zwischen Osten und Westen; so auch della Valle, unabhängig, wohlhabend, vornehm, gebildet, empfohlen, findet Eingang bey Hofe und sucht gegen die Türken zu rei- zen. Ihn treibt eben dasselbe christliche Mitgefühl das die ersten Kreuzfahrer auf- regte; er hatte die Misshandlungen from- mer Pilger am heiligen Grabe gesehen, zum Theil mit erduldet, und allen westlichen Nationen war daran gelegen, dass Constan- tinopel von Osten her beunruhigt werde: aber Abbas vertraut nicht den Christen, die, auf eignen Vortheil bedacht, ihm zur rechten Zeit niemals von ihrer Seite bey- gestanden. Nun hat er sich mit den Tür- ken verglichen; della Valle lässt aber nicht nach und sucht eine Verbindung Persiens mit den Kosaken am schwarzen Meer an- zuknüpfen. Nun kehrt er nach Ispahan zu- rück, mit Absicht sich anzusiedeln und die Römisch-Catholische Religion zu fördern. Erst die Verwandten seiner Frau, dann noch mehr Christen aus Georgien zieht er an sich, eine georgianische Waise nimmt er an Kindesstatt an, hält sich mit den Carmeli- ten, und führt nichts weniger im Sinne als
zwischen Osten und Westen; so auch della Valle, unabhängig, wohlhabend, vornehm, gebildet, empfohlen, findet Eingang bey Hofe und sucht gegen die Türken zu rei- zen. Ihn treibt eben dasselbe christliche Mitgefühl das die ersten Kreuzfahrer auf- regte; er hatte die Miſshandlungen from- mer Pilger am heiligen Grabe gesehen, zum Theil mit erduldet, und allen westlichen Nationen war daran gelegen, daſs Constan- tinopel von Osten her beunruhigt werde: aber Abbas vertraut nicht den Christen, die, auf eignen Vortheil bedacht, ihm zur rechten Zeit niemals von ihrer Seite bey- gestanden. Nun hat er sich mit den Tür- ken verglichen; della Valle läſst aber nicht nach und sucht eine Verbindung Persiens mit den Kosaken am schwarzen Meer an- zuknüpfen. Nun kehrt er nach Ispahan zu- rück, mit Absicht sich anzusiedeln und die Römisch-Catholische Religion zu fördern. Erst die Verwandten seiner Frau, dann noch mehr Christen aus Georgien zieht er an sich, eine georgianische Waise nimmt er an Kindesstatt an, hält sich mit den Carmeli- ten, und führt nichts weniger im Sinne als
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[480[482]/0492]
zwischen Osten und Westen; so auch della
Valle, unabhängig, wohlhabend, vornehm,
gebildet, empfohlen, findet Eingang bey
Hofe und sucht gegen die Türken zu rei-
zen. Ihn treibt eben dasselbe christliche
Mitgefühl das die ersten Kreuzfahrer auf-
regte; er hatte die Miſshandlungen from-
mer Pilger am heiligen Grabe gesehen, zum
Theil mit erduldet, und allen westlichen
Nationen war daran gelegen, daſs Constan-
tinopel von Osten her beunruhigt werde:
aber Abbas vertraut nicht den Christen,
die, auf eignen Vortheil bedacht, ihm zur
rechten Zeit niemals von ihrer Seite bey-
gestanden. Nun hat er sich mit den Tür-
ken verglichen; della Valle läſst aber nicht
nach und sucht eine Verbindung Persiens
mit den Kosaken am schwarzen Meer an-
zuknüpfen. Nun kehrt er nach Ispahan zu-
rück, mit Absicht sich anzusiedeln und die
Römisch-Catholische Religion zu fördern.
Erst die Verwandten seiner Frau, dann noch
mehr Christen aus Georgien zieht er an
sich, eine georgianische Waise nimmt er an
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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 480[482]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/492>, abgerufen am 22.12.2024.
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