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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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vor allem meinem Vater etwas Angenehmes
zu erzeigen wünschte. Destomehr schienen mir
geistliche Oden hier am Platz, dergleichen ich
zur Nachahmung des jüngsten Gerichts
von Elias Schlegel sehr eifrig versucht hatte.
Eine zur Feyer der Höllenfahrt Christi ge¬
schriebene erhielt von meinen Aeltern und
Freunden viel Beyfall, und sie hatte das
Glück mir selbst noch einige Jahre zu gefal¬
len. Die sogenannten Texte der sonntägigen
Kirchenmusiken, welche jedesmal gedruckt zu
haben waren, studirte ich fleißig. Sie wa¬
ren freylich sehr schwach, und ich durfte wohl
glauben, daß die meinigen, deren ich meh¬
rere nach der vorgeschriebenen Art verfertigt
hatte, eben so gut verdienten componirt und
zur Erbauung der Gemeinde vorgetragen zu
werden. Diese und mehrere dergleichen hatte
ich seit länger als einem Jahre mit eigener
Hand abgeschrieben, weil ich durch diese Pri¬
vatübung von den Vorschriften des Schreibe¬
meisters entbunden wurde. Nunmehr aber

vor allem meinem Vater etwas Angenehmes
zu erzeigen wuͤnſchte. Deſtomehr ſchienen mir
geiſtliche Oden hier am Platz, dergleichen ich
zur Nachahmung des juͤngſten Gerichts
von Elias Schlegel ſehr eifrig verſucht hatte.
Eine zur Feyer der Hoͤllenfahrt Chriſti ge¬
ſchriebene erhielt von meinen Aeltern und
Freunden viel Beyfall, und ſie hatte das
Gluͤck mir ſelbſt noch einige Jahre zu gefal¬
len. Die ſogenannten Texte der ſonntaͤgigen
Kirchenmuſiken, welche jedesmal gedruckt zu
haben waren, ſtudirte ich fleißig. Sie wa¬
ren freylich ſehr ſchwach, und ich durfte wohl
glauben, daß die meinigen, deren ich meh¬
rere nach der vorgeſchriebenen Art verfertigt
hatte, eben ſo gut verdienten componirt und
zur Erbauung der Gemeinde vorgetragen zu
werden. Dieſe und mehrere dergleichen hatte
ich ſeit laͤnger als einem Jahre mit eigener
Hand abgeſchrieben, weil ich durch dieſe Pri¬
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[334/0350] vor allem meinem Vater etwas Angenehmes zu erzeigen wuͤnſchte. Deſtomehr ſchienen mir geiſtliche Oden hier am Platz, dergleichen ich zur Nachahmung des juͤngſten Gerichts von Elias Schlegel ſehr eifrig verſucht hatte. Eine zur Feyer der Hoͤllenfahrt Chriſti ge¬ ſchriebene erhielt von meinen Aeltern und Freunden viel Beyfall, und ſie hatte das Gluͤck mir ſelbſt noch einige Jahre zu gefal¬ len. Die ſogenannten Texte der ſonntaͤgigen Kirchenmuſiken, welche jedesmal gedruckt zu haben waren, ſtudirte ich fleißig. Sie wa¬ ren freylich ſehr ſchwach, und ich durfte wohl glauben, daß die meinigen, deren ich meh¬ rere nach der vorgeſchriebenen Art verfertigt hatte, eben ſo gut verdienten componirt und zur Erbauung der Gemeinde vorgetragen zu werden. Dieſe und mehrere dergleichen hatte ich ſeit laͤnger als einem Jahre mit eigener Hand abgeſchrieben, weil ich durch dieſe Pri¬ vatuͤbung von den Vorſchriften des Schreibe¬ meiſters entbunden wurde. Nunmehr aber

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/350>, abgerufen am 29.11.2024.