Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Ein Fragment. Leipzig, 1790.Ein Fragment. Ach die Erinnerung tödtet mich.Vergäb' sie mir nur noch in diesem Leben! Marthe weinend. Der gute Mann! ich hab' ihm längst vergeben. Mephistopheles. Allein, weiß Gott! sie war mehr Schuld als ich. Marthe. Das lügt er! Was! am Rand des Grab's zu lügen! Mephistopheles. Er fabelte gewiß in letzten Zügen, Wenn ich nur halb ein Kenner bin. Ich hatte, sprach er, nicht zum Zeitvertreib zu gaffen, Erst Kinder, und dann Brot für sie zu schaffen, Und Brot im allerweit'sten Sinn, Und konnte nicht einmal mein Theil in Frie- den essen. Ein Fragment. Ach die Erinnerung tödtet mich.Vergäb’ ſie mir nur noch in dieſem Leben! Marthe weinend. Der gute Mann! ich hab’ ihm längſt vergeben. Mephiſtopheles. Allein, weiß Gott! ſie war mehr Schuld als ich. Marthe. Das lügt er! Was! am Rand des Grab’s zu lügen! Mephiſtopheles. Er fabelte gewiß in letzten Zügen, Wenn ich nur halb ein Kenner bin. Ich hatte, ſprach er, nicht zum Zeitvertreib zu gaffen, Erſt Kinder, und dann Brot für ſie zu ſchaffen, Und Brot im allerweit’ſten Sinn, Und konnte nicht einmal mein Theil in Frie- den eſſen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#MEP"> <p><pb facs="#f0119" n="109"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ein Fragment</hi>.</fw><lb/> Ach die Erinnerung tödtet mich.<lb/> Vergäb’ ſie mir nur noch in dieſem Leben!</p> </sp><lb/> <sp who="#MART"> <speaker> <hi rendition="#g">Marthe</hi> </speaker> <stage>weinend.</stage><lb/> <p>Der gute Mann! ich hab’ ihm längſt vergeben.</p> </sp><lb/> <sp who="#MEP"> <speaker><hi rendition="#g">Mephiſtopheles</hi>.</speaker><lb/> <p>Allein, weiß Gott! ſie war mehr Schuld als<lb/> ich.</p> </sp><lb/> <sp who="#MART"> <speaker><hi rendition="#g">Marthe</hi>.</speaker><lb/> <p>Das lügt er! Was! am Rand des Grab’s zu<lb/> lügen!</p> </sp><lb/> <sp who="#MEP"> <speaker><hi rendition="#g">Mephiſtopheles</hi>.</speaker><lb/> <p>Er fabelte gewiß in letzten Zügen,<lb/> Wenn ich nur halb ein Kenner bin.<lb/> Ich hatte, ſprach er, nicht zum Zeitvertreib zu<lb/> gaffen,<lb/> Erſt Kinder, und dann Brot für ſie zu<lb/> ſchaffen,<lb/> Und Brot im allerweit’ſten Sinn,<lb/> Und konnte nicht einmal mein Theil in Frie-<lb/> den eſſen.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [109/0119]
Ein Fragment.
Ach die Erinnerung tödtet mich.
Vergäb’ ſie mir nur noch in dieſem Leben!
Marthe weinend.
Der gute Mann! ich hab’ ihm längſt vergeben.
Mephiſtopheles.
Allein, weiß Gott! ſie war mehr Schuld als
ich.
Marthe.
Das lügt er! Was! am Rand des Grab’s zu
lügen!
Mephiſtopheles.
Er fabelte gewiß in letzten Zügen,
Wenn ich nur halb ein Kenner bin.
Ich hatte, ſprach er, nicht zum Zeitvertreib zu
gaffen,
Erſt Kinder, und dann Brot für ſie zu
ſchaffen,
Und Brot im allerweit’ſten Sinn,
Und konnte nicht einmal mein Theil in Frie-
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Ein Fragment. Leipzig, 1790, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faustfragment_1790/119>, abgerufen am 16.02.2025. |