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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807.

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ein Kranz der Freude und der Fröhligkeit schlang sich
um den Sänger und seines Herzens Liebe her. Auch
die Poesie daher war wieder dankbar und ergeben dem
Geschlechte; gern mogte sie der Schönheit, als der höchsten
Instanz in Geschmack und Angelegenheiten der Liebe hul-
digen, und so traten denn die Minnegerichte in der
Zeit hervor; und es waren nicht Pedanten, die in
critischen Blättern die Kunstgebilde mit plumper Faust
zerpflückten, zarten Händen war die Pflege anvertraut,
und was aus warmem innerm Leben hervorgequollen
war, fand auch wieder warmes Leben außen vor, von
dem es freudig aufgenommen und geborgen wurde.
So hatte die Sirene der neuen Zeit in diesem Land
begonnen, und ob den Tönen erwachten nun auch die
Sirenen, die rund umher in den andern Gebürgen
schliefen; sie fielen in die Accorde ein, und schwellend
erhoben sich die Gesänge, und flutheten, immer weitere
Kreise schlagend, über den ganzen Welttheil hin.
Jenseits der Pyrenäen hatten die Spanier, ein schwer,
gediegen, gemüthvoll, tonreich Volk sich gesammelt;
da trugen die Mauren afrikanische Sonnengluth hin-
über in die Zaubernacht, und blutroth begann die
Nacht zu flammen, und in dem Brande kämpfte sich
der Kampf um den Himmel und den Propheten, und
es tönte Schwerdtesschlag heraus und Waffenklirren,

ein Kranz der Freude und der Fröhligkeit ſchlang ſich
um den Sänger und ſeines Herzens Liebe her. Auch
die Poeſie daher war wieder dankbar und ergeben dem
Geſchlechte; gern mogte ſie der Schönheit, als der höchſten
Inſtanz in Geſchmack und Angelegenheiten der Liebe hul-
digen, und ſo traten denn die Minnegerichte in der
Zeit hervor; und es waren nicht Pedanten, die in
critiſchen Blättern die Kunſtgebilde mit plumper Fauſt
zerpflückten, zarten Händen war die Pflege anvertraut,
und was aus warmem innerm Leben hervorgequollen
war, fand auch wieder warmes Leben außen vor, von
dem es freudig aufgenommen und geborgen wurde.
So hatte die Sirene der neuen Zeit in dieſem Land
begonnen, und ob den Tönen erwachten nun auch die
Sirenen, die rund umher in den andern Gebürgen
ſchliefen; ſie fielen in die Accorde ein, und ſchwellend
erhoben ſich die Geſänge, und flutheten, immer weitere
Kreiſe ſchlagend, über den ganzen Welttheil hin.
Jenſeits der Pyrenäen hatten die Spanier, ein ſchwer,
gediegen, gemüthvoll, tonreich Volk ſich geſammelt;
da trugen die Mauren afrikaniſche Sonnengluth hin-
über in die Zaubernacht, und blutroth begann die
Nacht zu flammen, und in dem Brande kämpfte ſich
der Kampf um den Himmel und den Propheten, und
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[284/0302] ein Kranz der Freude und der Fröhligkeit ſchlang ſich um den Sänger und ſeines Herzens Liebe her. Auch die Poeſie daher war wieder dankbar und ergeben dem Geſchlechte; gern mogte ſie der Schönheit, als der höchſten Inſtanz in Geſchmack und Angelegenheiten der Liebe hul- digen, und ſo traten denn die Minnegerichte in der Zeit hervor; und es waren nicht Pedanten, die in critiſchen Blättern die Kunſtgebilde mit plumper Fauſt zerpflückten, zarten Händen war die Pflege anvertraut, und was aus warmem innerm Leben hervorgequollen war, fand auch wieder warmes Leben außen vor, von dem es freudig aufgenommen und geborgen wurde. So hatte die Sirene der neuen Zeit in dieſem Land begonnen, und ob den Tönen erwachten nun auch die Sirenen, die rund umher in den andern Gebürgen ſchliefen; ſie fielen in die Accorde ein, und ſchwellend erhoben ſich die Geſänge, und flutheten, immer weitere Kreiſe ſchlagend, über den ganzen Welttheil hin. Jenſeits der Pyrenäen hatten die Spanier, ein ſchwer, gediegen, gemüthvoll, tonreich Volk ſich geſammelt; da trugen die Mauren afrikaniſche Sonnengluth hin- über in die Zaubernacht, und blutroth begann die Nacht zu flammen, und in dem Brande kämpfte ſich der Kampf um den Himmel und den Propheten, und es tönte Schwerdtesſchlag heraus und Waffenklirren,

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Zitationshilfe: Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/302>, abgerufen am 21.11.2024.