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Goethe, Johann Wolfgang von: Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand. [s. l.], 1773.

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Empfindung volles Herz. Wie der Bischoff endigte
und ich mich neigte, sah sie mich an, und sagte:
auch von mir einen Grus unbekannter weis! Sag
ihm, er mag ja bald kommen. Es warten neue
Freunde auf ihn, er soll sie nicht verachten wenn
er schon an alten so reich ist. -- Jch wollte was
antworten, aber der Paß vom Herzen nach der Zun-
ge war versperrt, ich neigte mich. Jch hätte mein
Vermögen gegeben die Spitze ihres kleinen Fingers
küssen zu dürfen! Wie ich so stund wurf der Bi-
schoff einen Bauren herunter, ich fuhr darnach und
berührte im Aufheben den Saum ihres Kleides,
das fuhr mir durch alle Glieder, und ich weis nicht
wie ich zur Thüre hinaus gekommen bin.
Weislingen. Jst ihr Mann bey Hofe?
Franz. Sie ist schon vier Monath Wittwe. Um
sich zu zerstreuen hält sie sich in Bamberg auf. Jhr
werdet sie sehen. Wenn sie einen ansieht, ists als
wenn man in der Frühlings-Sonne stünde.
Weislingen. Es würde eine schwächere Wür-
kung auf mich machen.
Franz. Jch höre, ihr seyd so gut als verhey-
rathet.

Weis-


Empfindung volles Herz. Wie der Biſchoff endigte
und ich mich neigte, ſah ſie mich an, und ſagte:
auch von mir einen Grus unbekannter weis! Sag
ihm, er mag ja bald kommen. Es warten neue
Freunde auf ihn, er ſoll ſie nicht verachten wenn
er ſchon an alten ſo reich iſt. — Jch wollte was
antworten, aber der Paß vom Herzen nach der Zun-
ge war verſperrt, ich neigte mich. Jch haͤtte mein
Vermoͤgen gegeben die Spitze ihres kleinen Fingers
kuͤſſen zu duͤrfen! Wie ich ſo ſtund wurf der Bi-
ſchoff einen Bauren herunter, ich fuhr darnach und
beruͤhrte im Aufheben den Saum ihres Kleides,
das fuhr mir durch alle Glieder, und ich weis nicht
wie ich zur Thuͤre hinaus gekommen bin.
Weislingen. Jſt ihr Mann bey Hofe?
Franz. Sie iſt ſchon vier Monath Wittwe. Um
ſich zu zerſtreuen haͤlt ſie ſich in Bamberg auf. Jhr
werdet ſie ſehen. Wenn ſie einen anſieht, iſts als
wenn man in der Fruͤhlings-Sonne ſtuͤnde.
Weislingen. Es wuͤrde eine ſchwaͤchere Wuͤr-
kung auf mich machen.
Franz. Jch hoͤre, ihr ſeyd ſo gut als verhey-
rathet.

Weis-
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[61/0065] Empfindung volles Herz. Wie der Biſchoff endigte und ich mich neigte, ſah ſie mich an, und ſagte: auch von mir einen Grus unbekannter weis! Sag ihm, er mag ja bald kommen. Es warten neue Freunde auf ihn, er ſoll ſie nicht verachten wenn er ſchon an alten ſo reich iſt. — Jch wollte was antworten, aber der Paß vom Herzen nach der Zun- ge war verſperrt, ich neigte mich. Jch haͤtte mein Vermoͤgen gegeben die Spitze ihres kleinen Fingers kuͤſſen zu duͤrfen! Wie ich ſo ſtund wurf der Bi- ſchoff einen Bauren herunter, ich fuhr darnach und beruͤhrte im Aufheben den Saum ihres Kleides, das fuhr mir durch alle Glieder, und ich weis nicht wie ich zur Thuͤre hinaus gekommen bin. Weislingen. Jſt ihr Mann bey Hofe? Franz. Sie iſt ſchon vier Monath Wittwe. Um ſich zu zerſtreuen haͤlt ſie ſich in Bamberg auf. Jhr werdet ſie ſehen. Wenn ſie einen anſieht, iſts als wenn man in der Fruͤhlings-Sonne ſtuͤnde. Weislingen. Es wuͤrde eine ſchwaͤchere Wuͤr- kung auf mich machen. Franz. Jch hoͤre, ihr ſeyd ſo gut als verhey- rathet. Weis-

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand. [s. l.], 1773, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_goetz_1773/65>, abgerufen am 21.11.2024.