Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

unter ihm weg, und fuhr nach Hause. Als Jonathas
erwachte, that er jämmerlich und verfluchte sich und
das Weib, als er aber sich aufmachte und fortgieng,
fand er einen Baum voll schöner Früchte, und weil er
hungrig war, aß er und ward plötzlich aussätzig. Da
er nun klagte und weinte, da fand er einen andern
Baum, und dacht, ich will die Frucht auch essen, ob
ich etwann stürb, als er aber zur Stund aß, da wurde
er rein vom Aussatz. Er kam als er fortzog in eine
Stadt, wo der König am Aussatze lag, heilte ihn mit
seinen Feigen, und gewann viel Guts. Er gieng dann
wieder zum Ort, wo die Jungfrau wohnte, fand sie krank,
bot sich ihr als Arzt an, gab aber vor, daß sie zuvör-
derst ihre Sünden beichten müsse. Sie beichtete den
Raub der drei Kleinote, die zu ihrem Kopfe lägen,
nun gab er ihr die Feigen, sie wurde zur Stunde noch
kränker und starb, er aber nahm die Kleinote und fuhr
freudig von dannen."

Man sieht, daß wenn Fortunatus nicht von diesem
Buche ursprünglich ausgegangen ist, Beide wenigstens
aus einer und derselben Quelle schöpften. Wir haben
seine eigentliche Abfassung in die erste Hälfte des fünf-
zehnten Jahrhunderts versetzt, um dieselbe Zeit mogte
Montevillas Reise in allgemeinen Umlauf gekommen
seyn, und die Geister zu erwärmen beginnen. Es war

11.

unter ihm weg, und fuhr nach Hauſe. Als Jonathas
erwachte, that er jämmerlich und verfluchte ſich und
das Weib, als er aber ſich aufmachte und fortgieng,
fand er einen Baum voll ſchöner Früchte, und weil er
hungrig war, aß er und ward plötzlich auſſätzig. Da
er nun klagte und weinte, da fand er einen andern
Baum, und dacht, ich will die Frucht auch eſſen, ob
ich etwann ſtürb, als er aber zur Stund aß, da wurde
er rein vom Ausſatz. Er kam als er fortzog in eine
Stadt, wo der König am Ausſatze lag, heilte ihn mit
ſeinen Feigen, und gewann viel Guts. Er gieng dann
wieder zum Ort, wo die Jungfrau wohnte, fand ſie krank,
bot ſich ihr als Arzt an, gab aber vor, daß ſie zuvör-
derſt ihre Sünden beichten müſſe. Sie beichtete den
Raub der drei Kleinote, die zu ihrem Kopfe lägen,
nun gab er ihr die Feigen, ſie wurde zur Stunde noch
kränker und ſtarb, er aber nahm die Kleinote und fuhr
freudig von dannen.“

Man ſieht, daß wenn Fortunatus nicht von dieſem
Buche urſprünglich ausgegangen iſt, Beide wenigſtens
aus einer und derſelben Quelle ſchöpften. Wir haben
ſeine eigentliche Abfaſſung in die erſte Hälfte des fünf-
zehnten Jahrhunderts verſetzt, um dieſelbe Zeit mogte
Montevillas Reiſe in allgemeinen Umlauf gekommen
ſeyn, und die Geiſter zu erwärmen beginnen. Es war

11.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0099" n="81"/>
unter ihm weg, und fuhr nach Hau&#x017F;e. Als Jonathas<lb/>
erwachte, that er jämmerlich und verfluchte &#x017F;ich und<lb/>
das Weib, als er aber &#x017F;ich aufmachte und fortgieng,<lb/>
fand er einen Baum voll &#x017F;chöner Früchte, und weil er<lb/>
hungrig war, aß er und ward plötzlich au&#x017F;&#x017F;ätzig. Da<lb/>
er nun klagte und weinte, da fand er einen andern<lb/>
Baum, und dacht, ich will die Frucht auch e&#x017F;&#x017F;en, ob<lb/>
ich etwann &#x017F;türb, als er aber zur Stund aß, da wurde<lb/>
er rein vom Aus&#x017F;atz. Er kam als er fortzog in eine<lb/>
Stadt, wo der König am Aus&#x017F;atze lag, heilte ihn mit<lb/>
&#x017F;einen Feigen, und gewann viel Guts. Er gieng dann<lb/>
wieder zum Ort, wo die Jungfrau wohnte, fand &#x017F;ie krank,<lb/>
bot &#x017F;ich ihr als Arzt an, gab aber vor, daß &#x017F;ie zuvör-<lb/>
der&#x017F;t ihre Sünden beichten mü&#x017F;&#x017F;e. Sie beichtete den<lb/>
Raub der drei Kleinote, die zu ihrem Kopfe lägen,<lb/>
nun gab er ihr die Feigen, &#x017F;ie wurde zur Stunde noch<lb/>
kränker und &#x017F;tarb, er aber nahm die Kleinote und fuhr<lb/>
freudig von dannen.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Man &#x017F;ieht, daß wenn Fortunatus nicht von die&#x017F;em<lb/>
Buche ur&#x017F;prünglich ausgegangen i&#x017F;t, Beide wenig&#x017F;tens<lb/>
aus einer und der&#x017F;elben Quelle &#x017F;chöpften. Wir haben<lb/>
&#x017F;eine eigentliche Abfa&#x017F;&#x017F;ung in die er&#x017F;te Hälfte des fünf-<lb/>
zehnten Jahrhunderts ver&#x017F;etzt, um die&#x017F;elbe Zeit mogte<lb/>
Montevillas Rei&#x017F;e in allgemeinen Umlauf gekommen<lb/>
&#x017F;eyn, und die Gei&#x017F;ter zu erwärmen beginnen. Es war<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">11.</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0099] unter ihm weg, und fuhr nach Hauſe. Als Jonathas erwachte, that er jämmerlich und verfluchte ſich und das Weib, als er aber ſich aufmachte und fortgieng, fand er einen Baum voll ſchöner Früchte, und weil er hungrig war, aß er und ward plötzlich auſſätzig. Da er nun klagte und weinte, da fand er einen andern Baum, und dacht, ich will die Frucht auch eſſen, ob ich etwann ſtürb, als er aber zur Stund aß, da wurde er rein vom Ausſatz. Er kam als er fortzog in eine Stadt, wo der König am Ausſatze lag, heilte ihn mit ſeinen Feigen, und gewann viel Guts. Er gieng dann wieder zum Ort, wo die Jungfrau wohnte, fand ſie krank, bot ſich ihr als Arzt an, gab aber vor, daß ſie zuvör- derſt ihre Sünden beichten müſſe. Sie beichtete den Raub der drei Kleinote, die zu ihrem Kopfe lägen, nun gab er ihr die Feigen, ſie wurde zur Stunde noch kränker und ſtarb, er aber nahm die Kleinote und fuhr freudig von dannen.“ Man ſieht, daß wenn Fortunatus nicht von dieſem Buche urſprünglich ausgegangen iſt, Beide wenigſtens aus einer und derſelben Quelle ſchöpften. Wir haben ſeine eigentliche Abfaſſung in die erſte Hälfte des fünf- zehnten Jahrhunderts verſetzt, um dieſelbe Zeit mogte Montevillas Reiſe in allgemeinen Umlauf gekommen ſeyn, und die Geiſter zu erwärmen beginnen. Es war 11.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/99
Zitationshilfe: Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/99>, abgerufen am 18.12.2024.