und concludirt mit Recht gegen die Newtonische Lehre. Man erinnere sich was wir umständlich gegen das zweyte Experiment der Newtonischen Optik ausgeführt haben. Wahrscheinlich ist es durch diesen Einwurf des Lucas veranlaßt worden: denn es findet sich, wenn wir uns recht erinnern, noch nicht in den optischen Lectio- nen.
b) Bringt er ein sehr geistreiches, der Newtoni- schen Lehre direct entgegenstehendes Experiment vor, das wir folgendermaßen nachgeahmt haben:
Man verschaffe sich ein längliches Blech, das mit den Farben in der Ordnung des prismatischen Bildes der Reihe nach angestrichen ist. Man kann an den Enden Schwarz, Weiß und verschiedenes Grau hinzu- fügen. Dieses Blech legten wir in einen viereckten blechnen Kasten, und stellten uns so, daß es ganz von dem einen Rande desselben für das Auge zuge- deckt war. Wir ließen alsdann Wasser hineingießen und die Reihe der sämmtlichen Farbenbilder stieg gleich- mäßig über den Rand dem Auge entgegen, da doch, wenn sie divers refrangibel wären, die einen voraus- eilen und die andern zurückbleiben müßten. Dieses Expe- riment zerstört die Newtonische Theorie von Grund aus, so wie ein anderes, das wir hier, weil es am Platze ist, einschalten.
Man verschaffe sich zwey, etwa ellenlange, runde Stäbchen, von der Stärke eines kleinen Fingers. Das
28 *
und concludirt mit Recht gegen die Newtoniſche Lehre. Man erinnere ſich was wir umſtaͤndlich gegen das zweyte Experiment der Newtoniſchen Optik ausgefuͤhrt haben. Wahrſcheinlich iſt es durch dieſen Einwurf des Lucas veranlaßt worden: denn es findet ſich, wenn wir uns recht erinnern, noch nicht in den optiſchen Lectio- nen.
b) Bringt er ein ſehr geiſtreiches, der Newtoni- ſchen Lehre direct entgegenſtehendes Experiment vor, das wir folgendermaßen nachgeahmt haben:
Man verſchaffe ſich ein laͤngliches Blech, das mit den Farben in der Ordnung des prismatiſchen Bildes der Reihe nach angeſtrichen iſt. Man kann an den Enden Schwarz, Weiß und verſchiedenes Grau hinzu- fuͤgen. Dieſes Blech legten wir in einen viereckten blechnen Kaſten, und ſtellten uns ſo, daß es ganz von dem einen Rande deſſelben fuͤr das Auge zuge- deckt war. Wir ließen alsdann Waſſer hineingießen und die Reihe der ſaͤmmtlichen Farbenbilder ſtieg gleich- maͤßig uͤber den Rand dem Auge entgegen, da doch, wenn ſie divers refrangibel waͤren, die einen voraus- eilen und die andern zuruͤckbleiben muͤßten. Dieſes Expe- riment zerſtoͤrt die Newtoniſche Theorie von Grund aus, ſo wie ein anderes, das wir hier, weil es am Platze iſt, einſchalten.
Man verſchaffe ſich zwey, etwa ellenlange, runde Staͤbchen, von der Staͤrke eines kleinen Fingers. Das
28 *
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0469"n="435"/>
und concludirt mit Recht gegen die Newtoniſche Lehre.<lb/>
Man erinnere ſich was wir umſtaͤndlich gegen das<lb/>
zweyte Experiment der Newtoniſchen Optik ausgefuͤhrt<lb/>
haben. Wahrſcheinlich iſt es durch dieſen Einwurf des<lb/>
Lucas veranlaßt worden: denn es findet ſich, wenn wir<lb/>
uns recht erinnern, noch nicht in den optiſchen Lectio-<lb/>
nen.</p><lb/><p><hirendition="#aq">b</hi>) Bringt er ein ſehr geiſtreiches, der Newtoni-<lb/>ſchen Lehre direct entgegenſtehendes Experiment vor,<lb/>
das wir folgendermaßen nachgeahmt haben:</p><lb/><p>Man verſchaffe ſich ein laͤngliches Blech, das mit<lb/>
den Farben in der Ordnung des prismatiſchen Bildes<lb/>
der Reihe nach angeſtrichen iſt. Man kann an den<lb/>
Enden Schwarz, Weiß und verſchiedenes Grau hinzu-<lb/>
fuͤgen. Dieſes Blech legten wir in einen viereckten<lb/>
blechnen Kaſten, und ſtellten uns ſo, daß es ganz<lb/>
von dem einen Rande deſſelben fuͤr das Auge zuge-<lb/>
deckt war. Wir ließen alsdann Waſſer hineingießen<lb/>
und die Reihe der ſaͤmmtlichen Farbenbilder ſtieg gleich-<lb/>
maͤßig uͤber den Rand dem Auge entgegen, da doch,<lb/>
wenn ſie divers refrangibel waͤren, die einen voraus-<lb/>
eilen und die andern zuruͤckbleiben muͤßten. Dieſes Expe-<lb/>
riment zerſtoͤrt die Newtoniſche Theorie von Grund aus,<lb/>ſo wie ein anderes, das wir hier, weil es am Platze<lb/>
iſt, einſchalten.</p><lb/><p>Man verſchaffe ſich zwey, etwa ellenlange, runde<lb/>
Staͤbchen, von der Staͤrke eines kleinen Fingers. Das<lb/><fwplace="bottom"type="sig">28 *</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[435/0469]
und concludirt mit Recht gegen die Newtoniſche Lehre.
Man erinnere ſich was wir umſtaͤndlich gegen das
zweyte Experiment der Newtoniſchen Optik ausgefuͤhrt
haben. Wahrſcheinlich iſt es durch dieſen Einwurf des
Lucas veranlaßt worden: denn es findet ſich, wenn wir
uns recht erinnern, noch nicht in den optiſchen Lectio-
nen.
b) Bringt er ein ſehr geiſtreiches, der Newtoni-
ſchen Lehre direct entgegenſtehendes Experiment vor,
das wir folgendermaßen nachgeahmt haben:
Man verſchaffe ſich ein laͤngliches Blech, das mit
den Farben in der Ordnung des prismatiſchen Bildes
der Reihe nach angeſtrichen iſt. Man kann an den
Enden Schwarz, Weiß und verſchiedenes Grau hinzu-
fuͤgen. Dieſes Blech legten wir in einen viereckten
blechnen Kaſten, und ſtellten uns ſo, daß es ganz
von dem einen Rande deſſelben fuͤr das Auge zuge-
deckt war. Wir ließen alsdann Waſſer hineingießen
und die Reihe der ſaͤmmtlichen Farbenbilder ſtieg gleich-
maͤßig uͤber den Rand dem Auge entgegen, da doch,
wenn ſie divers refrangibel waͤren, die einen voraus-
eilen und die andern zuruͤckbleiben muͤßten. Dieſes Expe-
riment zerſtoͤrt die Newtoniſche Theorie von Grund aus,
ſo wie ein anderes, das wir hier, weil es am Platze
iſt, einſchalten.
Man verſchaffe ſich zwey, etwa ellenlange, runde
Staͤbchen, von der Staͤrke eines kleinen Fingers. Das
28 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/469>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.