unserer feinen Literatur die Kunstwerke umsummen und stier und dumm begaffen sehen, und dann in dem bösen Pfuhle, der sich um die hohen Bilder sammelt, die schönen Formen in mißfälligen Verzerrungen wie- derscheinen, dann wittern wir Pöbelluft; die Schlech- tigkeit im Volke hat ihre Repräsentanten zum großen Convente abgesendet, und die sitzen nun im Rathe zu Gericht über Leben, Kunst und Wissenschaft, und legen ihren Comittenten periodisch Rechenschaft von ihrem Thun und Lassen ab, und es ist ein Geist und ein Willen und eine Gesinnung, die unter den ver- bundenen Brüdern und Freunden herrschen. So hat das Böse, das Schlechte, das Gemeine seine Kirche, seinen sichtbaren Statthalter auf Erden, betraute Näthe, Priester, Ritter, Layen, alles Janhagel, feiner, gröber, bestialisch, geschliffen, pfiffig, dumm, alles Janhagel. Von dieses Volkes Büchern reden wir nicht, es würde zu weitläuftig seyn, und wir würden uns zu hoch versteigen müssen. Aber es giebt ein anderes Volk in diesem Volke, alle Genien in Tugend, Kunst und Wissenschaft, und in jedem Thun sind dieses Volkes Blüthe; jeder, der reinen Herzens und lauterer Gesinnung ist, gehört zu ihm; durch alle Stände zieht es, alles Niedere adelnd, sich hin- durch, und jeglichen Standes innerster Kern, und
unſerer feinen Literatur die Kunſtwerke umſummen und ſtier und dumm begaffen ſehen, und dann in dem böſen Pfuhle, der ſich um die hohen Bilder ſammelt, die ſchönen Formen in mißfälligen Verzerrungen wie- derſcheinen, dann wittern wir Pöbelluft; die Schlech- tigkeit im Volke hat ihre Repräſentanten zum großen Convente abgeſendet, und die ſitzen nun im Rathe zu Gericht über Leben, Kunſt und Wiſſenſchaft, und legen ihren Comittenten periodiſch Rechenſchaft von ihrem Thun und Laſſen ab, und es iſt ein Geiſt und ein Willen und eine Geſinnung, die unter den ver- bundenen Brüdern und Freunden herrſchen. So hat das Böſe, das Schlechte, das Gemeine ſeine Kirche, ſeinen ſichtbaren Statthalter auf Erden, betraute Näthe, Prieſter, Ritter, Layen, alles Janhagel, feiner, gröber, beſtialiſch, geſchliffen, pfiffig, dumm, alles Janhagel. Von dieſes Volkes Büchern reden wir nicht, es würde zu weitläuftig ſeyn, und wir würden uns zu hoch verſteigen müſſen. Aber es giebt ein anderes Volk in dieſem Volke, alle Genien in Tugend, Kunſt und Wiſſenſchaft, und in jedem Thun ſind dieſes Volkes Blüthe; jeder, der reinen Herzens und lauterer Geſinnung iſt, gehört zu ihm; durch alle Stände zieht es, alles Niedere adelnd, ſich hin- durch, und jeglichen Standes innerſter Kern, und
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unſerer feinen Literatur die Kunſtwerke umſummen
und ſtier und dumm begaffen ſehen, und dann in dem
böſen Pfuhle, der ſich um die hohen Bilder ſammelt,
die ſchönen Formen in mißfälligen Verzerrungen wie-
derſcheinen, dann wittern wir Pöbelluft; die Schlech-
tigkeit im Volke hat ihre Repräſentanten zum großen
Convente abgeſendet, und die ſitzen nun im Rathe zu
Gericht über Leben, Kunſt und Wiſſenſchaft, und
legen ihren Comittenten periodiſch Rechenſchaft von
ihrem Thun und Laſſen ab, und es iſt ein Geiſt und
ein Willen und eine Geſinnung, die unter den ver-
bundenen Brüdern und Freunden herrſchen. So hat
das Böſe, das Schlechte, das Gemeine ſeine Kirche,
ſeinen ſichtbaren Statthalter auf Erden, betraute
Näthe, Prieſter, Ritter, Layen, alles Janhagel,
feiner, gröber, beſtialiſch, geſchliffen, pfiffig, dumm,
alles Janhagel. Von dieſes Volkes Büchern reden
wir nicht, es würde zu weitläuftig ſeyn, und wir
würden uns zu hoch verſteigen müſſen. Aber es giebt
ein anderes Volk in dieſem Volke, alle Genien in
Tugend, Kunſt und Wiſſenſchaft, und in jedem Thun
ſind dieſes Volkes Blüthe; jeder, der reinen Herzens
und lauterer Geſinnung iſt, gehört zu ihm; durch
alle Stände zieht es, alles Niedere adelnd, ſich hin-
durch, und jeglichen Standes innerſter Kern, und
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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/24>, abgerufen am 03.12.2024.
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