Bürger hinter der äußeren Eleganz versteckt, im Bauer aber in der Regel den guten Ton so zu sagen ins Fleisch geschlagen, und dort zum Tonus des Mus- kels werden. Man sollte denken, daß der eingesperrte Bauer dort wohl auch einmal, wenn er sich durchge- schlagen, auf bäuerisch sich erquicken mögte, und wie- der daß wohl auch in den unteren Ständen, besonders an Sonn- und Festtagen, wenn der Wo- chenschmutz abgerieben, und der Körper im Staate auch zu Staatsactionen aufgelegt sich fühlt, der kniende Herr im Menschen sich aufrichten, und um sich blicken, und auch nach den goldenen Aepfeln lüstern mögte, die oben in dem dunkeln Laube hängen. Wir wollen indessen keineswegs auf diesem fußen: jene würden schamhaft darum sich verbergen, daß sie in einem schwachen Momente sich überrascht; diese würde man als eitle Parvenus verlachen und in Spott entlassen. Aber eines wollen wir vorzüglich in's Auge nehmen, daß wir die Pöbelhaftigkeit, als Solche rein schlecht und verwerflich unterscheiden von Volksgeist und Volkes- sinn, die in ihrer Ausartung und Verderbniß nur in jenen übergehen. Wir werden dann der alten Bemer- kung uns erinnern, wie diese Pöbelhaftigkeit durch alle Stände greifend keineswegs allein auf die Unteren sich be- schränkt. Wenn wir das lärmende Marktvolk in
Bürger hinter der äußeren Eleganz verſteckt, im Bauer aber in der Regel den guten Ton ſo zu ſagen ins Fleiſch geſchlagen, und dort zum Tonus des Mus- kels werden. Man ſollte denken, daß der eingeſperrte Bauer dort wohl auch einmal, wenn er ſich durchge- ſchlagen, auf bäueriſch ſich erquicken mögte, und wie- der daß wohl auch in den unteren Ständen, beſonders an Sonn- und Feſttagen, wenn der Wo- chenſchmutz abgerieben, und der Körper im Staate auch zu Staatsactionen aufgelegt ſich fühlt, der kniende Herr im Menſchen ſich aufrichten, und um ſich blicken, und auch nach den goldenen Aepfeln lüſtern mögte, die oben in dem dunkeln Laube hängen. Wir wollen indeſſen keineswegs auf dieſem fußen: jene würden ſchamhaft darum ſich verbergen, daß ſie in einem ſchwachen Momente ſich überraſcht; dieſe würde man als eitle Parvenus verlachen und in Spott entlaſſen. Aber eines wollen wir vorzüglich in’s Auge nehmen, daß wir die Pöbelhaftigkeit, als Solche rein ſchlecht und verwerflich unterſcheiden von Volksgeiſt und Volkes- ſinn, die in ihrer Ausartung und Verderbniß nur in jenen übergehen. Wir werden dann der alten Bemer- kung uns erinnern, wie dieſe Pöbelhaftigkeit durch alle Stände greifend keineswegs allein auf die Unteren ſich be- ſchränkt. Wenn wir das lärmende Marktvolk in
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Bürger hinter der äußeren Eleganz verſteckt, im
Bauer aber in der Regel den guten Ton ſo zu ſagen
ins Fleiſch geſchlagen, und dort zum Tonus des Mus-
kels werden. Man ſollte denken, daß der eingeſperrte
Bauer dort wohl auch einmal, wenn er ſich durchge-
ſchlagen, auf bäueriſch ſich erquicken mögte, und wie-
der daß wohl auch in den unteren Ständen,
beſonders an Sonn- und Feſttagen, wenn der Wo-
chenſchmutz abgerieben, und der Körper im Staate
auch zu Staatsactionen aufgelegt ſich fühlt, der kniende
Herr im Menſchen ſich aufrichten, und um ſich blicken,
und auch nach den goldenen Aepfeln lüſtern mögte,
die oben in dem dunkeln Laube hängen. Wir wollen
indeſſen keineswegs auf dieſem fußen: jene würden
ſchamhaft darum ſich verbergen, daß ſie in einem
ſchwachen Momente ſich überraſcht; dieſe würde man
als eitle Parvenus verlachen und in Spott entlaſſen.
Aber eines wollen wir vorzüglich in’s Auge nehmen,
daß wir die Pöbelhaftigkeit, als Solche rein ſchlecht
und verwerflich unterſcheiden von Volksgeiſt und Volkes-
ſinn, die in ihrer Ausartung und Verderbniß nur in
jenen übergehen. Wir werden dann der alten Bemer-
kung uns erinnern, wie dieſe Pöbelhaftigkeit durch alle
Stände greifend keineswegs allein auf die Unteren ſich be-
ſchränkt. Wenn wir das lärmende Marktvolk in
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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/23>, abgerufen am 21.11.2024.
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