als einen gleich negativ Gewordnen dargestellt, und dem gleichen Abscheu preiß gegeben hatte. So erscheint Faust daher in der Geschichte gleichsam als der allge- meine Repräsentant der ganzen schwarzkünstlerischen, zauberischen Tendenzen, die durch alle Jahrhunderte durch- gegangen waren, jetzt aber an der Gränze, wo das einige Ganze der Religion schismatisch in sich selbst zerfiel, und Haß und Feindschaft in den getrennten Gegensätzen erwuchs, endlich ihren gemeinschaftlichen Sammelpunkt in einem Manne fanden, der bei seinen vielfältigen Reisen in mannigfaltige Berührung mit allen Classen des Volks gekommen war, und überall sich der Gemeinschaft mit dem Bösen rühmte. Schon in den frühesten Zeiten trug sich das Volk mit ähnlichen Erzählungen von Teufelsbannungen, wie sie im Faust sich finden. Außerdem daß das ganze Hexenwesen unmit- telbar damit zusammenhing, in dem durchaus die mystische Verzuckung, aber nicht in die Seligkeiten des Himmels, sondern in den Abgrund der Hölle, auf den Blocksberg oder unter das Hochgericht wiederkehrte, hatte das Volk zu allen Zeiten Menschen, die es im Bunde mit dem Teufel glaubte. Zoronster, Democrit, Empedokles, Apollonius waren in den älteren Zeiten diesem Urtheil nicht entgangen, und in der neuern Zeit mußten Raimund Lullius, Arnold von Villeneuve,
als einen gleich negativ Gewordnen dargeſtellt, und dem gleichen Abſcheu preiß gegeben hatte. So erſcheint Fauſt daher in der Geſchichte gleichſam als der allge- meine Repräſentant der ganzen ſchwarzkünſtleriſchen, zauberiſchen Tendenzen, die durch alle Jahrhunderte durch- gegangen waren, jetzt aber an der Gränze, wo das einige Ganze der Religion ſchismatiſch in ſich ſelbſt zerfiel, und Haß und Feindſchaft in den getrennten Gegenſätzen erwuchs, endlich ihren gemeinſchaftlichen Sammelpunkt in einem Manne fanden, der bei ſeinen vielfältigen Reiſen in mannigfaltige Berührung mit allen Claſſen des Volks gekommen war, und überall ſich der Gemeinſchaft mit dem Böſen rühmte. Schon in den früheſten Zeiten trug ſich das Volk mit ähnlichen Erzählungen von Teufelsbannungen, wie ſie im Fauſt ſich finden. Außerdem daß das ganze Hexenweſen unmit- telbar damit zuſammenhing, in dem durchaus die myſtiſche Verzuckung, aber nicht in die Seligkeiten des Himmels, ſondern in den Abgrund der Hölle, auf den Blocksberg oder unter das Hochgericht wiederkehrte, hatte das Volk zu allen Zeiten Menſchen, die es im Bunde mit dem Teufel glaubte. Zoronſter, Democrit, Empedokles, Apollonius waren in den älteren Zeiten dieſem Urtheil nicht entgangen, und in der neuern Zeit mußten Raimund Lullius, Arnold von Villeneuve,
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als einen gleich negativ Gewordnen dargeſtellt, und
dem gleichen Abſcheu preiß gegeben hatte. So erſcheint
Fauſt daher in der Geſchichte gleichſam als der allge-
meine Repräſentant der ganzen ſchwarzkünſtleriſchen,
zauberiſchen Tendenzen, die durch alle Jahrhunderte durch-
gegangen waren, jetzt aber an der Gränze, wo
das einige Ganze der Religion ſchismatiſch in ſich ſelbſt
zerfiel, und Haß und Feindſchaft in den getrennten
Gegenſätzen erwuchs, endlich ihren gemeinſchaftlichen
Sammelpunkt in einem Manne fanden, der bei ſeinen
vielfältigen Reiſen in mannigfaltige Berührung mit
allen Claſſen des Volks gekommen war, und überall
ſich der Gemeinſchaft mit dem Böſen rühmte. Schon
in den früheſten Zeiten trug ſich das Volk mit ähnlichen
Erzählungen von Teufelsbannungen, wie ſie im Fauſt
ſich finden. Außerdem daß das ganze Hexenweſen unmit-
telbar damit zuſammenhing, in dem durchaus die
myſtiſche Verzuckung, aber nicht in die Seligkeiten des
Himmels, ſondern in den Abgrund der Hölle, auf den
Blocksberg oder unter das Hochgericht wiederkehrte,
hatte das Volk zu allen Zeiten Menſchen, die es im
Bunde mit dem Teufel glaubte. Zoronſter, Democrit,
Empedokles, Apollonius waren in den älteren Zeiten
dieſem Urtheil nicht entgangen, und in der neuern Zeit
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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/233>, abgerufen am 21.11.2024.
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