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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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denklich und ahndungsvoll. Die Durchmär¬
sche der Franzosen war man zwar gewohnt,
und sie ereigneten sich öfters und häufig,
aber doch am häufigsten in den letzten Tagen
des vergangenen Jahres. Nach alter reichs¬
städtischer Sitte posaunte der Thürmer des
Hauptthurms so oft Truppen heranrückten,
und an diesem Neujahrstage wollte er gar
nicht aufhören, welches ein Zeichen war, daß
größere Heereszüge von mehreren Seiten in
Bewegung seyen. Wirklich zogen sie auch in
größeren Massen an diesem Tage durch die
Stadt; man lief, sie vorbeypassiren zu sehen.
Sonst war man gewohnt, daß sie nur in
kleinen Partieen durchmarschirten; diese aber
vergrößerten sich nach und nach, ohne daß
man es verhindern konnte oder wollte. Ge¬
nug, am 2ten Januar, nachdem eine Co¬
lonne durch Sachsenhausen über die Brücke
durch die Fahrgasse bis an die Constabler¬
wache gelangt war, machte sie Halt, über¬
wältigte das kleine, sie durchführende Comman¬

denklich und ahndungsvoll. Die Durchmaͤr¬
ſche der Franzoſen war man zwar gewohnt,
und ſie ereigneten ſich oͤfters und haͤufig,
aber doch am haͤufigſten in den letzten Tagen
des vergangenen Jahres. Nach alter reichs¬
ſtaͤdtiſcher Sitte poſaunte der Thuͤrmer des
Hauptthurms ſo oft Truppen heranruͤckten,
und an dieſem Neujahrstage wollte er gar
nicht aufhoͤren, welches ein Zeichen war, daß
groͤßere Heereszuͤge von mehreren Seiten in
Bewegung ſeyen. Wirklich zogen ſie auch in
groͤßeren Maſſen an dieſem Tage durch die
Stadt; man lief, ſie vorbeypaſſiren zu ſehen.
Sonſt war man gewohnt, daß ſie nur in
kleinen Partieen durchmarſchirten; dieſe aber
vergroͤßerten ſich nach und nach, ohne daß
man es verhindern konnte oder wollte. Ge¬
nug, am 2ten Januar, nachdem eine Co¬
lonne durch Sachſenhauſen uͤber die Bruͤcke
durch die Fahrgaſſe bis an die Conſtabler¬
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[185/0201] denklich und ahndungsvoll. Die Durchmaͤr¬ ſche der Franzoſen war man zwar gewohnt, und ſie ereigneten ſich oͤfters und haͤufig, aber doch am haͤufigſten in den letzten Tagen des vergangenen Jahres. Nach alter reichs¬ ſtaͤdtiſcher Sitte poſaunte der Thuͤrmer des Hauptthurms ſo oft Truppen heranruͤckten, und an dieſem Neujahrstage wollte er gar nicht aufhoͤren, welches ein Zeichen war, daß groͤßere Heereszuͤge von mehreren Seiten in Bewegung ſeyen. Wirklich zogen ſie auch in groͤßeren Maſſen an dieſem Tage durch die Stadt; man lief, ſie vorbeypaſſiren zu ſehen. Sonſt war man gewohnt, daß ſie nur in kleinen Partieen durchmarſchirten; dieſe aber vergroͤßerten ſich nach und nach, ohne daß man es verhindern konnte oder wollte. Ge¬ nug, am 2ten Januar, nachdem eine Co¬ lonne durch Sachſenhauſen uͤber die Bruͤcke durch die Fahrgaſſe bis an die Conſtabler¬ wache gelangt war, machte ſie Halt, uͤber¬ waͤltigte das kleine, ſie durchfuͤhrende Comman¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/201>, abgerufen am 29.11.2024.