persönliches Wirken seine Amtsführung höchst sauer und beschwerlich. Jethro giebt ihm erst darüber Licht, und hilft ihm das Volk organisiren und Unter-Obrigkeiten bestellen; worauf er freylich selbst hätte fallen sollen.
Allein nicht bloss das Beste seines Schwähers und der Israeliten mag Jethro bedacht, sondern auch sein eigenes und der Midianiten Wohl erwägt haben. Ihm kommt Moses, den er ehemals als Flüchtling auf- genommen, den er unter seine Diener, un- ter seine Knechte noch vor kurzem gezählt, nun entgegen, an der Spitze einer grossen Volksmasse, die, ihren alten Sitz verlas- send, neuen Boden aufsucht und überall, wo sie sich hinlenkt, Furcht und Schre- cken verbreitet.
Nun konnte dem einsichtigen Manne nicht verborgen bleiben, dass der nächste Weg der Kinder Israel durch die Besitzun- gen der Midianiter gehe, dass dieser Zug überall den Heerden seines Volkes begeg- nen, dessen Ansiedelungen berühren, ja auf dessen schon wohleingerichteten Städte tref- fen würde. Die Grundsätze eines derge-
persönliches Wirken seine Amtsführung höchst sauer und beschwerlich. Jethro giebt ihm erst darüber Licht, und hilft ihm das Volk organisiren und Unter-Obrigkeiten bestellen; worauf er freylich selbst hätte fallen sollen.
Allein nicht bloſs das Beste seines Schwähers und der Israeliten mag Jethro bedacht, sondern auch sein eigenes und der Midianiten Wohl erwägt haben. Ihm kommt Moses, den er ehemals als Flüchtling auf- genommen, den er unter seine Diener, un- ter seine Knechte noch vor kurzem gezählt, nun entgegen, an der Spitze einer groſsen Volksmasse, die, ihren alten Sitz verlas- send, neuen Boden aufsucht und überall, wo sie sich hinlenkt, Furcht und Schre- cken verbreitet.
Nun konnte dem einsichtigen Manne nicht verborgen bleiben, daſs der nächste Weg der Kinder Israel durch die Besitzun- gen der Midianiter gehe, daſs dieser Zug überall den Heerden seines Volkes begeg- nen, dessen Ansiedelungen berühren, ja auf dessen schon wohleingerichteten Städte tref- fen würde. Die Grundsätze eines derge-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0449"n="437[439]"/>
persönliches Wirken seine Amtsführung<lb/>
höchst sauer und beschwerlich. Jethro giebt<lb/>
ihm erst darüber Licht, und hilft ihm das<lb/>
Volk organisiren und Unter-Obrigkeiten<lb/>
bestellen; worauf er freylich selbst hätte<lb/>
fallen sollen.</p><lb/><p>Allein nicht bloſs das Beste seines<lb/>
Schwähers und der Israeliten mag Jethro<lb/>
bedacht, sondern auch sein eigenes und der<lb/>
Midianiten Wohl erwägt haben. Ihm kommt<lb/>
Moses, den er ehemals als Flüchtling auf-<lb/>
genommen, den er unter seine Diener, un-<lb/>
ter seine Knechte noch vor kurzem gezählt,<lb/>
nun entgegen, an der Spitze einer groſsen<lb/>
Volksmasse, die, ihren alten Sitz verlas-<lb/>
send, neuen Boden aufsucht und überall,<lb/>
wo sie sich hinlenkt, Furcht und Schre-<lb/>
cken verbreitet.</p><lb/><p>Nun konnte dem einsichtigen Manne<lb/>
nicht verborgen bleiben, daſs der nächste<lb/>
Weg der Kinder Israel durch die Besitzun-<lb/>
gen der Midianiter gehe, daſs dieser Zug<lb/>
überall den Heerden seines Volkes begeg-<lb/>
nen, dessen Ansiedelungen berühren, ja auf<lb/>
dessen schon wohleingerichteten Städte tref-<lb/>
fen würde. Die Grundsätze eines derge-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[437[439]/0449]
persönliches Wirken seine Amtsführung
höchst sauer und beschwerlich. Jethro giebt
ihm erst darüber Licht, und hilft ihm das
Volk organisiren und Unter-Obrigkeiten
bestellen; worauf er freylich selbst hätte
fallen sollen.
Allein nicht bloſs das Beste seines
Schwähers und der Israeliten mag Jethro
bedacht, sondern auch sein eigenes und der
Midianiten Wohl erwägt haben. Ihm kommt
Moses, den er ehemals als Flüchtling auf-
genommen, den er unter seine Diener, un-
ter seine Knechte noch vor kurzem gezählt,
nun entgegen, an der Spitze einer groſsen
Volksmasse, die, ihren alten Sitz verlas-
send, neuen Boden aufsucht und überall,
wo sie sich hinlenkt, Furcht und Schre-
cken verbreitet.
Nun konnte dem einsichtigen Manne
nicht verborgen bleiben, daſs der nächste
Weg der Kinder Israel durch die Besitzun-
gen der Midianiter gehe, daſs dieser Zug
überall den Heerden seines Volkes begeg-
nen, dessen Ansiedelungen berühren, ja auf
dessen schon wohleingerichteten Städte tref-
fen würde. Die Grundsätze eines derge-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 437[439]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/449>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.