t ihm der Tod<lb/>
ge&#x017F;etzt, er rettet &#x017F;ich aber jedesmal mit Schwänken<lb/>
wieder. Am Morgen hetzt er die Weiber zum allge-<lb/>
meinen Auflauf an, eine Po&#x017F;&#x017F;e, die vorzüglich gut<lb/>
angelegt und gehalten i&#x017F;t; wird vom Hofe gejagt,<lb/>
verleitet dann den König zu einer Jagd, die mit<lb/>
einer Szene von derber Ob&#x017F;cönität &#x017F;ich endigt. Er<lb/>
wird darüber zum Tode verdammt, rettet &#x017F;ich aber<lb/>
wieder dadurch, daß er &#x017F;ich die Gnade vorbehält, den<lb/>
Baum auszuwählen, an den er gehangen werden &#x017F;oll,<lb/>
wo er &#x017F;ich dann durch ganz Canann führen läßt, ohne<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[191/0209] gewachſen: antwort Billero Es ſeynd acht Dinge die gegeneinander Feindſchaft tragen, der Wolf und der Bauer, die Katz und die Maus, der Habbich und die Taube, der Rabe und die Kröte“, und ſo fort immer in dieſem Tone mehrere Quartſeiten hindurch, gerade wie bei Marcolph. Tiefer im Buche iſt Marcolph in ſeiner Wohnung; im Holzſchnitte iſt König Salomon in ſeine Thüre eingeritten, und ſein Eſel ſieht halb innen und halb auſſen, in dieſer Stellung legt er ihm ſpitzfündige Räthſel vor, die der König ihm nicht löſen kann; er kömmt dann wieder an Hof mit einem Topfe Milch, dem König zum Geſchenk beſtimmt, den er aber mit einem Kuhfladen bedeckt, ſtatt des Eierkuchen, den er gegeſſen hat. Er muß dann über Racht mit Salomon wachen, auf den Schlaf iſt ihm der Tod geſetzt, er rettet ſich aber jedesmal mit Schwänken wieder. Am Morgen hetzt er die Weiber zum allge- meinen Auflauf an, eine Poſſe, die vorzüglich gut angelegt und gehalten iſt; wird vom Hofe gejagt, verleitet dann den König zu einer Jagd, die mit einer Szene von derber Obſcönität ſich endigt. Er wird darüber zum Tode verdammt, rettet ſich aber wieder dadurch, daß er ſich die Gnade vorbehält, den Baum auszuwählen, an den er gehangen werden ſoll, wo er ſich dann durch ganz Canann führen läßt, ohne

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/209
Zitationshilfe: Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/209>, abgerufen am 21.11.2024.