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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807.

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betend rund umher, bis auf die Wolken, die einzeln
wie Pilger, hell in innerem Verlangen erglänzend,
auf blauer Himmelsbahn hinwandeln zum Lande der
Verheißung, und die Winde, die wie Stumme der
Natur nur im Hauche beten: so blickt das Gedicht mit
dem bescheidnen kleinen Glockenthurme aus des Mittel-
alters dicht verwachsenem Hain vom fernen, grauen
Berg herab, und Jahrhunderte durch läutet das kleine
Glöckchen oben fort und fort, zum Trost einladend
dem Wandrer zu, daß er zu dem Bilde komme und
sich Stärke hohle und freudigen Lebensmuth. Unter
allen den verschiednen Büchern dieser Gattung ist die
Genoveva durchaus das Geschlossenste und am meisten
Ausgerundete; stellenweiße ganz vollendet, und in
seiner anspruchlosen Natürlichkeit unübertrefflich aus-
geführt, im Ganzen in einem rührend unschuldigen
Ton gehalten, kindlich, ungeschmückt, und in sich
selbst beschattet und erdunkelnd in heiligem Gefühl.
Und so war es denn werth, wie es da ist, zwei treffliche
Dichter zu begeistern. Tiek, daß er uns in seinem
Gedichte, wie ein Zauberer im Crystalle, die ganze
romantische Liebe in einem zarten Luft- und Gluth-
und Farbengewebe aus einer lichtklaren Morgenröthe
kunstreich zur Gestalt gebildet zeigt, und der Mahler
Müller, in seinem Fragmente, die Heilige als eine

betend rund umher, bis auf die Wolken, die einzeln
wie Pilger, hell in innerem Verlangen erglänzend,
auf blauer Himmelsbahn hinwandeln zum Lande der
Verheißung, und die Winde, die wie Stumme der
Natur nur im Hauche beten: ſo blickt das Gedicht mit
dem beſcheidnen kleinen Glockenthurme aus des Mittel-
alters dicht verwachſenem Hain vom fernen, grauen
Berg herab, und Jahrhunderte durch läutet das kleine
Glöckchen oben fort und fort, zum Troſt einladend
dem Wandrer zu, daß er zu dem Bilde komme und
ſich Stärke hohle und freudigen Lebensmuth. Unter
allen den verſchiednen Büchern dieſer Gattung iſt die
Genoveva durchaus das Geſchloſſenſte und am meiſten
Ausgerundete; ſtellenweiße ganz vollendet, und in
ſeiner anſpruchloſen Natürlichkeit unübertrefflich aus-
geführt, im Ganzen in einem rührend unſchuldigen
Ton gehalten, kindlich, ungeſchmückt, und in ſich
ſelbſt beſchattet und erdunkelnd in heiligem Gefühl.
Und ſo war es denn werth, wie es da iſt, zwei treffliche
Dichter zu begeiſtern. Tiek, daß er uns in ſeinem
Gedichte, wie ein Zauberer im Cryſtalle, die ganze
romantiſche Liebe in einem zarten Luft- und Gluth-
und Farbengewebe aus einer lichtklaren Morgenröthe
kunſtreich zur Geſtalt gebildet zeigt, und der Mahler
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[247/0265] betend rund umher, bis auf die Wolken, die einzeln wie Pilger, hell in innerem Verlangen erglänzend, auf blauer Himmelsbahn hinwandeln zum Lande der Verheißung, und die Winde, die wie Stumme der Natur nur im Hauche beten: ſo blickt das Gedicht mit dem beſcheidnen kleinen Glockenthurme aus des Mittel- alters dicht verwachſenem Hain vom fernen, grauen Berg herab, und Jahrhunderte durch läutet das kleine Glöckchen oben fort und fort, zum Troſt einladend dem Wandrer zu, daß er zu dem Bilde komme und ſich Stärke hohle und freudigen Lebensmuth. Unter allen den verſchiednen Büchern dieſer Gattung iſt die Genoveva durchaus das Geſchloſſenſte und am meiſten Ausgerundete; ſtellenweiße ganz vollendet, und in ſeiner anſpruchloſen Natürlichkeit unübertrefflich aus- geführt, im Ganzen in einem rührend unſchuldigen Ton gehalten, kindlich, ungeſchmückt, und in ſich ſelbſt beſchattet und erdunkelnd in heiligem Gefühl. Und ſo war es denn werth, wie es da iſt, zwei treffliche Dichter zu begeiſtern. Tiek, daß er uns in ſeinem Gedichte, wie ein Zauberer im Cryſtalle, die ganze romantiſche Liebe in einem zarten Luft- und Gluth- und Farbengewebe aus einer lichtklaren Morgenröthe kunſtreich zur Geſtalt gebildet zeigt, und der Mahler Müller, in ſeinem Fragmente, die Heilige als eine

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Zitationshilfe: Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/265>, abgerufen am 24.11.2024.