sehnende, in innerem Lebensmuth begeisterte Gemüth sich ergossen. Eintretend in die Welt, wie der Mensch selbst in sie tritt, ohne Vorsatz, ohne Ueberlegung und willkührliche Wahl, das Daseyn ein Geschenk höherer Mächte, sind sie keineswegs Kunstwerke, sondern Naturwerke wie die Pflanzen; oft aus dem Volke hinaus, oft auch in dasselbe hineingesungen, bekunden sie in jedem Falle eine ihm einwohnende Genialität, dort produc- tiv sich äußernd, und durch die Naivität, die sie in der Regel characterisirt, die Unschuld und die durchgän- gige Verschlungenheit aller Kräfte in der Masse, aus der sie aufgeblüht, verkündigend; hier aber durch ihre innere Trefflichkeit den feinen Tact und den gera- den Sinn bewährend, der schon so tief unten wohnt, und nur von dem Besseren gerührt nur allein das Bessere sich aneignet und bewahrt. Wie aber in die- sen Liedern der im Volke verborgene lyrische Geist in fröhlichen Lauten zuerst erwacht, und in wenig kunst- losen Formen die innere Begeisterung sich offenbart, und bald gegen das Ueberirdische hingerichtet, vom Heiligen spricht und singt, so gut die schwere wenig gelenke Zunge dem innern Enthusiasm Worte geben kann; dann aber wieder der Umgebung zugewendet, von dem Leben und seinen mannichfaltigen Beziehun- gen dichtet, jubelt oder klagt und scherzt: so muß auf
ſehnende, in innerem Lebensmuth begeiſterte Gemüth ſich ergoſſen. Eintretend in die Welt, wie der Menſch ſelbſt in ſie tritt, ohne Vorſatz, ohne Ueberlegung und willkührliche Wahl, das Daſeyn ein Geſchenk höherer Mächte, ſind ſie keineswegs Kunſtwerke, ſondern Naturwerke wie die Pflanzen; oft aus dem Volke hinaus, oft auch in daſſelbe hineingeſungen, bekunden ſie in jedem Falle eine ihm einwohnende Genialität, dort produc- tiv ſich äußernd, und durch die Naivität, die ſie in der Regel characteriſirt, die Unſchuld und die durchgän- gige Verſchlungenheit aller Kräfte in der Maſſe, aus der ſie aufgeblüht, verkündigend; hier aber durch ihre innere Trefflichkeit den feinen Tact und den gera- den Sinn bewährend, der ſchon ſo tief unten wohnt, und nur von dem Beſſeren gerührt nur allein das Beſſere ſich aneignet und bewahrt. Wie aber in die- ſen Liedern der im Volke verborgene lyriſche Geiſt in fröhlichen Lauten zuerſt erwacht, und in wenig kunſt- loſen Formen die innere Begeiſterung ſich offenbart, und bald gegen das Ueberirdiſche hingerichtet, vom Heiligen ſpricht und ſingt, ſo gut die ſchwere wenig gelenke Zunge dem innern Enthuſiasm Worte geben kann; dann aber wieder der Umgebung zugewendet, von dem Leben und ſeinen mannichfaltigen Beziehun- gen dichtet, jubelt oder klagt und ſcherzt: ſo muß auf
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ſehnende, in innerem Lebensmuth begeiſterte Gemüth ſich
ergoſſen. Eintretend in die Welt, wie der Menſch ſelbſt in
ſie tritt, ohne Vorſatz, ohne Ueberlegung und willkührliche
Wahl, das Daſeyn ein Geſchenk höherer Mächte,
ſind ſie keineswegs Kunſtwerke, ſondern Naturwerke
wie die Pflanzen; oft aus dem Volke hinaus, oft
auch in daſſelbe hineingeſungen, bekunden ſie in jedem
Falle eine ihm einwohnende Genialität, dort produc-
tiv ſich äußernd, und durch die Naivität, die ſie in
der Regel characteriſirt, die Unſchuld und die durchgän-
gige Verſchlungenheit aller Kräfte in der Maſſe,
aus der ſie aufgeblüht, verkündigend; hier aber durch
ihre innere Trefflichkeit den feinen Tact und den gera-
den Sinn bewährend, der ſchon ſo tief unten wohnt,
und nur von dem Beſſeren gerührt nur allein das
Beſſere ſich aneignet und bewahrt. Wie aber in die-
ſen Liedern der im Volke verborgene lyriſche Geiſt in
fröhlichen Lauten zuerſt erwacht, und in wenig kunſt-
loſen Formen die innere Begeiſterung ſich offenbart,
und bald gegen das Ueberirdiſche hingerichtet, vom
Heiligen ſpricht und ſingt, ſo gut die ſchwere wenig
gelenke Zunge dem innern Enthuſiasm Worte geben
kann; dann aber wieder der Umgebung zugewendet,
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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/33>, abgerufen am 03.12.2024.
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