Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand. [s. l.], 1773.

Bild:
<< vorherige Seite


Martin. Nein gnädiger Herr, es ist nicht wi-
der mein Gelübde Wein zu trinken; weil aber der
Wein wider mein Gelübde ist; so trinke ich keinen
Wein.
Götz Wie versteht ihr das?
Martin. Wohl euch, daß ihr's nicht versteht.
Essen uud trinken meyn ich, ist des Menschen Leben.
Götz. Wohl!
Martin. Wenn ihr gessen und trunken habt, seyd
ihr wie neu gebohren. Seyd stärker, muthiger, ge-
schickter zu eurem Geschäft. Der Wein erfreut des
Menschen Herz, und die Freudigkeit ist die Mutter
aller Tugenden. Wenn ihr Wein getrunken habt,
seyd ihr alles doppelt, was ihr seyn sollt, noch ein-
mal so leicht denkend, noch einmal so unternehmend,
noch einmal so schnell ausführend.
Götz. Wie ich ihn trinke, ist es wahr.
Martin. Davon red ich auch. Aber wir --
Georg. (mit Wasser)
Götz. (zu Georg heimlich.) Geh auf den Weg
nach Dachsbach, und leg dich mit dem Ohr auf
die Erde, ob du nicht Pferde kommen hörst, und
sey gleich wieder hier.

Martin.


Martin. Nein gnaͤdiger Herr, es iſt nicht wi-
der mein Geluͤbde Wein zu trinken; weil aber der
Wein wider mein Geluͤbde iſt; ſo trinke ich keinen
Wein.
Goͤtz Wie verſteht ihr das?
Martin. Wohl euch, daß ihr’s nicht verſteht.
Eſſen uud trinken meyn ich, iſt des Menſchen Leben.
Goͤtz. Wohl!
Martin. Wenn ihr geſſen und trunken habt, ſeyd
ihr wie neu gebohren. Seyd ſtaͤrker, muthiger, ge-
ſchickter zu eurem Geſchaͤft. Der Wein erfreut des
Menſchen Herz, und die Freudigkeit iſt die Mutter
aller Tugenden. Wenn ihr Wein getrunken habt,
ſeyd ihr alles doppelt, was ihr ſeyn ſollt, noch ein-
mal ſo leicht denkend, noch einmal ſo unternehmend,
noch einmal ſo ſchnell ausfuͤhrend.
Goͤtz. Wie ich ihn trinke, iſt es wahr.
Martin. Davon red ich auch. Aber wir —
Georg. (mit Waſſer)
Goͤtz. (zu Georg heimlich.) Geh auf den Weg
nach Dachsbach, und leg dich mit dem Ohr auf
die Erde, ob du nicht Pferde kommen hoͤrſt, und
ſey gleich wieder hier.

Martin.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#GOETZ">
          <pb facs="#f0016" n="12"/>
          <fw place="top" type="header">
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </fw>
        </sp>
        <sp who="#MART">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Martin.</hi> </speaker>
          <p>Nein gna&#x0364;diger Herr, es i&#x017F;t nicht wi-<lb/>
der mein Gelu&#x0364;bde Wein zu trinken; weil aber der<lb/>
Wein wider mein Gelu&#x0364;bde i&#x017F;t; &#x017F;o trinke ich keinen<lb/>
Wein.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#GOETZ">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Go&#x0364;tz</hi> </speaker>
          <p>Wie ver&#x017F;teht ihr das?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#MART">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Martin.</hi> </speaker>
          <p>Wohl euch, daß ihr&#x2019;s nicht ver&#x017F;teht.<lb/>
E&#x017F;&#x017F;en uud trinken meyn ich, i&#x017F;t des Men&#x017F;chen Leben.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#GOETZ">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Go&#x0364;tz.</hi> </speaker>
          <p>Wohl!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#MART">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Martin.</hi> </speaker>
          <p>Wenn ihr ge&#x017F;&#x017F;en und trunken habt, &#x017F;eyd<lb/>
ihr wie neu gebohren. Seyd &#x017F;ta&#x0364;rker, muthiger, ge-<lb/>
&#x017F;chickter zu eurem Ge&#x017F;cha&#x0364;ft. Der Wein erfreut des<lb/>
Men&#x017F;chen Herz, und die Freudigkeit i&#x017F;t die Mutter<lb/>
aller Tugenden. Wenn ihr Wein getrunken habt,<lb/>
&#x017F;eyd ihr alles doppelt, was ihr &#x017F;eyn &#x017F;ollt, noch ein-<lb/>
mal &#x017F;o leicht denkend, noch einmal &#x017F;o unternehmend,<lb/>
noch einmal &#x017F;o &#x017F;chnell ausfu&#x0364;hrend.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#GOETZ">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Go&#x0364;tz.</hi> </speaker>
          <p>Wie ich ihn trinke, i&#x017F;t es wahr.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#MART">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Martin.</hi> </speaker>
          <p>Davon red ich auch. Aber wir &#x2014;</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#GEO">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Georg.</hi> </speaker>
          <stage>(mit Wa&#x017F;&#x017F;er)</stage>
        </sp><lb/>
        <sp who="#GOETZ">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Go&#x0364;tz.</hi> </speaker>
          <stage>(zu Georg heimlich.)</stage>
          <p>Geh auf den Weg<lb/>
nach Dachsbach, und leg dich mit dem Ohr auf<lb/>
die Erde, ob du nicht Pferde kommen ho&#x0364;r&#x017F;t, und<lb/>
&#x017F;ey gleich wieder hier.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Martin.</hi> </fw><lb/>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0016] Martin. Nein gnaͤdiger Herr, es iſt nicht wi- der mein Geluͤbde Wein zu trinken; weil aber der Wein wider mein Geluͤbde iſt; ſo trinke ich keinen Wein. Goͤtz Wie verſteht ihr das? Martin. Wohl euch, daß ihr’s nicht verſteht. Eſſen uud trinken meyn ich, iſt des Menſchen Leben. Goͤtz. Wohl! Martin. Wenn ihr geſſen und trunken habt, ſeyd ihr wie neu gebohren. Seyd ſtaͤrker, muthiger, ge- ſchickter zu eurem Geſchaͤft. Der Wein erfreut des Menſchen Herz, und die Freudigkeit iſt die Mutter aller Tugenden. Wenn ihr Wein getrunken habt, ſeyd ihr alles doppelt, was ihr ſeyn ſollt, noch ein- mal ſo leicht denkend, noch einmal ſo unternehmend, noch einmal ſo ſchnell ausfuͤhrend. Goͤtz. Wie ich ihn trinke, iſt es wahr. Martin. Davon red ich auch. Aber wir — Georg. (mit Waſſer) Goͤtz. (zu Georg heimlich.) Geh auf den Weg nach Dachsbach, und leg dich mit dem Ohr auf die Erde, ob du nicht Pferde kommen hoͤrſt, und ſey gleich wieder hier. Martin.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_goetz_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_goetz_1773/16
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand. [s. l.], 1773, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_goetz_1773/16>, abgerufen am 03.12.2024.