wir, unbehaglich in der Fremde, nach Hause zurückzuwandern, ja schon dort an- gelangt zu seyn wünschten. Fast unmög- lich ist es in solchem Fall sich der Unge- duld zu erwehren; auch unser Freund wird davon ergriffen, sein lebhafter Charakter, sein edles tüchtiges Selbstvertrauen täuschen ihn über die Schwierigkeiten die im Wege stehen. Seiner zu Wagnissen aufgelegten Kühnheit ist es bisher gelungen alle Hin- dernisse zu besiegen, alle Plane durchzu- setzen, er schmeichelt sich fernerhin mit gleichem Glück und entschliesst sich, da eine Rückkehr ihm durch die Wüste unerträg- lich scheint, zu dem Weg über Indien, in Gesellschaft seiner schönen Maani und ihrer Pflegetochter Mariuccia.
Manches unangenehme Ereigniss tritt ein, als Vorbedeutung künftiger Gefahr; doch zieht er über Persepolis und Schiras, wie immer aufmerkend, Gegenstände, Sit- ten und Landesart genau bezeichnend und aufzeichnend. So gelangt er an den persi- schen Meerbusen, dort aber findet er, wie vorauszusehen gewesen, die sämmtlichen Häfen geschlossen, alle Schiffe, nach Kriegs-
wir, unbehaglich in der Fremde, nach Hause zurückzuwandern, ja schon dort an- gelangt zu seyn wünschten. Fast unmög- lich ist es in solchem Fall sich der Unge- duld zu erwehren; auch unser Freund wird davon ergriffen, sein lebhafter Charakter, sein edles tüchtiges Selbstvertrauen täuschen ihn über die Schwierigkeiten die im Wege stehen. Seiner zu Wagnissen aufgelegten Kühnheit ist es bisher gelungen alle Hin- dernisse zu besiegen, alle Plane durchzu- setzen, er schmeichelt sich fernerhin mit gleichem Glück und entschlieſst sich, da eine Rückkehr ihm durch die Wüste unerträg- lich scheint, zu dem Weg über Indien, in Gesellschaft seiner schönen Maani und ihrer Pflegetochter Mariuccia.
Manches unangenehme Ereigniſs tritt ein, als Vorbedeutung künftiger Gefahr; doch zieht er über Persepolis und Schiras, wie immer aufmerkend, Gegenstände, Sit- ten und Landesart genau bezeichnend und aufzeichnend. So gelangt er an den persi- schen Meerbusen, dort aber findet er, wie vorauszusehen gewesen, die sämmtlichen Häfen geschlossen, alle Schiffe, nach Kriegs-
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[491[493]/0503]
wir, unbehaglich in der Fremde, nach
Hause zurückzuwandern, ja schon dort an-
gelangt zu seyn wünschten. Fast unmög-
lich ist es in solchem Fall sich der Unge-
duld zu erwehren; auch unser Freund wird
davon ergriffen, sein lebhafter Charakter,
sein edles tüchtiges Selbstvertrauen täuschen
ihn über die Schwierigkeiten die im Wege
stehen. Seiner zu Wagnissen aufgelegten
Kühnheit ist es bisher gelungen alle Hin-
dernisse zu besiegen, alle Plane durchzu-
setzen, er schmeichelt sich fernerhin mit
gleichem Glück und entschlieſst sich, da eine
Rückkehr ihm durch die Wüste unerträg-
lich scheint, zu dem Weg über Indien, in
Gesellschaft seiner schönen Maani und ihrer
Pflegetochter Mariuccia.
Manches unangenehme Ereigniſs tritt
ein, als Vorbedeutung künftiger Gefahr;
doch zieht er über Persepolis und Schiras,
wie immer aufmerkend, Gegenstände, Sit-
ten und Landesart genau bezeichnend und
aufzeichnend. So gelangt er an den persi-
schen Meerbusen, dort aber findet er, wie
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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 491[493]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/503>, abgerufen am 22.12.2024.
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