Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Ein Fragment. Leipzig, 1790.Ein Fragment. Mephistopheles. Unhöfliches Thier! Der Kater. Den Wedel nimm hier Und setz' dich in Sessel! Er nöthigt den Mephistopheles zu sitzen. Faust, welcher diese Zeit über vor einem Spiegel gestanden, sich ihm bald genähert, bald sich von ihm entfernt hat. Was seh' ich? Welch ein himmlisch Bild Zeigt sich in diesem Zauberspiegel! O Liebe, leihe mir den schnellsten deiner Flügel, Und führe mich in ihr Gefild. Ach wenn ich nicht auf dieser Stelle bleibe, Wenn ich es wage nah' zu gehn, Kann ich sie nur als wie im Nebel sehn! -- Das schönste Bild von einem Weibe! Ist's möglich, ist das Weib so schön? Muß ich an diesem hingestreckten Leibe Den Inbegriff von allen Himmeln sehn? So etwas findet sich auf Erden? Ein Fragment. Mephiſtopheles. Unhöfliches Thier! Der Kater. Den Wedel nimm hier Und ſetz’ dich in Seſſel! Er nöthigt den Mephiſtopheles zu ſitzen. Fauſt, welcher dieſe Zeit über vor einem Spiegel geſtanden, ſich ihm bald genähert, bald ſich von ihm entfernt hat. Was ſeh’ ich? Welch ein himmliſch Bild Zeigt ſich in dieſem Zauberſpiegel! O Liebe, leihe mir den ſchnellſten deiner Flügel, Und führe mich in ihr Gefild. Ach wenn ich nicht auf dieſer Stelle bleibe, Wenn ich es wage nah’ zu gehn, Kann ich ſie nur als wie im Nebel ſehn! — Das ſchönſte Bild von einem Weibe! Iſt’s möglich, iſt das Weib ſo ſchön? Muß ich an dieſem hingeſtreckten Leibe Den Inbegriff von allen Himmeln ſehn? So etwas findet ſich auf Erden? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0079" n="69"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ein Fragment</hi>.</fw><lb/> <sp who="#MEP"> <speaker><hi rendition="#g">Mephiſtopheles</hi>.</speaker><lb/> <p>Unhöfliches Thier!</p> </sp><lb/> <sp who="#KATER"> <speaker><hi rendition="#g">Der Kater</hi>.</speaker><lb/> <p>Den Wedel nimm hier<lb/> Und ſetz’ dich in Seſſel!</p><lb/> <stage>Er nöthigt den Mephiſtopheles zu ſitzen.</stage> </sp><lb/> <sp who="#FAU"> <speaker><hi rendition="#g">Fauſt</hi>,</speaker><lb/> <stage>welcher dieſe Zeit über vor einem Spiegel geſtanden,<lb/> ſich ihm bald genähert, bald ſich von ihm entfernt hat.</stage><lb/> <p>Was ſeh’ ich? Welch ein himmliſch Bild<lb/> Zeigt ſich in dieſem Zauberſpiegel!<lb/> O Liebe, leihe mir den ſchnellſten deiner<lb/> Flügel,<lb/> Und führe mich in ihr Gefild.<lb/> Ach wenn ich nicht auf dieſer Stelle bleibe,<lb/> Wenn ich es wage nah’ zu gehn,<lb/> Kann ich ſie nur als wie im Nebel ſehn! —<lb/> Das ſchönſte Bild von einem Weibe!<lb/> Iſt’s möglich, iſt das Weib ſo ſchön?<lb/> Muß ich an dieſem hingeſtreckten Leibe<lb/> Den Inbegriff von allen Himmeln ſehn?<lb/> So etwas findet ſich auf Erden?</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [69/0079]
Ein Fragment.
Mephiſtopheles.
Unhöfliches Thier!
Der Kater.
Den Wedel nimm hier
Und ſetz’ dich in Seſſel!
Er nöthigt den Mephiſtopheles zu ſitzen.
Fauſt,
welcher dieſe Zeit über vor einem Spiegel geſtanden,
ſich ihm bald genähert, bald ſich von ihm entfernt hat.
Was ſeh’ ich? Welch ein himmliſch Bild
Zeigt ſich in dieſem Zauberſpiegel!
O Liebe, leihe mir den ſchnellſten deiner
Flügel,
Und führe mich in ihr Gefild.
Ach wenn ich nicht auf dieſer Stelle bleibe,
Wenn ich es wage nah’ zu gehn,
Kann ich ſie nur als wie im Nebel ſehn! —
Das ſchönſte Bild von einem Weibe!
Iſt’s möglich, iſt das Weib ſo ſchön?
Muß ich an dieſem hingeſtreckten Leibe
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