der sie früher zurückgewiesen, rettet sie auch dießmal, damit Ismael auch zu einem großen Volk werde, und die unwahrscheinlichste aller Verheißungen selbst über ihre Gränzen hinaus in Erfüllung gehe.
Zwey Aeltern in Jahren und ein einziger spätgeborner Sohn: hier sollte man doch end¬ lich eine häusliche Ruhe, ein irdisches Glück erwarten! Keineswegs. Die Himmlischen bereiten dem Erzvater noch die schwerste Prüfung. Doch von dieser können wir nicht reden, ohne vorher noch mancherley Betrach¬ tungen anzustellen.
Sollte eine natürliche, allgemeine Religion entspringen, und sich eine besondere, geoffen¬ barte daraus entwickeln, so waren die Län¬ der, in denen bisher unsere Einbildungskraft verweilt, die Lebensweise, die Menschenart wohl am geschicktesten dazu; wenigstens finden wir nicht, daß in der ganzen Welt sich etwas
der ſie fruͤher zuruͤckgewieſen, rettet ſie auch dießmal, damit Ismael auch zu einem großen Volk werde, und die unwahrſcheinlichſte aller Verheißungen ſelbſt uͤber ihre Graͤnzen hinaus in Erfuͤllung gehe.
Zwey Aeltern in Jahren und ein einziger ſpaͤtgeborner Sohn: hier ſollte man doch end¬ lich eine haͤusliche Ruhe, ein irdiſches Gluͤck erwarten! Keineswegs. Die Himmliſchen bereiten dem Erzvater noch die ſchwerſte Pruͤfung. Doch von dieſer koͤnnen wir nicht reden, ohne vorher noch mancherley Betrach¬ tungen anzuſtellen.
Sollte eine natuͤrliche, allgemeine Religion entſpringen, und ſich eine beſondere, geoffen¬ barte daraus entwickeln, ſo waren die Laͤn¬ der, in denen bisher unſere Einbildungskraft verweilt, die Lebensweiſe, die Menſchenart wohl am geſchickteſten dazu; wenigſtens finden wir nicht, daß in der ganzen Welt ſich etwas
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der ſie fruͤher zuruͤckgewieſen, rettet ſie auch
dießmal, damit Ismael auch zu einem großen
Volk werde, und die unwahrſcheinlichſte aller
Verheißungen ſelbſt uͤber ihre Graͤnzen hinaus
in Erfuͤllung gehe.
Zwey Aeltern in Jahren und ein einziger
ſpaͤtgeborner Sohn: hier ſollte man doch end¬
lich eine haͤusliche Ruhe, ein irdiſches Gluͤck
erwarten! Keineswegs. Die Himmliſchen
bereiten dem Erzvater noch die ſchwerſte
Pruͤfung. Doch von dieſer koͤnnen wir nicht
reden, ohne vorher noch mancherley Betrach¬
tungen anzuſtellen.
Sollte eine natuͤrliche, allgemeine Religion
entſpringen, und ſich eine beſondere, geoffen¬
barte daraus entwickeln, ſo waren die Laͤn¬
der, in denen bisher unſere Einbildungskraft
verweilt, die Lebensweiſe, die Menſchenart
wohl am geſchickteſten dazu; wenigſtens finden
wir nicht, daß in der ganzen Welt ſich etwas
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/328>, abgerufen am 27.11.2024.
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