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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807.

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bis in die grauesten Zeiten des Alterthums hinaufrei-
chen, dann gewinnen sie ein wahrhaft ungemessenes
Publicum, und sie stehen keineswegs mehr als Gegen-
stände unserer Toleranz uns gegenüber, sondern viel-
mehr als Objecte unserer höchsten Verehrung und
unserer wahrhaftigen Hochachtung; als ehrwürdige
Alterthümer, die durch das läuternde Feuer so vieler
Zeiten und Geister unversehrt durchgegangen sind.
Man glaube nur nicht, daß ein Schlechtes für sich
diese Prüfung der Menge und der Zeit bestehen könne;
es kann mit unterlaufen, von dem Guten durchge-
schleppt, aber nimmer sich für sich selbst allein be-
haupten. Die Nation ist nicht einem todten Felsen
ähnlich, dem der Meisel willkührlich jedes Bild ein-
graben kann, es muß etwas ihm Zusagendes in dem
seyn, was man von ihr aufgenommen wissen will;
ein dunkler Instinct für das Gute ist keiner Creatur
versagt, und damit fühlt sich leicht, was gut und ge-
deihlich was schädlich und giftig ist, heraus, und kräftig,
und ohne sich zu besinnen, stößt die Menge alles ab,
vor dem dieser dunkle Trieb sie warnt. Und wenn
auch einzelne Irrungen unterlaufen, wenn das Schlechte,
das Kraftlose augenblicklichen Eingang findet, bald
erwacht der innere Eckel und Ueberdruß, und die Zeit
spült in ihrem Strome alles wieder weg, und gleicht

bis in die graueſten Zeiten des Alterthums hinaufrei-
chen, dann gewinnen ſie ein wahrhaft ungemeſſenes
Publicum, und ſie ſtehen keineswegs mehr als Gegen-
ſtände unſerer Toleranz uns gegenüber, ſondern viel-
mehr als Objecte unſerer höchſten Verehrung und
unſerer wahrhaftigen Hochachtung; als ehrwürdige
Alterthümer, die durch das läuternde Feuer ſo vieler
Zeiten und Geiſter unverſehrt durchgegangen ſind.
Man glaube nur nicht, daß ein Schlechtes für ſich
dieſe Prüfung der Menge und der Zeit beſtehen könne;
es kann mit unterlaufen, von dem Guten durchge-
ſchleppt, aber nimmer ſich für ſich ſelbſt allein be-
haupten. Die Nation iſt nicht einem todten Felſen
ähnlich, dem der Meiſel willkührlich jedes Bild ein-
graben kann, es muß etwas ihm Zuſagendes in dem
ſeyn, was man von ihr aufgenommen wiſſen will;
ein dunkler Inſtinct für das Gute iſt keiner Creatur
verſagt, und damit fühlt ſich leicht, was gut und ge-
deihlich was ſchädlich und giftig iſt, heraus, und kräftig,
und ohne ſich zu beſinnen, ſtößt die Menge alles ab,
vor dem dieſer dunkle Trieb ſie warnt. Und wenn
auch einzelne Irrungen unterlaufen, wenn das Schlechte,
das Kraftloſe augenblicklichen Eingang findet, bald
erwacht der innere Eckel und Ueberdruß, und die Zeit
ſpült in ihrem Strome alles wieder weg, und gleicht

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[11/0029] bis in die graueſten Zeiten des Alterthums hinaufrei- chen, dann gewinnen ſie ein wahrhaft ungemeſſenes Publicum, und ſie ſtehen keineswegs mehr als Gegen- ſtände unſerer Toleranz uns gegenüber, ſondern viel- mehr als Objecte unſerer höchſten Verehrung und unſerer wahrhaftigen Hochachtung; als ehrwürdige Alterthümer, die durch das läuternde Feuer ſo vieler Zeiten und Geiſter unverſehrt durchgegangen ſind. Man glaube nur nicht, daß ein Schlechtes für ſich dieſe Prüfung der Menge und der Zeit beſtehen könne; es kann mit unterlaufen, von dem Guten durchge- ſchleppt, aber nimmer ſich für ſich ſelbſt allein be- haupten. Die Nation iſt nicht einem todten Felſen ähnlich, dem der Meiſel willkührlich jedes Bild ein- graben kann, es muß etwas ihm Zuſagendes in dem ſeyn, was man von ihr aufgenommen wiſſen will; ein dunkler Inſtinct für das Gute iſt keiner Creatur verſagt, und damit fühlt ſich leicht, was gut und ge- deihlich was ſchädlich und giftig iſt, heraus, und kräftig, und ohne ſich zu beſinnen, ſtößt die Menge alles ab, vor dem dieſer dunkle Trieb ſie warnt. Und wenn auch einzelne Irrungen unterlaufen, wenn das Schlechte, das Kraftloſe augenblicklichen Eingang findet, bald erwacht der innere Eckel und Ueberdruß, und die Zeit ſpült in ihrem Strome alles wieder weg, und gleicht

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Zitationshilfe: Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/29>, abgerufen am 21.11.2024.