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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807.

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Formen ihre bildende Kraft offenbaren wollen, dann
darf die Kunst auf keine Weiße sich scheuen ihr zu
folgen in dieser Metamorphose, und im Worte wieder
auszuprägen, was jene stumm und still gestaltete. Aber
doch ist nicht so ganz gleichmäßig in allen diesen Bil-
dungen ohne Unterschied derselbe Geist herrschend;
durch die ganze fortlaufende Entwickelung der Zeit ist
die Kunst von ferneher der Nation gefolgt, und die
vorzüglichsten Epochen dieser allmähligen Entwickelung
sind durch eben so viel vorstechende Werke bezeichnet.
Als die etruscischen Satyren, und die oscischen
Atellanen
zuerst eingeführt wurden in Rom, da
nahm das Volk sie freudig und willig auf; überrascht,
fand es seine ganze Natur in diesen rohen, wilden,
barbarischen Gestaltungen widerscheinend; die Kunst
rang mit seiner Kraft und seiner innern Energie, und
es rang wieder mit dem Geiste, der so derb anzufassen
wußte, und es gewann Geschmack dem Schimpfspiel
ab zwischen seinen Kräften und den Kräften des frem-
den wunderbaren Zaubers, und alle Poesie war noch
ganz Volkspoesie im eigentlichen Sinn, und in Allem
war große, feste, kernhafte Alpennatur. Nicht auf
dieser Stufe von Gediegenheit hat in neuern Zeiten
sich das Volk erhalten; schon dadurch daß eben ein
höherer Anflug aus der Masse sich heraus verflüchtigte,

Formen ihre bildende Kraft offenbaren wollen, dann
darf die Kunſt auf keine Weiße ſich ſcheuen ihr zu
folgen in dieſer Metamorphoſe, und im Worte wieder
auszuprägen, was jene ſtumm und ſtill geſtaltete. Aber
doch iſt nicht ſo ganz gleichmäßig in allen dieſen Bil-
dungen ohne Unterſchied derſelbe Geiſt herrſchend;
durch die ganze fortlaufende Entwickelung der Zeit iſt
die Kunſt von ferneher der Nation gefolgt, und die
vorzüglichſten Epochen dieſer allmähligen Entwickelung
ſind durch eben ſo viel vorſtechende Werke bezeichnet.
Als die etrusciſchen Satyren, und die osciſchen
Atellanen
zuerſt eingeführt wurden in Rom, da
nahm das Volk ſie freudig und willig auf; überraſcht,
fand es ſeine ganze Natur in dieſen rohen, wilden,
barbariſchen Geſtaltungen widerſcheinend; die Kunſt
rang mit ſeiner Kraft und ſeiner innern Energie, und
es rang wieder mit dem Geiſte, der ſo derb anzufaſſen
wußte, und es gewann Geſchmack dem Schimpfſpiel
ab zwiſchen ſeinen Kräften und den Kräften des frem-
den wunderbaren Zaubers, und alle Poeſie war noch
ganz Volkspoeſie im eigentlichen Sinn, und in Allem
war große, feſte, kernhafte Alpennatur. Nicht auf
dieſer Stufe von Gediegenheit hat in neuern Zeiten
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[23/0041] Formen ihre bildende Kraft offenbaren wollen, dann darf die Kunſt auf keine Weiße ſich ſcheuen ihr zu folgen in dieſer Metamorphoſe, und im Worte wieder auszuprägen, was jene ſtumm und ſtill geſtaltete. Aber doch iſt nicht ſo ganz gleichmäßig in allen dieſen Bil- dungen ohne Unterſchied derſelbe Geiſt herrſchend; durch die ganze fortlaufende Entwickelung der Zeit iſt die Kunſt von ferneher der Nation gefolgt, und die vorzüglichſten Epochen dieſer allmähligen Entwickelung ſind durch eben ſo viel vorſtechende Werke bezeichnet. Als die etrusciſchen Satyren, und die osciſchen Atellanen zuerſt eingeführt wurden in Rom, da nahm das Volk ſie freudig und willig auf; überraſcht, fand es ſeine ganze Natur in dieſen rohen, wilden, barbariſchen Geſtaltungen widerſcheinend; die Kunſt rang mit ſeiner Kraft und ſeiner innern Energie, und es rang wieder mit dem Geiſte, der ſo derb anzufaſſen wußte, und es gewann Geſchmack dem Schimpfſpiel ab zwiſchen ſeinen Kräften und den Kräften des frem- den wunderbaren Zaubers, und alle Poeſie war noch ganz Volkspoeſie im eigentlichen Sinn, und in Allem war große, feſte, kernhafte Alpennatur. Nicht auf dieſer Stufe von Gediegenheit hat in neuern Zeiten ſich das Volk erhalten; ſchon dadurch daß eben ein höherer Anflug aus der Maſſe ſich heraus verflüchtigte,

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Zitationshilfe: Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/41>, abgerufen am 23.11.2024.