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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807.

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Standesunterschied sich mehr ausgleicht, und die in
ihnen oft für ihre ganze künftige Existenz den äuße-
ren Anstoß findet, und den Enthusiasmus ihres Lebens
saugt. Aber keineswegs auf diesen großen nationellen
Kreis haben sie ihre Wirksamkeit beschränkt; wie bei
den Teutschen, so finden wir sie auf gleiche Weise
bei den Franzosen in allgemeinem Umlauf; wie dort
Cöln und vorzüglich Nürnberg sie zu tausenden nach
allen Richtungen hin vertreiben, so ist hier Troyes der
allgemeine Stapelplatz, von wo aus sie, in gleicher
Menge, nur in der Form häufig sorgfältiger und
correcter wie bei den Teutschen, sich über die Nation
verbreiten, und einen unzuberechnenden Einfluß auf
ihren Geist und Character üben. Und auch damit noch
ist der Wirkungskreis dieser Bücher nicht begränzt;
während die Holländer und die Engelländer die Mei-
sten in ihrer Sprache besitzen, haben nicht minder die
Spanier und die Italiäner sie theils in die Ihrige
übersetzt, theils Manche selbst für sich producirt, so
daß vielleicht sechszig und mehr Millionen Menschen
um ihre Existenz wissen, und mehr oder weniger an
ihnen sich erfreuen. Nimmt man nun noch hinzu,
daß während im Jahrhunderte dreimal die Generatio-
nen wechseln, diese Bücher drei, vier und mehrere
Jahrhunderte überlebten; Manche wie wir sehen werden,

Standesunterſchied ſich mehr ausgleicht, und die in
ihnen oft für ihre ganze künftige Exiſtenz den äuße-
ren Anſtoß findet, und den Enthuſiasmus ihres Lebens
ſaugt. Aber keineswegs auf dieſen großen nationellen
Kreis haben ſie ihre Wirkſamkeit beſchränkt; wie bei
den Teutſchen, ſo finden wir ſie auf gleiche Weiſe
bei den Franzoſen in allgemeinem Umlauf; wie dort
Cöln und vorzüglich Nürnberg ſie zu tauſenden nach
allen Richtungen hin vertreiben, ſo iſt hier Troyes der
allgemeine Stapelplatz, von wo aus ſie, in gleicher
Menge, nur in der Form häufig ſorgfältiger und
correcter wie bei den Teutſchen, ſich über die Nation
verbreiten, und einen unzuberechnenden Einfluß auf
ihren Geiſt und Character üben. Und auch damit noch
iſt der Wirkungskreis dieſer Bücher nicht begränzt;
während die Holländer und die Engelländer die Mei-
ſten in ihrer Sprache beſitzen, haben nicht minder die
Spanier und die Italiäner ſie theils in die Ihrige
überſetzt, theils Manche ſelbſt für ſich producirt, ſo
daß vielleicht ſechszig und mehr Millionen Menſchen
um ihre Exiſtenz wiſſen, und mehr oder weniger an
ihnen ſich erfreuen. Nimmt man nun noch hinzu,
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[10/0028] Standesunterſchied ſich mehr ausgleicht, und die in ihnen oft für ihre ganze künftige Exiſtenz den äuße- ren Anſtoß findet, und den Enthuſiasmus ihres Lebens ſaugt. Aber keineswegs auf dieſen großen nationellen Kreis haben ſie ihre Wirkſamkeit beſchränkt; wie bei den Teutſchen, ſo finden wir ſie auf gleiche Weiſe bei den Franzoſen in allgemeinem Umlauf; wie dort Cöln und vorzüglich Nürnberg ſie zu tauſenden nach allen Richtungen hin vertreiben, ſo iſt hier Troyes der allgemeine Stapelplatz, von wo aus ſie, in gleicher Menge, nur in der Form häufig ſorgfältiger und correcter wie bei den Teutſchen, ſich über die Nation verbreiten, und einen unzuberechnenden Einfluß auf ihren Geiſt und Character üben. Und auch damit noch iſt der Wirkungskreis dieſer Bücher nicht begränzt; während die Holländer und die Engelländer die Mei- ſten in ihrer Sprache beſitzen, haben nicht minder die Spanier und die Italiäner ſie theils in die Ihrige überſetzt, theils Manche ſelbſt für ſich producirt, ſo daß vielleicht ſechszig und mehr Millionen Menſchen um ihre Exiſtenz wiſſen, und mehr oder weniger an ihnen ſich erfreuen. Nimmt man nun noch hinzu, daß während im Jahrhunderte dreimal die Generatio- nen wechſeln, dieſe Bücher drei, vier und mehrere Jahrhunderte überlebten; Manche wie wir ſehen werden,

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Zitationshilfe: Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/28>, abgerufen am 05.05.2024.